Der Jammer-Faden

Der Gedanke an sich ist nachvollziehbar, mir mußt Du das nicht erklären.

Aber erkläre das mal dem Bangladeshi, der seine Familie ernähren muß. Der wird kaum verstehen, daß man seine Arbeit boykottiert, weil er keinen deutschen Tarif bekommt.
Also ich an seiner Stelle würde mich da gleich doppelt verarscht fühlen. Erst von meinem ausbeuterischen Arbeitgeber - und dann von dem klugscheißenden Westler, der meint, er wisse so richtig Bescheid.


Das Perfide daran ist ja, daß auch der Ausbeuter selbst das nicht versteht, daß seine Ware zu billig ist. Wenn keiner sein T-Shirt für 2 Euro kauft, wird er wohl versuchen, für 1,80 zu produzieren...

Du verstehst das nicht. Die Bangladeshis brauchen einfach mehr Gewerkschaftssozialismus. Da ist noch immer zu viel möglich und Millionen Minimalqualifizierte müssen und können sich und ihre Familien mit ihrer Arbeit durchbringen. Zudem fahren zahllose potenzielle Gewerkschaftsführer dort noch immer keinen Porsche (elektrisch!), sondern müssen ebenfalls arbeiten. Es ist einfach ganz, ganz schlimm. Und dann stell Dir mal vor, es wäre anders. Plötzlich bekämen die Näherinnen alle €15 die Stunde plus das ganze andere Tarifklimmbimm inklusive wochenlanger Streiks, wenn der AG nicht spurt. Also die zwei Näherinnen, die von dem 100 Nasen Betrieb dann noch übrig blieben. Plötzlich müssten diese ganzen unerquicklichen Proleten in Deutschland wieder ganze Tagesverdienste in die reine Bedeckung ihrer Blöße investieren und würden schlagartig realisieren, wie unfassbar wenig dieser Staat ihnen eigentlich von ihrem Gehalt lässt. Von handgenähten Knopflöchern fangen wir lieber gar nicht erst an. Was Du da binnen kürzester Zeit an sozialen Krawallen abzuwenden hättest, damit könnte kein Klüngelbonzen Heizungsgesetz mithalten. Aber für einen ganz, ganz kurzen Moment hätten bornierte, besserverdienende deutsche Ökosozilalisten / Millionenerb:Innen mal nichts zu meckern. Und das sollte uns die Sache wert sein.
 
Entwicklungsländer können sich nur ausgehend von billiger Ausführung einfacher Tätigkeiten entwickeln, weil das das einzige ist, was sie anbieten können. Wenn man das verhindert, zementiert man den Armutsstatus von Entwicklungsländern für immer. Solange diese Entwicklung tatsächlich vorwärts geht und die geleisteten Tätigkeiten schrittweise komplexer und dadurch auch besser bezahlt werden, leistet dies einen Beitrag zur Weiterentwicklung menschlicher Lebensumstände in der Breite weitweit. Der negative Effekt beginnt da, wo diese Entwicklung von den internationalen Abnehmern absichtlich unterbrochen wird, um eine dauerhafte Abhängigkeit auf niedrigem Niveau zu manifestieren.

Und das muss auch unbedingt verhindert werden. Neben Exzessen wie brennende, zusammenstürzende Gebäude mit Näherinnen darin, verseuchter Umwelt mit Missbildungen von Kindern durch hochgiftige Chemikalien für die Produktion von Kunstseiden und Löhnen, die so niedrig sind, dass sie selbst bei einfachsten Ansprüchen in Bangladesh nicht mehr zum Überleben reichen. Um dagegen anzugehen, braucht man dort tatsächlich mehr organisierte Arbeiterschaft alias "Gewerkschaftssozialismus", weil Unternehmerausbeutung dazu noch nie eine Alternative war. Nirgendwo übrigens. Wir haben davon nur schon seit 150 Jahren profitiert und vergessen, wie es vorher war.
 
Entwicklungsländer können sich nur ausgehend von billiger Ausführung einfacher Tätigkeiten entwickeln, weil das das einzige ist, was sie anbieten können. Wenn man das verhindert, zementiert man den Armutsstatus von Entwicklungsländern für immer. Solange diese Entwicklung tatsächlich vorwärts geht und die geleisteten Tätigkeiten schrittweise komplexer und dadurch auch besser bezahlt werden, leistet dies einen Beitrag zur Weiterentwicklung menschlicher Lebensumstände in der Breite weitweit. Der negative Effekt beginnt da, wo diese Entwicklung von den internationalen Abnehmern absichtlich unterbrochen wird, um eine dauerhafte Abhängigkeit auf niedrigem Niveau zu manifestieren.

