Was macht den Gentleman aus - außer der Kleidung?

Das ganze für und wieder ist ja richtig und im Grunde weiß ja keiner so recht etwas konkretes Anzufangen mit dem Begriff Gentleman. Und so Ernst muss man das ja alles auch nicht betrachten. Aber diese Geschichte mit dem Auto ruft schon ein wenig nach sarkastischen Reaktionen, finde ich halt. Ich habe ja auch nichts dagegen wenn jemand Gefallen an teuren Autos findet. Für mich stellt sich diese Frage einfach nicht weil ich nicht für ein Auto auf manch andere liebgewonnene Freude verzichten möchte. Und mein Schneider wäre damit auch nicht glücklich. Kurz jeder soll sein Geld ausgeben für was er will. Und ob einer dabei ein Gentleman ist oder nicht, wen außer diesem kleinen Kreis hier interessierts.

lg Algy

Richtig. Aber dass sich der deutsche Gentleman über sein Auto definiert fänden Engländer wahrscheinlich so adäquat wie auch amusing ;).
 
Man sollte bei der Diskussion noch differenzieren um was es wirklich geht.

Geht es den meisten hier darum sich wie ein "Gentleman" zu kleiden oder sich wie ein Gentleman zu benehmen. Ich denke viele lesen hier im Forum mit, weil sie den klasischen Kleidungstil für sich entdeckt haben und ausleben wollen, vielen geht es wahrscheinlich nicht unbedingt darum ein "Gentleman" im eigentlichen Sinne zu sein. Wobei ich davon ausgehe das sich jeder von uns zu benehmen weiß und mindesten 1 x das Kniggebuch gelesen hat :)

Und auch wenn viele jetzt aufschreien werden und mich in Grund und Boden trampeln, bin ich der Meinung, und da machen wir uns doch bitte nichts vor, das wer sich entsprechend kleiden möchte, über etwas mehr wie nur das nötige "Kleingeld" verfügen muss.

Ein Outfit aus Krawatte, Schuhe, Mantel, Anzug samt einer schönen Uhr kann schonmal mehrere tausend Euro kosten. Das ist nunmal so. Jeder von uns weiß das gute Kleidung GELD kostet.

Selbstverständlich kann ich auch ein Gentleman mit einer 50 € Swatchuhr, 5€ Krawatte vom Flohmarkt und dem alten Anzug meines Opa's sein, darauf muss mich nun wirklich niemand hier hinweisen :rolleyes:
 
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Dort genau liegt das Problem:
In einem Buch kann man den Lesern keinen umfassenden Marküberblick geben und als Konsequenz konzentriert sich der/die Autor/en auf die allseits bekannten Marken mit bester Werbung und höchstem Preis.
Die Leser glauben nun, fast zwanghaft, dass nur die zitierten Namen etwas taugen und auch dass der jeweilige Hersteller eine 1A-Internetseite benötigt, um allen Kunden sein handwerkliches Können zu präsentieren.

Das sehe ich allerdings komplett anders und darin liegt auch für mich der Reiz, nicht nachzubeten sondern wirkliche gute Handwerker zu finden.
Aus diesem Grund zitiere ich auch oft, teilweise schon unbewußt, deren Preise, um den Interessierten aufzuzeigen, dass z.B. eine Handtasche nicht 4.000.- € und mehr kosten muss, sondern (fast) dieselbe für weniger als 200.- € zu erstehen ist.
Oder dass beispielsweise viele Krawatten mit teuren Labels von 2 oder 3 renommierten Herstellern aus Como und Umgebung gemacht werden.
Beispiele finden sich zuhauf.

Auch stört mich der Begriff des Gentleman aus vielerlei Gründen.

Wenn sich also jemand gut, elegant, stilsicher oder wie auch immer man dies umschreibt kleiden will, dann sollte er nicht irgendwelche Marken aus Büchern nachplappern, sondern sich selbst informieren über Stilrichtungen, Hersteller, Weber, Schuhmacher, Feintäschner usw.
Denn es kommt einzig und allein auf seinen eigenen Geschmack und seine eigene Stilsicherheit an und nicht darauf offen oder verdeckt irgendwelche Tags zu tragen oder diese gar offen zur Schau zu stellen.
Aus den vorgenannten Gründen heraus hat "gute" Kleidung nicht viel mit dem gut bezahlten Job oder einem teuren Auto zu tun.
Beispiele für diese Behauptung findet man mittlerweile ebenfalls jede Menge in diesem Forum - sehr gute sind die Fotos der Strickwaren von Woolovers, die beweisen, dass man sich auch für recht kleines Geld "gut" kleiden kann.

Und wenn ich die Beiträge von manchem hier lese, der vorgibt nur in teuersten Zwirn gewandet zu sein lese, dann stelle ich mir oft die Frage ob er seinen Tinnef wohl bei vollem Bewußtsein verfasst hat, und wenn ja, welchen Charakter er hat oder welche Erziehung er genossen hat.
"Anstand und Bildung" kann man nun einmal nicht kaufen - sie sind aber vor allen anderen Dingen das,
was einen Herrn ausmacht.

Volle Zustimmung meinerseits.
 
... Ein Gentleman zeichnet sich durch Höflichkeit, gute Manieren und Interesse sowie Toleranz aus. Ein Gentleman kann sehr hochwertig gekleidet sein (von Kopf bis Fuss bespoke), er kann aber genauso im gut sitzenden Anzug von C&A ein Gentleman sein.

Es ist immer das Gesamtbild, das entscheidet, nicht stand-alone Äusserlichkeiten oder ein Auto...

100 % Zustimmung!

