Ich bin seit vielen Jahren in dem von Dir genannten Umfeld beruflich tätig - was man trägt, hängt stark vom einzelnen Unternehmen und von den Abteilungen ab. Schreib mir doch bitte mal per PN, wo genau Du anfängst und vor allem in welchem Bereich. Vielleicht werden wir sogar Kollegen.
Es geht um ein Praxissemester während des Studiums.
Gedanken über die Kleidung mache ich mir schon - alleine wegen des ersten Eindrucks, den ich für wichtig halte.
Es ist richtig, sich über die Kleidung prinzipiell Gedanken zu machen. Kleidung im Beruf sollte nicht nur gut aussehen und einen gewissen Zweck erfüllen, sondern sendet auch ein Statement. Ob man will oder nicht.
Das von Butch Cassidy gezeigte Anzug-aber-ohne-Binder-Outfit steht ihm gut und ist sozusagen sein Markenzeichen - das hat aber überhaupt nicht den kaufmännisch-lässigen Look, den sich viele Finanzer und Strategen in der Industrie geben wollen, indem sie dunkle (formale) Anzüge ohne Krawatte tragen. Mit diesem Outfit siehst Du aus wie ein gut gelaunter und in sich ruhender Butch Cassidy in Lindau, aber nicht wie ein Praktikant in der Industrie. Das gesendete Statement ist nicht das, was Du senden willst.
Auch wenn ich jetzt studiere habe ich vorher bereits im Büroalltag gearbeitet und in der Zeit hat sich mir der Eindruck aufgedrängt, dass die Kleidung auch (und vielleicht gerade) bei Praktikanten sehr wohl eine Rolle spielt.
Natürlich. Und sie ist eine Chance, sich an die später ohnehin übliche und erforderliche Berufstracht zu gewöhnen. Falls Du in einem kaufmännischen Umfeld arbeitest, ist das nun mal in vielen Fällen ein Hemd-Sakko-Krawatte-Umfeld, wie formal oder informal man das auch immer auslegen und gestalten will. Kleider machen Leuten und zum Glück ist das so, viele von uns sähen ohne anständige Kleidung viel schlimmer aus (mich selbst eingeschlossen).
Zum Beispiel gab es dort wo ich früher gearbeitet habe einen Praktikanten, der ohne dass es jemand erwartet hat im Anzug gekommen und dabei geblieben ist. Auch wenn der Rest in Jeans und Pulli kam. Damit hat er sich dann ins Aus geschossen.
Mag sein, aber er hat sein Ding durchgezogen. Es gibt viele Negativbeispiele, die negativer sind als dieses. Im Beruf lieber overdressed als underdressed, wenngleich natürlich am liebsten welldressed. Runter kannst Du immer noch gehen, rauf ist oft schwieriger.
Mein Vorschlag ist, dass Du in den ersten Tagen Deinen Anzug vollständig trägst (mit Krawatte) und dich nach ein paar Tagen den Gepflogenheiten anpasst. Sollten die Gepflogenheiten tatsächlich ein dunkler Anzug ohne Krawatte sein, so kannst Du diesen Gepflogenheiten durch eine Kombination aus Blazer, Tuchhose und gemustertem Hemd immer noch vollkommen entsprechen, ohne Deine eigenen Ansprüche an geschmackvolle Kleidung abzulegen. Übrigens tragen in diesen Abteilungen viele Männer auch nur deswegen diese dümmliche Zusammenstellung, weil ihnen nichts Besseres einfällt und weil dort Frauen nichts zu sagen haben. Sobald Frauen an der Macht sind, kleiden sich viele Männer auch plötzlich etwas besser.
Diejenigen Praktikanten, die in Berufskleidung deppert aussehen, sehen vor allem deswegen deppert aus, weil das Ding nicht passt und viel zu groß oder vollkommen geschmacklos kombiniert oder ungepflegt ist. Wenn Dein Anzug den hier im Forum angelegten Maßstäben genügt, dann wird er vernünftig aussehen und kann in Kombination mit einem hellblauen Hemd und einer gut gewählten Krawatte auch so formlos aussehen, dass Du keineswegs als "was Besseres" dastehen wirst als Deine Vorgesetzen, Betreuer und Kollegen.