Qualität bei Hemden
Guten Tag, verehrtes Forum, verehrter zetas,
zunächst, mit Verlaub, dies sei mir als einleitende Bemerkung gestattet: die Anzahl akademischer Titel ist kein Hinweis auf geistige oder orthographische Kapazitäten. Selbst 10 Titel sprechen eher für Fleiß, Ausdauer und gehobene Finanzausstattung denn für intellektuelle Fähigkeiten.
Nun zum Thema: Die Qualität eines Hemdes kann klar anhand einiger objektiver Kriterien erfasst und bewertet werden. Hierfür bedarf es jedoch Fachkenntnis. Schade, dass Herrn Sanders Bericht keine Auskunft dazu gibt. Seine subjektiven Eindrücke ermöglichen leider keine objektive Bewertung der gelieferten Qualität.
Am leichtesten zu identifizieren ist die Qualität des verwendeten Hemdenstoffes. Vereinfacht gesprochen: Je feiner (Fachausdruck: Grammatur) das Gewebe, desto hochwertiger der Stoff. Die Länge des verwendeten Stapels lässt sich für den Laien nur schwer identifizieren, ist aber möglich. Hiermit ist die Länge der einzelnen Faser des Ausgangsproduktes (in diesem Falle die Baumwollfaser) gemeint. Je länger, desto hochwertiger und teurer ist die Baumwolle (Ausnahme: kurzstapelige Qualitäten mit Öko-Zertifizierungen). Die teuersten, häufig anzutreffenden Qualitäten kommen aus Ägypten und haben Faserlängen von rund 5 cm und mehr, die billigsten hingegen nur rund 1 - 2 cm.
Ein weiteres Stoffqualitätskriterium ist die Webart. Doch schon hier wird es kompliziert: Eine einfache Webart, hochwertig ausgeführt, wie beispielsweise Poplin, ist langlebiger und komfortabler zu tragen, als beispielsweise ein teurer herzustellender, schlecht verarbeiteter Oxford-Stoff. (Korbbindung).
Nähgarngrammatur, Stichabstand sowie Kantenverarbeitung sind einige weitere objektive Kriterien.
Nicht objektiv hingegen ist beispielsweise das Kriterium Handnaht versus Maschinennaht. Zum einen können die besten heute eingesetzten Maschinen eine Handnaht sehr gut imitieren, zum anderen gibt es weltweit nur noch wenige Näher, die eine objektiv hervorragende Naht beherrschen (dazu gehören ein sehr dünner Faden sowie die Fähigkeit, sehr kurze, gleichmäßige Nahtabstände zu produzieren). Exkurs: Der fehlende Nachwuchs wird oft damit begründet, dass nur ein guter Näher werden kann, wer bereits im Kindesalter damit beginnt - ein in Zeiten der Bekämpfung von Kinderarbeit problematisches Ausbildungsziel.
Auch stellt das Material der verwendeten Knöpfe kein objektives Qualitätskriterium dar: hochwertige, glatt geschliffene Plastikknöpfe sind haltbar, schützen den Hemdenstoff sowie weitere, bei Maschinenwäsche in Kontakt kommende Stoffe. Schlechte Perlmuttknöpfe hingegen erreichen genau das Gegenteil. Auch die Knopfhöhe kann nicht als Qualitätskriterium gelten. Zwar sind hohe Perlmuttknöpfe teurer, doch nicht jeder möchte sie an seinem Hemd haben, da sie objektiv schlechter durch das Knopfloch gleiten und beispielsweise unter einem feinen Pullover oder Pullunder abzeichnen.
Vielleicht habe ich später noch Lust, mich zu den Themen geklebte Einlagen, Kantenverarbeitung, Schnittführung etc. auszulassen.
Es wäre schön, gelänge es Herrn Sander, einen weiteren Bericht zu verfassen, der sich den oben stehenden Kriterien widmet. Das wäre eine wunderbare Weiterentwicklung dieses hochinteressanten Fadens und wünschenswert, hat er doch kostenlos ein Hemd genau hierfür erhalten.
Mit den besten Grüßen
A