Der Jammer-Faden

Tja, aber auf mich hört ja keiner. Das gesellschaftliche Ideal heutzutage ist halt ein anderes: Unter'm Strich zähl ich!

Ja und dieses Menschen, von denen jeder weiss, dass sie nach diesem Credo leben, werden noch bestaunt und verherrlicht.

Siehe Karate-Tommy von der ehemaligen Nutella Bande in Hamburg.
Als der dieses Jahr verstarb wurde darüber berichtet als wenn er den Nobelrpeis bekommen hätte.
Ich habe mich jedes Mal tierisch aufgeregt über die Berichterstattung im TV und Print zu seinem Tod und seiner Beerdigung.

Leute der Typ war kriminell, merken die alle noch was ?
 
Ja und dieses Menschen, von denen jeder weiss, dass sie nach diesem Credo leben, werden noch bestaunt und verherrlicht.

Siehe Karate-Tommy von der ehemaligen Nutella Bande in Hamburg.
Als der dieses Jahr verstarb wurde darüber berichtet als wenn er den Nobelrpeis bekommen hätte.
Ich habe mich jedes Mal tierisch aufgeregt über die Berichterstattung im TV und Print zu seinem Tod und seiner Beerdigung.

Leute der Typ war kriminell, merken die alle noch was ?


Cool, den Schwenk von kapitalistisch zu kriminell hätte ich auch nicht schneller hinbekommen. :)
 
Es ging doch darum das Menschen die andere Menschen ausnutzen, besch... und teilweise auch kriminell sind heutzutage als Ikonen behandelt werden.


Nee, ich habe bluesman528 so verstanden dass jemand, der die gute kapitalistische Maxime "wenn jeder an sich denkt ist an alle gedacht" konsequent umsetzt belobigt wird, während das (uneigennützige) Handeln im Allgemeininteresse eher out ist.
Ah, ok, ich merke gerade dass Du im Grunde auch nichts anderes geschrieben hast.
 
Nee, ich habe bluesman528 so verstanden dass jemand, der die gute kapitalistische Maxime "wenn jeder an sich denkt ist an alle gedacht" konsequent umsetzt belobigt wird, während das (uneigennützige) Handeln im Allgemeininteresse eher out ist.
Sicherheitshalber: Mir ging es dabei nicht um einen ökonomischen Zusammenhang und ebenso nicht um Kapitalismuskritik. ;)

Ich halte diese ungute Entwicklung eher für einen aggressiven Reflex derer, die sich permanent zu kurz gekommen fühlen. Das hat im Kern gar nichts mit der objektiven wirtschaftlichen Situation dieser Leute zu tun und betrifft auch das Verhalten in Situationen, in denen es nicht um ökonomische Vorteile geht. "Merkt doch keiner", "machen die da oben doch genauso", "wenn ich's nicht tue, tut's ein anderer" sind die typischen jämmerlichen Entschuldigungsversuche für den eigenen Mangel an Charakter.

Mangel an Charakter gab es natürlich schon immer, auch und gerade in vorkapitalistischen Zeiten. Heute fehlt nur das soziale Korrektiv, das dazu führt, dass sich diese Leute selbst schuldig fühlen, wenn sie sich so verhalten. Es ist keine Unkenntnis der Werte und ein Verfall derselben, gut und böse kann sehr wohl jeder dieser Leute in dem Moment ihres Handelns unterscheiden und jeder von ihnen würde sich auch ziemlich aufregen, wenn er selbst in dieser Weise durch das unethische Handeln anderer in Nachteil geraten würde.
 
Moment mal. Hier hat jemand Ware bestellt, beschädigt und zurückgesendet. Und die Firma hat's nicht gemerkt. Kapitalismuskritik kann ich hier nicht erkennen, Ultrakriminalität auch nicht, Schaden am "Kollektiv" ebenfalls nicht. Nur einen miesen Kunden, der einen Verkäufer über den Tisch gezogen hat, sowie einen überforderten Verkäufer, der es nicht gemerkt hat. Ich sehe hier ein überzogenes "Bin Kunde, also König" Denken. Das allerdings ist heutzutage keine Seltenheit.
 