In meinem Bekanntenkreis gibt es imho 2 Gentlemen, die auch von vielen anderen Personen als solche wahrgenommen werden ("gentleman by conduct"). Insbesondere Frauen äußern oft postiv für die beiden. Sie sind jeweils auf unterschiedliche Art erschlagend unaufdringlich, zuvorkommend, diszipliniert, sehr höflich, zuhörend, tolerant und angenehmst im Umgang. Sie sind weder Millionäre noch überdurchschnittlich gebildet. Soweit ich das beurteilen kann tragen auch beide nichts "Rötzel-gemäses", sondern sind korrekt und sauber mit Jackett/Anzug, gebügeltem Hemd/Krawatte und geputzen Schuhen angezogen. Auch Ihre Autos sind nicht außergewöhnlich, aber immer Außen und Innen absolut sauber, dezent und in einwandfreiem Zustand.
Wie schon gesagt: Viele nehmen diese 2 Personen als Gentlemen wahr.

"Gentleman by standing" gehört imho in die Vergangenheit. In Zeiten, wo dem Normal-Bürger der Zugang zu guter Erziehung, Ausbildung und Informationen/Fachbüchern nicht gegeben war.
Was nutzt heute "Gentleman by standing", wenn man von anderen nicht als Gentleman wahrgenommen wird?

Vom Grundsatz her sehe ich es als sehr positiv an, dass sich hier im Forum viele mit dem Thema beschäftigen und es zu sehr kontroversen Meinungen, die den Horizont erweitern, kommt.

Grüße
Günter
 
... "Anstand und Bildung" kann man nun einmal nicht kaufen - sie sind aber vor allen anderen Dingen das, was einen Herrn ausmacht.

Ich denke, man kann lernen, sich wie ein Gentleman zu verhalten und sich wie einer zu kleiden. Weitgehend unabhängig von Intelligenz und Einkommen. Nur die Bereitschaft und Disziplin muss vorhanden sein.

Grüße
Günter
 
...das wer sich entsprechend kleiden möchte, über etwas mehr wie nur das nötige "Kleingeld" verfügen muss.

Ein Outfit aus Krawatte, Schuhe, Mantel, Anzug samt einer schönen Uhr kann schonmal mehrere tausend Euro kosten. Das ist nunmal so. Jeder von uns weiß das gute Kleidung GELD kostet.

Zwei Anmerkungen da ich dies immer wieder hier feststelle.

Für mich definiert sich ein Gentlemen in keinster Weise über Anzug/Krawatte u.s.w. denn das würde voraussetzen das ein Gentlemen nur ein "Bürohocker sein darf". Mich persönlich irritiert das jedes mal stark, da ich keinen Zusammenhang mit der Art der Kleidung erkennen kann. Mir sind tatsächlich schon Gentleman in Berufskleidung eines Schornsteinfegers begegnet und auch auf Baustellen habe ich schon Menschen getroffen denen ich den Status Gentleman zuschreiben würde. Allerdings waren diese Personen u.a. auch sichtbar bemüht nicht wie der Durchschnitt rumzulaufen. Wesentlich mehr fallen sie aber über ihre Manieren und ihre Freundlichkeit (gerade in einem solchen Umfeld) auf.

Wenn man das Thema gezielt von der Seite der Kleidung her betrachtet. Ich persönlich bemühe mich ausdrücklich darum dieses gute im Sinne der handwerklichen Qualität zu definieren. Und ganz bestimmt ist dies objektiv betrachtet nicht immer bei den teureren Sachen anzutreffen.
 
Auch stört mich der Begriff des Gentleman aus vielerlei Gründen.

Schafft eine, zwei, viele Gentleman-Begriffsdefinitionen !

Wie würden eigentlich entsprechend spezifische Übersetzungen lauten:

- EhrHerr, ElegantHerr, HöflichHerr, FreundlichHerr ?

- vielleicht auch Mann-O-Mann, Armer Ritter, Stilomaniker ? :D

In this fashion the character of the British gentleman became a powerful descriptive basis for a myth of disinterested governance by an Oxbridge elite

Oder mit Roger Moore:
"Das Verbreitungsgebiet von Damen und Gentlemen endet im Osten Londons"
 
Gentlemen: someone who pays his bills, doesn't slap his wife, unless required by absurd bedroom rules, dresses decently, is friendly, and normally doesn't give a shit what other people say or if the world tumbles. The best describtion is given in the poem "If" by Kipling. He dared yo mention the Audi.....
 
... Mir sind tatsächlich schon Gentleman in Berufskleidung eines Schornsteinfegers begegnet und auch auf Baustellen habe ich schon Menschen getroffen denen ich den Status Gentleman zuschreiben würde. Allerdings waren diese Personen u.a. auch sichtbar bemüht nicht wie der Durchschnitt rumzulaufen. Wesentlich mehr fallen sie aber über ihre Manieren und ihre Freundlichkeit (gerade in einem solchen Umfeld) auf. ...

Natürlich kommt man je nach Beruf nicht um eine Berufsbekleidung herum. Die von Ihnen angesprochen vorbildlichen Persönlichkeiten kleiden sich meiner Erfahrung nach, wenn Sie Ihre Arbeitskleidung abgelegt haben und privat (Wocheneinkauf, Arztbesuche, usw.) in der Öffentlichkeit stehen, sehr ordentlich. Da können sich viele besserverdienende Selbstständige und Intellekutelle eine Scheibe abschneiden.

Imho landet man immer wieder beim Faktor "Disziplin". Da trennt sich die Spreu vom Weizen.

Grüße
Günter
 
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