Das hauptsächliche Argument für eine mechanische Uhr liegt nicht im Markennamen, sondern in der Werktechnik. Wenn man sich da nicht auskennt und die Unterschiede nicht zu einschätzen weiß, ist eine solche Uhr nur eine Art hübsches Preisschild für's Handgelenk. Das kann man wollen (ich denke, die allermeisten mechanischen Uhren werden mehr oder weniger mit diesem Hintergrund erworben, entsprechende Leidenschaft kann sich ja auch noch im Nachgang entwickeln, von daher völlig in Ordnung), aber dann kann man irgendwas kaufen, was irgendwie gutes Geld kostet und gestalterisch gefällt. Dafür braucht man keine Beratung, weil man die Kriterien des Rats nicht versteht.
Werktechnisch bietet eine Tudor äußerlich hübsch verpackte, magere Standardware. Für JLC, Rolex, Omega, Nomos, Zenith, IWC gibt es bei vielen Modellen gute Gründe auch auf einer technischen und einer handwerklichen Ebene der äußeren Gestaltung (Machart von Gehäuse, Zifferblatt, Zeiger). Bei einer Tudor ist der Verkaufsgrund vor allem, dass sie mit viel gutem Willen fast eine Rolex ist, mit etwas modischerem Design, aber eben ohne alle werktechnischen Vorzüge derselben.
Übrigens altern gut gepflegte und gewartete Uhren äußerst langsam, sie sind dann gut für viele Jahrzehnte. Will heißen, jung gebrauchte Uhren sind i.A. die besten Deals, wenn man auf das Glas billigen Prosecco beim Juwelier verzichten kann. Auf Uhrenlebenszeit verzichtet man damit nicht.
Bekenntnis: Beim Schreiben dieser Zeilen trage ich eine neuwertige Zenith Sporto Bj. 1960, die mich frisch revidiert mit Nachweis des ausführenden Uhrmachers vor acht Jahren gut 500,- gekostet hat. Ob eine Selbstbelohnung so billig sein darf, weiß ich natürlich nicht, aber das ist am Ende auch mehr ein psychologischer Effekt, mit dem ein ganzer Industriezweig viel Geld verdient.
Zur Illustration:
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