Naja, in der Praxis wird für reine Fachexperten ohne budgetierten Verantwortungsbereich und/oder Personalführung, die sie wieder zum (technischen) Manager in einer Linienfunktion machen, auch in DAX30-Unternehmen bei über 120k/Jahr die Luft langsam dünn.
"Manager" kann man sich halt als Unbedarfter leicht vorstellen, weil man mangels konkretem Einblick damit keine spezifischen Kompetenzen verbindet. Den richtigen Abschluss vorweisen, ein bisschen Vitamin B hier und diplomatisches Geschick da, dazu eine Prise Stallgeruch (woher das auch immer kommen mag, muss man da Reiten als Hobby haben?
) und fertig ist der Top-Manager mit Millionengehalt, alles ganz simpel.
Technik-Nerd in Ingenieurwesen oder Informatik zu werden ist dagegen viel anstrengender, da muss man massenweise theoretischen Kram studieren, der mit Mathematik vergiftet ist, und sich mit diesem abstrakten Zeug tagtäglich beschäftigen.
Das macht man nur als Überzeugungstäter im Thema, nicht als Möchtegern-Glücksritter mit DAX30-Vorstandsambition.
Weil das Risiko viel höher ist. Wenn man als Kleinunternehmer versagt, hat man i.d.R. neben der anschließenden Arbeitslosigkeit (und dem Zeitverlust in der Karriereplanung) danach Schulden in 5- 6stelliger Höhe. Eigentlich ist die geringe Bereitschaft zum Unternehmertum in Deutschland ein großes Kompliment an den hiesigen Arbeitsmarkt. Es sind nämlich vor allem die Länder, die kaum gut dotierte Angestelltenverhältnisse anbieten, wo das Kleinunternehmertum mangels Alternativen am stärksten verankert ist.
Achtung Textwand; leider nur bedingt Uni-basierend
Vorweg, ich würde Personalverantwortung nicht in direkte Kausalität zur Funktion eines Managers stellen. Zumindest kenne ich Unternehmen, die dies strikt trennen (technischer Leiter mit der Million im Jahr, Personal verwaltet wer anders im billigeren Milieu, das gilt aber wohl wirklich nur für Spitzen-Geeks). "Top-Manager mit Spitzengehalt" ist etwas so Unwahrscheinliches, dass man darauf hinarbeiten kann und vergisst, dass es nicht mehr die Arbeit ist, die einen dorthin bringt.
Der Spruch "wer arbeitet kann nicht reich werden" wird spätestens ab dieser Ebene an Wahrhaftigkeit gewinnen (siehe Stallgeruch etc.).
Thema Unternehmenskultur:
Wer lernte Unternehmensführung in der Schule? Oder habt ihr nur gesagt bekommen, geh studieren oder in die Lehre? Wenn man nicht gerade in einer Unternehmerfamilie aufwächst, lernt man in der Hinsicht rein gar nichts. Ist Unternehmertum also eine Art Gesellschaftsklasse? Falls ja, brrrrr.
MBA und BWL sind witzigerweise nutzlos in der Gründungsphase, erst im etablierten Unternehmen trägt dieses Wissen Früchte. Ich bin mir nicht sicher, ob das so gewollt ist. Sollte Betriebswirtschaft nicht eine so wichtige Phase wie eine Gründung abdecken können? Bei einem MBA kann ich es sogar nachvollziehen. Interessanterweise wird auf anderen Kontinenten eine solche Bildung angeboten.
Ist es also sinnvoll den deutschen Arbeitsmarkt ein Kompliment zu machen, wenn er verhindert dass ein wichtiger Weg des Fortschritts unterrepräsentiert wird? Es wirkt wie eine Zulieferung von "Ressourcen" aus den Unis und Schulen, damit die Unternehmer entsprechend geschultes Personal haben. (Ich gebe zu, in gewissem Maße, ist das sinnvoll). Aber wer bringt dir bei Unternehmer zu sein?
Das man als Unternehmer mit mehr Risiko leben muss, hatte ich ja ebenfalls erwähnt. Allerdings sehe ich das Problem in der deutschen "Pseudo" Gewinnermentalität. (Ist es eher eine Glücksrittermentalität!? Danke Bluesman, der Begriff ist eine schöne Ergänzung)
Frei nach dem Motto: 1x probiert, 1x versagt, für immer weg. Quasi, nur wer es im ersten Versuch schafft, ist ein Gewinner. Wer 1x verliert ist immer Verlierer. Das ist für mich typisch deutsch. Diese Einstellung ist rational gesehen, totaler Unsinn und absolut ineffizient für eine Gesellschaft. Erst recht in einer konservativen Gesellschaft, wo existierende (Groß-) Unternehmen gefördert werden wie nie. Was ich übrigens für sinnvoll halte.
Wäre es aber nicht noch sinnvoller, ambitionierten Unternehmertypen mit Ideen, die evtl. Chancen zum lernen hatten, eine neue Chance zu geben? Sprich das generelle unternehmerische Risiko verringern, sagen wir durch Iteration!?
Ich selber möchte mich selbstständig machen, jedoch nicht in Deutschland.
Es gibt Förderungen noch und nöcher: Vorgründungsphasenfinanzierung mit anschließender Gründungsphasenfinanzierung. Es wird einem Werkstatt und Büro gestellt. Risikokapitalgeber werden vermittelt. Kein privates Risiko, sondern Unternehmensrisiko. Jeder weiß, dass ich privat keine 100k oder gar Millionen zurückzahlen kann, aber irgendwie ist das für bestimmte Geldgeber mit bestimmter Herkunft gar kein Problem.
Zugegeben, dass im Moment soviel Kapital zur Verfügung steht ist der Geldpolitik geschuldet. Das wird sich evtl. bald wieder ändern.
Man kann also mit geringen persönlichen Risiko die Sache angehen, nur halt nicht in Deutschland. Es verrät einem nur Niemand. Hier kamen die Leute auf mich zu, sofern ich sie überzeugen konnte, dass meine Ideen gut sind.
Geht etwas schief habe ich Erfahrungen gemacht, die ein Studium oder Weiterbildung nicht vermitteln können. Das ist selten und äußerst wertvoll. Nur nicht in Deutschland, da ist es ein Makel.