Auch hier Widerspruch. Ich verstehe zwar, was Du meinst und stimme inn diesem vermeintlichem Sinne auch zu. Aber - wenn ich einen neuen Mercedes bestelle und bekomme stattdessen ein gebrauchtes Modell geliefert, an welchem zudem 30 cm Bremsschlauch fehlen, dann wäre ich auch nicht amused.
Und das zu recht, wie ich finden würde.

Natürlich zurecht. Hier im Thread wurde das allerdings als genereller Gesellschaftsuntergangstrend gedeutet, da angeblich jeder das Kollektiv übers Ohr haut und dafür auch noch gefeiert wird. Und das kann ich nicht so recht nachvollziehen, da es zunächst mal nur ein Einzelfall ist, der auch ein Irrtum des Händlers sein kann, der versehentlich einen fehlerhaften Rückläufer wieder in Umlauf gebracht hat.
 
Da widerspreche ich vehement. Ich kenne Legionen von Leuten, die diese Unterscheidung eben nicht mehr trffen können, selbst in Situationen, in denen sie wollen.
Um zwischen gut und böse unterscheiden zu können, müsst es eine Instanz geben, die gesamtgesellschaftlich zu definieren in der Lage ist, was gut und böse ist.
Wer aber soll das ein? Merkel? Heckler & Koch? Die CSD-Veranstalter? Brüssel? Die WHO? Obama? Bush? Putin? ... ... ... ... ...
Du hängst das viel zu groß auf. Es geht hier am Anfang erst mal gar nicht um die komplexen Dinge des Lebens, bei denen man erst mal verstehen muss, was weiß und schwarz und grau ist, um dazu eine Position zu haben, sondern um die kleinen Verantwortungslosigkeiten des Alltags. Es kann niemand ein anständiger Mensch sein, der eine öffentliche Toilette nicht, so gut es geht, von seinem Kot säubert, bevor er sie seinen Nachfolgern hinterlässt. Wenn er es nicht tut, weiß er in dem kleinen Moment, in dem er den Verschlag verlässt, dass das nicht ethisch ist, bevor er es vergisst und nicht mehr darüber nachdenkt. Und er definiert damit auch seine Haltung in den größeren Entscheidungen seines Lebens. Die anderen, die Gewinner (aus seiner Perspektive von unten gesehen) scheren sich doch nicht um so einen Kleinkram und überhaupt, wer soll ihn zur Rechenschaft ziehen? ;)

Haltung kommt immer von innen, von dem persönlichen Anspruch an sich selbst. Damit muss man nicht zum permanenten Heiligen werden, sondern nur bewusst sein Bestes tun. Alles andere ergibt sich daraus.
 
Sicherheitshalber: Mir ging es dabei nicht um einen ökonomischen Zusammenhang und ebenso nicht um Kapitalismuskritik. ;)



Ich halte diese ungute Entwicklung eher für einen aggressiven Reflex derer, die sich permanent zu kurz gekommen fühlen. Das hat im Kern gar nichts mit der objektiven wirtschaftlichen Situation dieser Leute zu tun und betrifft auch das Verhalten in Situationen, in denen es nicht um ökonomische Vorteile geht. "Merkt doch keiner", "machen die da oben doch genauso", "wenn ich's nicht tue, tut's ein anderer" sind die typischen jämmerlichen Entschuldigungsversuche für den eigenen Mangel an Charakter.