Und das muss auch unbedingt verhindert werden. Neben Exzessen wie brennende, zusammenstürzende Gebäude mit Näherinnen darin, verseuchter Umwelt mit Missbildungen von Kindern durch hochgiftige Chemikalien für die Produktion von Kunstseiden und Löhnen, die so niedrig sind, dass sie selbst bei einfachsten Ansprüchen in Bangladesh nicht mehr zum Überleben reichen. Um dagegen anzugehen, braucht man dort tatsächlich mehr organisierte Arbeiterschaft alias "Gewerkschaftssozialismus", weil Unternehmerausbeutung dazu noch nie eine Alternative war. Nirgendwo übrigens. Wir haben davon nur schon seit 150 Jahren profitiert und vergessen, wie es vorher war.

Ja… zum zweiten Absatz. Der erste vernachlässigt jedoch die Rolle, welche Bildung und ein stabiles politisches System, welches Korruption auf einem erträglichen Niveau hält, spielen.
 
Meine Herren, ich präsentiere: die Cord-Jogginghose.
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Dit is Berlin, wa?

N.H.

P.S. So fotografiert dass ich sie möglichst wenig anfassen musste, ich bitte die suboptimale Präsentation zu entschuldigen.

So eine habe ich in einem ocker-senfgelb. Die ist mega bequem; wenn ich sie das nächste Mal trage, teile ich die Fotos mit euch. ;)



Das kann auch gut aussehen: https://www.john-crocket.de/collect...opie-von-cordhose-brisbane-moss-farbe-altrosa
(Auch wenn ich diese Hose mit einem anderen Pullover kombinieren würde.)
 
Ja… zum zweiten Absatz. Der erste vernachlässigt jedoch die Rolle, welche Bildung und ein stabiles politisches System, welches Korruption auf einem erträglichen Niveau hält, spielen.

Das Thema ist wohl komplexer als sich darstellen lässt, oder als sich pseudofaschistische Ausbeuter so ausmalen.

Wenn ich den aktuellen Stand von Entwicklungshilfe (als Forschungsbereich) richtig verstanden habe ist es wohl so dass man die Generation der heutigen ungebildeten Einfacharbeiter "verloren" geben muss, für die wird sich substantiell nichts ändern. Ansatz ist die Folgegeneration, wie bluesman richtig sagte geht es darum von der aktuellen Situation ausgehend eine Entwicklung, keinen Sprung, anzustreben. Dazu gehören das Durchsetzen von akzeptableren Arbeitsbedingungen, die Zahlung von (lokal fairen) Tariflöhnen, Ermöglichung von Bildung für die kommende Generation durch Schulen und faktischen Schulbesuch. Einfach mal ins Geschichtsbuch gucken, Deutsches Reich, 2. Hälfte 19. Jhd ungefähr. ;)

Und da das alles Kapitalismus ist und der Käufer einen massiven Einfluss hat: Unterbinden von Druck der zu einem race to the bottom bei den Produzenten führt. Da hat sich in den letzten Jahren einiges getan, faire Bedingungen sind ein Marketingargument, und oft mehr als das, weil es sonst kein Argument wäre, zuletzt das Lieferkettengesetz - der Käufer ist stark verantwortlich für die Produktionsbedingungen, das wird immer mehr erkannt.

N.H.
 
Das Thema ist wohl komplexer als sich darstellen lässt, oder als sich pseudofaschistische Ausbeuter so ausmalen.

Wenn ich den aktuellen Stand von Entwicklungshilfe (als Forschungsbereich) richtig verstanden habe ist es wohl so dass man die Generation der heutigen ungebildeten Einfacharbeiter "verloren" geben muss, für die wird sich substantiell nichts ändern. Ansatz ist die Folgegeneration, wie bluesman richtig sagte geht es darum von der aktuellen Situation ausgehend eine Entwicklung, keinen Sprung, anzustreben. Dazu gehören das Durchsetzen von akzeptableren Arbeitsbedingungen, die Zahlung von (lokal fairen) Tariflöhnen, Ermöglichung von Bildung für die kommende Generation durch Schulen und faktischen Schulbesuch. Einfach mal ins Geschichtsbuch gucken, Deutsches Reich, 2. Hälfte 19. Jhd ungefähr. ;)

Und da das alles Kapitalismus ist und der Käufer einen massiven Einfluss hat: Unterbinden von Druck der zu einem race to the bottom bei den Produzenten führt. Da hat sich in den letzten Jahren einiges getan, faire Bedingungen sind ein Marketingargument, und oft mehr als das, weil es sonst kein Argument wäre, zuletzt das Lieferkettengesetz - der Käufer ist stark verantwortlich für die Produktionsbedingungen, das wird immer mehr erkannt.

