Du hast grundsätzlich recht damit, dass man idealistisch motivierte Straftäter mit der Begrenzung des Barverkehrs nicht aufhalten wird. Dennoch halte ich das als grundsätzliches Gegenargument für nicht solide. Ganz grundsätzlich ist es rhetorisch unauffällig, aber inhaltlich schwierig, das Hauptargument gegen eine Frage des Maßes mit der Ablehnung eines Gegenpols (also dualistisch) zu führen. Im Beispiel:
Wird sich der Idealist damit aufhalten lassen? Nein (dualistisch)
Wird Geldwäsche dadurch erschwert und müssen Kunden dessen daher mehr zahlen? Wahrscheinlich (Frage des Maßes)
Die Abschaffung des 500€-Scheins ist EIN Punkt unter vielen, der Geschäfte auf dem Schwarzmarkt vielleicht nur marginal, aber dennoch erschwert. Sein volkswirtschaftlicher Nutzen ist hoch fragwürdig - er wurde lediglich als Zugeständnis an Deutschland zum Ersatz des 1000DM-Scheins eingeführt.
Die gesellschaftlich erwünschte Reduktion des Barverkehrs trägt vermutlich noch stärker zu einer Schwächung illegaler Zahlungstransaktionen bei.
Es gibt Kriminelle, die ideologisch motiviert sind, der vermutlich größere Teil nutzt es allerdings als Geschäft. Wenn Bargeld als Zahlungsmittel abnimmt, wird Geldwäsche schwieriger, d.h. die Marge sinkt und das Geschäft wird an sich weniger rentabel. Betreiber krimineller Geschäftsmodelle werden die Basis ihres Geschäfts zum Teil verlieren, die Dienstleistungen werden teurer; auch die idealistisch motivierten Straftäter sind auf die Dienstleistungen geschäftlich motivierter Straftäter angewiesen, es wird teurer (z.B. auch weil Ersatzwährungen nicht so preisstabil sind, wie staatlich garantiertes Bargeld).
Moment, bitte die Themen auseinander halten. Der volkswirtschaftliche Sinn von Bargeld ist ein Thema, und es ist volkswirtschaftlich sicher sinnvoll, Bargeld zu reduzieren. Wie bei allem, was wirtschaftlich sinnvoll ist, sollte in einer freien Wirtschaft mal abgewartet werden, ob der Markt nicht das Seine dazu tut, anstatt irgendwas zu verbieten oder abzuschaffen. Das geht natürlich nicht über Nacht, der Umfang bargeldlosen Zahlungsverkehrs nimmt aber weiter ab und es bestehen wenig Zweifel, dass er das weiter tun wird.
Dann hat Bargeld noch eine Implikation im Hinblick auf Verbrechensbekämpfung. Die geht in Wahrheit aber gar nicht um Bargeld, sondern um anonyme Geldtransfers, die grundsätzlich auch unbar möglich sind. Bargeld ist halt nur die einfachste Methode dafür. Volkswirtschaftlich sind anonyme Geldtransfers übrigens vermutlich eher nützlich, weil sie Geschäfte ermöglichen, die sonst nicht stattfänden. Beate Uhse-Läden z.B. haben m.W. auch immer noch einen erstaunlich hohen Anteil an Barzahlung, obwohl da ja nichts kriminelles gedealt wird.
Genau da sind wir aber wieder bei der alten Frage: Freiheit vs. Sicherheit. Rein zur Verbrechensbekämpfung spricht auch jede Menge für Vorratsdatenspeicherung, 24h Videoüberwachung aller öffentlichen und privaten Bereiche, routinemäßige erkennungsdienstliche Behandlung jeden Bürgers und Speicherung seines DNA-Profils etc. Das machen wir aber alles trotzdem nicht bzw. nur eingeschränkt, weil der gläserne Bürger den meisten (noch?) eine Horrorvorstellung ist.
Wenn ich mein Recht bestimmte Sachen bar zu zahlen, weil ich meine, dass es niemanden was angeht, was ich mit meinem Geld tue, einschränken lassen muss, weil man meint ein paar kriminellen Idioten Knüppel zwischen die Beine werfen zu müssen, ist das eine Frage die komplett abgelöst von der volkswirtschaftlichen Dimension zu betrachten ist. Wenn ich als homo oeconomicus meine, dass ich eine bestimmte Transaktion mit bestimmten Transaktionskosten in bar durchführen will, werde ich meine mikroöknomomisch rationalen Gründe haben. Dass Bargeld mit der Makro-Brille gar nicht sinnvoll sein mag, ist ein anderes Thema. Wenn jemand das aus sicherheitspolitischen Gründen einschränken will, soll er das sagen und dafür argumentieren. Was aber nicht akzeptabel ist, ist eine Argumentation in der Art von: "Bleibt doch mit Eurem Bürgerrechtsscheiß weg, Bargeldabschaffung ist doch volkswirtschaftlich nur gut für Euch".
In dieser Gesellschaftsordnung ist es Aufgabe des Gesetzgebers, den Markt (und den Bürger) grundsätzlich selbst entscheiden zu lassen, was sie wollen und nur da einzugreifen, wo der Markt nicht funktioniert oder andere übergeordnete Interessen (öffentliche Sicherheit und Ordnung) dies unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit erfordern.
Erfordern und nicht nur "irgendwie hilfreich erscheinen" lassen. Und volkswirtschaftlicher Sinn und Unsinn spielen dabei keine Rolle.
Das sind immer die Momente, wo ich mir dringend eine Regierungsbeteiligung der FDP oder der Grünen oder meinetwegen auch der Piraten wünsche ...
Die Sicherheitsbehörden sollten vor Freude tanzen, dass Bargeld auch so schon deutlich marginalisiert ist. Die RAF hat dieses Land auch überlebt, zu einer Zeit, wo jeder mit bündelweise Bargeld rumlief, ganz Exaltierte mal einen Eurocheque gezückt haben und der Jet-Set sich damals durch die Inhaberschaft der grünen Amex definiert hat.