Weinkenner werden. - Fragen an den Wein

Wie erklärt man sich dann, dass z.B. der chardonnay aus dem burgund lagerfähiger ist, als wein der gleichen rebsorte aus anderen gebieten/ländern?
was hat dieser wein, was andere nicht haben?

Das hat einmal mit dem Terroir bzw. Ausbaustil zu tun, die Chardonnays aus dem Burgund haben z.B. mehr Säure und weniger Alkohol als neue-Welt Wuchtbrummen. Viel wichtiger ist aber noch die Qualität des Weins. Einen 9-Euro Petit Chablis sollte man auch jung trunken, der Premier Cru für 109 Euro dürfte einige Jährchen vertragen. Bei extraktreichen Weinen aus penibelst ausgelesenen Spitzenreben der richtigen Varietäten ist eben auch eine innere Substanz vorhanden, die entwicklungs- und alterungsfähig ist. Ein eher dünner Wein, mit Eichenchips aromatisiert und Aromahefen gepeppt um Substanz vorzuspiegeln, fällt rasch auseinander, weil sich das künstlich orchestrierte Geschmacksschema verschiebt, sobald der Wein abbaut. Der Alkohol sticht dann brandig hervor und das "Kunst"aroma steht neben der inzwischen oxidierten Brühe (das wäre jetzt der australische Aldi-Chardonnay nach 3 Jahren)
 
bist Du da ganz sicher? Persönlich habe ich bisher eher die Erfahrung gemacht, dass ein Barolo auch von anerkannten Topproduzenten und trotz guter Lagerung nach sagen wir 7-10 Jahren recht schnell abzubauen beginnt ...

(für mich ist lange Lagerung: > 10 Jahre)

Meiner Meinung nach gibt es da schon recht haltbare Weine.


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Um welche Produzenten geht es konkret? Ich bin zwar absolut kein Experte für italienische Weine, geschweige denn Barolo – aber interessieren würde mich das jetzt schon.

zu Letzt (verkostet im Herbst 2012) war es ein "La Serra" von Gianni Voerzio (Jahrgang müsste ich nachschauen, vielleicht 1997?, war mit Tre Bicchieri im Gambero Rosso aufgeführt), die früheren Erfahrungen müsste ich zu Hause nachsehen, falls es Dich interessiert ....
 
kurz gegoogelt:

die anderern Produzenten waren: Michele Chiarlo, Pio Cesare, Aldo Conterno und Prunotto, wobei ich jetzt nicht mehr weiss, um welchen Wein/Jahrgang es sich jeweils gehandelt hat ....
 
Warum gelten eigentlich französische Weine als die hochwertigeren, lagerfähigeren Weine als die italienischen?

Halte ich für ein Märchen.

Vergleichbare Weine (Grundprodukte, Ausbau, usw) - also nicht die Billigplörre für 2,95 aus dem Aldi - und eine entsprechende Lagerung im eigenen Keller werden sich beide Länder nichts schenken.

Ich persönlich bevorzuge die großen Toskaner und mein ältester war nun 25 Jahre alt und einfach hervorragend.

Zusammen mit Zaskarion und Flamboyance haben wir letztes Jahr einen 90er Brunello und einen 99er Lupicaia quer verkostet - auch das konnte was;)
 
Seit der Weltausstellung und der ersten Klassifizierung im Medoc 1855 haben die Franzosen im Bordelais einen nicht zu unterschätzenden Marketing-Vorteil.
Die damalige Einteilung nach Marktpreisen, die die klassifizierten Chateaus erzielten ist im Grunde Müll, funktioniert absatztechnisch aber noch immer.

Die großen Gewächse haben auf der anderen Seite konsequent ihre Erträge beschnitten, selten werden mehr als 40 hl/Hektar geerntet. Das legendäre Chateau d'Yquem begnügt sich sogar mit einem Ertrag von unter 10hl/Hektar - oder produziert in schlechten Jahren keinen Wein unter diesem Namen.

Zum Vergleich: Massenträger liefern weit über 120hl/Hektar.

In der Begrenzung liegt die Qualität!
Im Burgund gibt es für jede Lage nur eine bestimmte Anzahl Etiketten!!!
Der so limitierte Ertrag dient eben der Qualität. Da spielt es auch nur noch eine ungeordnete Rolle, dass hier hin und wieder mal die Sonne aus dem Sack kommt.

Mit den italienischen Weinen kenne ich mich nicht so gut aus, für mich ist da zu viel sprezzatura drin...
 
Es ist teilweise ein Märchen. In die Welt gesetzt von Johnson, Broadbent, Parker & Co. Nach deren Meinung musste ein Wein 50 Jahre alt sein und aus dem Bordeaux kommen, um überhaupt trinkbar zu sein. Auch Bewertungen vom Gambero Rosso kann man getrost in die Tonne kloppen. Die Jungs habe ich oft genug erlebt und die Bewertungen kommen, sagen wir seltsam, zustande. Die einzig wirkliche Instanz ist die eigene Nase, der eigene Geschmack und die eigene Erfahrung.

Weisse Burgunder (Chardonnay), zumindest die grossen Gewächse (Montrachet etc.), sind deshalb lange lagerfähig, weil sie in der Regel mindestens als Auslese gelesen werden. Bei der Gärung entsteht so mehr Alkohol und zusammen mit dem Ausbau in Barrique Fässern erzeugt das die Lagerfähigkeit. Ist aber, wie so vieles auch Geschmacksache.

Die klassischen italienischen Rebsorten Sangiovese (Brunello di Montalcino) und Nebbiolo (Barolo) wurden bis vor kurzem auch sehr klassisch ausgebaut (ohne Barrique) und somit auch nicht zwingend für 30 Jahre konzipiert. Hier hat, wie auch in Deutschland, durch die junge Generation ein Umdenken stattgefunden. Bei den sog. Super Tuscans muss man aufpassen, denn nicht überall, wo es draufsteht, ist auch einer drinnen. Es gibt aber Weine, als Beispiele fallen mir Lamaione, Giramonte und Mormoreto ein, die ganz locker viele Franzosen in die Ecke stellen und das zu einem Bruchteil der Kosten.

Bei internationalen Blindverkostungen teilen sich seit Jahren Spitzenweine aus Chile und Italien die vorderen Plätze, während die Franzosen nur bei "offenen" Verkostungen punkten. Ist ähnlich, wie bei Cola und Pepsi. Auch bei Weisswein gewinnen immer häufiger deutsche Tropfen die Preise.

Natürlich ist das alles jetzt sehr verkürzt dargestellt, aber es zeigt, dass man jeden Wein für sich selber beurteilen muss und Pauschalaussagen meist nicht haltbar sind.

Prost
Sandro
 
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