Ja, und diese Haltung wird doch von der Postbank mit ihrem "Unter'm Strich zähl ich" recht gut zusammengefasst.
Diese, und die von Dir zitierten Einstellungen, halte ich für tief im Kapitalismus angelegt - rücksichtslose Durchsetzung des eigenen Vorteils. Und das meine ich eben nicht im ökonomischen Sinne, sondern als innere Haltung. Wenn man das denn trennen kann.
 
Ich kann Dir versichern, dass es Toiletten auf dieser Welt gibt, in denen ganz unironisch und regional/bzw. lokal gesehen dies anständigste und ethisch einzig einwandfreie Handlung diejenige ist, die Toilette ohne Blick zurück so schnell wie möglich wieder zu verlassen. Alle andersverlaufenden Handlungen würden von der betreffenden begrenzeten "Gesamtgesellschaft" (und jede Gesellschaft ist begrenzt) als unanständig und unethisch, wenn nicht gar beleidigend empfunden werden.

Und welche Werte sind nun die höherwertigen? Die begrenzten "gesamtgesellschaftlichen" Deinen oder die begrenzten "gesamtgesellschaftlichen" einer anderen Gesellschaft?
Ohne große gedankliche Umwege könnte man hier evtl. auch Neigungen zu herrenmenschlichem Denken mit in die Diskussion einbringen. ;)
Du verkomplizierst wieder, dieses Mal in die Breite. :) Ich meinte, unsere Gesellschaft im Alltag, jetzt, zu diesem Zeitpunkt und in unserer Situation. Nicht Uganda zu Idi Amins Zeiten oder Bangladesh im Hier und Jetzt, sondern Deutschland, 2015. ;) Da stellen sich diese Fragen gar nicht, weil die Antworten klar sind. In anderen Gesellschaften und zu anderen Zeiten mögen andere Fragen und Antworten zu diesem Thema gegeben worden sein, aber ein Übereinkommen, wer im Geist seiner Handlung anständig gegenüber seinen Mitmenschen handelt und wer nicht, war auch schon klar. Sogar die Mehrheit der zehn biblischen Gebote können viele Menschen zu allen Zeiten unabhängig davon, ob sie Christen oder Juden oder Moslems oder anderen Glaubens sind, als richtig akzeptieren.

Das hast Du ja auch verstanden, sonst hättest Du diesen Disclaimer...
Gut, ich will es jetzt nicht zu weit treiben, natürlich reinige ich die Toilette unter "unseren" "normalen" Umständen immer.
...gar nicht gebraucht. ;) Es geht mir ja gar nicht um den Akt der Toilettenreinigung als Anforderung, sondern um bewusste Rücksichtnahme auf seine Mitmenschen, die man eben z.B. nicht belästigt und nicht bestiehlt.


Ja, und diese Haltung wird doch von der Postbank mit ihrem "Unter'm Strich zähl ich" recht gut zusammengefasst.
Diese, und die von Dir zitierten Einstellungen, halte ich für tief im Kapitalismus angelegt - rücksichtslose Durchsetzung des eigenen Vorteils.
Du beschreibst einfach die Natur des Menschen ohne irgendwelche zivilisatorische Einschränkungen. Du könntest jetzt natürlich umformulieren, dass Kapitalismus die Natur des Menschen ist und deswegen auch nicht abzulegen ist wie ein Mantel. ;) Aber das sind nur Namen, denn Menschen gab es schon vor der Industriegesellschaft.

Jede Gesellschaftsform ist von dieser Haltung durchdrungen, insbesondere auch alle Ausprägungen kommunistischer Regimes. Das hat auch weder Karl Marx noch die Bibel originär für die Menschheit entdeckt. Die Frage ist, wie man mit seinen Ausprägungen von Werten der Menschlichkeit persönlich umgeht, nicht auf abstrakter gesellschaftlicher Ebene, wo man sich als Individuum wieder auf die größere Gruppe herausreden kann, sondern ganz bewusst in seinem direkten persönlichen Einflussbereich. Wenn das jeder so handhabt, ist tatsächlich allen geholfen.
 
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