N.H.

Nur eben leider nicht bei Shein.com
 
Letztlich ist nicht nur jeder für seinen Konsum verantwortlich, sondern hat auch seine eigenen individuellen Befindlichkeiten, was für ihn gerade noch oder eben nicht mehr okay ist. Und die basieren oft auf subjektiven Wertmaßstäben, die für andere nicht immer nachvollziehbar sind, manchmal sogar bigott anmuten.

Für mich persönlich habe ich entschieden, nichts mehr zu boykottieren, weil das doch schnell kompliziert wird. Stattdessen vermeide ich, was weniger strikt ist, so gut es eben geht. Das ist natürlich auch subjektiv.
Ein paar Beispiele für mein Vermeidungsverhalten:
Ich vermeide (so gut es eben geht)
- Produkte aus Ländern, die versuchen, ihr Territorium zu expandieren, namentlich China (nicht ganz einfach in diesem Fall), Rußland, Türkei und Israel
- Produkte von Betrüger-Firmen, die lieber Heerscharen von Anwälten beschäftigen als ihre Kunden zu entschädigen, z. B. Volkswagen
- Firmen mit penetranter Werbung (, was auch nicht ganz einfach ist, siehe Mobilfunknetze, da nerven gleich alle Anbieter)

Dem Bangladeshi, der im Sweatshop malocht, wünsche ich natürlich eine Verbesserung seiner Arbeitsbedingungen. Aber ob's ihm hilft, wenn ich meinen Konsum weg verlagere... naja...

Guten Start in die neue Woche allerseits!
 
Was mich bei Shein irritiert ist dass scheinbar in den Ländern in denen die Produkte gekauft werden, die geltenden Gesetze bzgl. Schadstoffen nicht konsequent eingefordert werden. Natürlich ist das im Oninehandel über Ländergrenzen hinweg schwierig, aber das wäre für mich ein erster Schritt,.

Die geltenden Umweltstandards konsequent einfordern und die Öffentlichkeit über die Schadstoffbelastung zu informieren. So neurotisch wie ein Großteil der Deutschen reagiert, müsste letzteres doch viel mehr bewirken als viele andere Maßnahmen.

Wenn das dann dazu führte, dass die Hersteller tatsächlich schadstoffärmer produzieren, dann wäre damit auch den Arbeitern in den Sweatshops geholfen.

Wie bei so vielem. Die Gesetze gibt es, sie konsequent von denen einzufordern, die mit dem Verstoß dagegen Reibach machen ist das Problem.
 
Dem Bangladeshi, der im Sweatshop malocht, wünsche ich natürlich eine Verbesserung seiner Arbeitsbedingungen. Aber ob's ihm hilft, wenn ich meinen Konsum weg verlagere... naja...
Ich weiss nicht ob die Argumentation "wenn ich ihn nicht ausbeute macht es jemand anders / dann verhungert er ja" (denn darauf läuft es hinaus) die Lösung ist. Für Freunde der unterkomplexen Lösungen wie unseren Jackie ist das so, das hört man ja immer wieder, aber mMn funktioniert das nicht. Das ist Selbstbetrug für Leute deren Gewissen sich mit so schwachen Argumenten beruhigen lässt.

Ich kann als Konsument klar signalisieren: solange die Bedingungen so sind wie ich sie für problematisch halte verlagere ich meinen Konsum. Da letzten Endes die Einkäufer (also die, die mir was verkaufen wollen) maßgeblich die Bedingungen beeinflussen sollte das dazu führen dass sie zu besseren Bedingungen produzierte Ware anbieten. Bis dahin signalisiert jedes meiner Zimmerli-Unterhemden, und jedes Trigema-Poloshirt[1], dass es einen Markt für i.w. sauber produzierte Produkte gibt.

N.H.

[1] Keine 100%, wie Du so schön zusammengefasst hast: vermeiden, nicht boykottieren.
 
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