Der Jammer-Faden

Ich bin fest überzeugt, dass Vernunft und Verantwortung bei Corona falsch eingeschätzt wird - auch hier im Forum. Die hiesige Perspektive rationaler, halbwegs verantwortungsvoller Menschen lässt sich nicht auf die Allgemeinheit übertragen. Es gibt in Summe eine ziemliche Anzahl vollkommen bedenkenloser und verantwortungsloser Gestalten, welche ein Infektionsgeschehen komplett versaubeuteln.

Wo Bespaßung, Saufen oder Hoffnung auf Vermehrung wichtiger ist als Rücksichtnahme, hauen die drauf. Wo geschwurbelt wird, hauen die drauf. Wo der Clan wichtiger ist als die Gemeinschaft, hauen die drauf. Wo Leute schlichtweg saudumm sind, hauen die drauf. Nicht rational adressierbar, nicht emotional adressierbar. Da hilft nix außer stoppen.

Vergleicht das einfach mal mit einem besoffenen Autofahrer. Wenn der sich selbst um einen Baum wickelt, ists nur schade ums Gehölz, das Auto und die Retter. Wenn der andere in einen Unfall reinzieht, ist das nicht tolerabel. Aus gutem Grund gibt es entsprechende Restriktionen. Verbreitbare Infektionen sind nun mal nicht ein "persönliches Ding". Automatisch können andere mit hereingezogen werden. Hier sehe ich zu oft Unvernunft, Egoismus oder Idiotie, als dass man auf Eigenverantwortung setzen kann.

Bitte verwendet nicht die Perspektive gebildeter, nachdenklicher Menschen mit guter Sozialisierung für die _Gesamt_lage. Da draußen laufen auch ganz andere herum.
 
Es sind bislang mehr als 90000 Menschen gestorben. Und zwar trotz der Maßnahmen. Wie hoch, glaubst Du, wären die Sterberaten ohne diese Maßnahmen gewesen? 500000? 1000000? Leichenberge wie in Bergamo, New York oder Mumbai? Wäre das dann immer noch reichlich hochstilisiert? Es gibt doch reichlich internationale Beispiele dafür, was passiert, wenn man es laufen lässt, auch jetzt noch in diesem Moment.

Du beurteilst die Maßnahmen anhand einer Realität, die erst durch ihre Anwendung zustande gekommen ist. Das tun in der Tat auch nach 18 Monaten Pandemie viele Menschen und es ist ein ganz offensichtlicher logischer Fehler.

(...)
Eigentlich wollte ich ja nicht mehr zu Corona schreiben, aber da du dir die Zeit genommen hast, auf meinen Beitrag zu antworten, antworte ich doch nochmal zu dem Thema. Außerdem kann ich deine Argumentation durchaus nachvollziehen und kenne diese auch aus meinem persönlichen Umfeld.

Ich vermute, du beziehst dich mit den mehr als 90000 Menschen auf diese Statistik des RKI:
https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Fallzahlen.html
Gemessen an den registrierten Fällen ergibt sich eine prozentuale Sterblichkeit von ca. 2,44%. Das klingt erstmal recht viel und du hast recht, bei einer Bevölkerung von ca. 82 Mio. wären das über zwei Mio. Menschen. Ich finde aber auch sinnvoll, die betroffenen Altersgruppen zu betrachten (Statistisches Bundesamt):
https://de.statista.com/statistik/d...-in-deutschland-nach-geschlecht/#professional
Ich entnehme, dass die Corona-Sterblichkeit ab den 60ern, 70ern exponentiell steigt und die Altersgruppe bis 49 im Prinzip fast gar nicht betroffen ist. Warum schließt man dann alle Schulen? In Fällen, in denen Schüler oder Eltern Risikopatienten sind (Krebs, Asthma,...) war ein unkompliziertes und unbürokratisches Distanzbeschulen möglich. Ebenso in den Haushalten, in denen Großeltern leben, die allein durch ihr Alter gefährdet sind. Da stellt sich mir durchaus die Frage nach der Verhältnismäßigkeit, denn Jugendliche total zu isolieren, führt letztlich zu schwereren seelischen Schäden als eine Coronainfektion.
Ich stimme dir auch dahingehend zu, dass man Dinge auch aus der persönlichen Erfahrung bewertet. Ich habe in erster Linie Umgang mit Menschen zwischen 14 und 60. Dementsprechend waren die Covidverläufe im Bekanntenkreis auch mild bis (nur) mittelschwer (drei Wochen starker Husten, bisher keine Spätfolgen). Meine ,,Schwiegeroma´´ ist zwar mit/an Corona gestorben, aber sie war kurz vor 92 und wäre vermutlich - ich meine das vollkommen ohne Polemik - auch an einer Influenza oder einer Magen-Darm-Grippe gestorben.
Vllt. noch ein zusätzlicher politischer Aspekt: Die Bundesnotbremse war ein massiver Eingriff in den Föderalismus (vgl. Art.20 GG), ob das bei 2,44% Sterblichkeit angemessen ist, obliegt auch der individuellen Bewertung.
 
Ich bin fest überzeugt, dass Vernunft und Verantwortung bei Corona falsch eingeschätzt wird - auch hier im Forum. Die hiesige Perspektive rationaler, halbwegs verantwortungsvoller Menschen lässt sich nicht auf die Allgemeinheit übertragen. Es gibt in Summe eine ziemliche Anzahl vollkommen bedenkenloser und verantwortungsloser Gestalten, welche ein Infektionsgeschehen komplett versaubeuteln.

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Bitte verwendet nicht die Perspektive gebildeter, nachdenklicher Menschen mit guter Sozialisierung für die _Gesamt_lage. Da draußen laufen auch ganz andere herum.
Da stimmt ich zu. Ergänzend zu meinen obigen Ausführungen war ich sehr verwundert, dass während einer Pandemie im letzten Sommer Menschenmassen an die Strände gepilgert sind, um sich dort wie die Ölsardinen hinzulegen. Das verstehe ich auch nicht...
 
Eigentlich wollte ich ja nicht mehr zu Corona schreiben, aber da du dir die Zeit genommen hast, auf meinen Beitrag zu antworten, antworte ich doch nochmal zu dem Thema. Außerdem kann ich deine Argumentation durchaus nachvollziehen und kenne diese auch aus meinem persönlichen Umfeld.

Ich vermute, du beziehst dich mit den mehr als 90000 Menschen auf diese Statistik des RKI:
https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Fallzahlen.html
Gemessen an den registrierten Fällen ergibt sich eine prozentuale Sterblichkeit von ca. 2,44%. Das klingt erstmal recht viel und du hast recht, bei einer Bevölkerung von ca. 82 Mio. wären das über zwei Mio. Menschen. Ich finde aber auch sinnvoll, die betroffenen Altersgruppen zu betrachten (Statistisches Bundesamt):
https://de.statista.com/statistik/d...-in-deutschland-nach-geschlecht/#professional
Ich entnehme, dass die Corona-Sterblichkeit ab den 60ern, 70ern exponentiell steigt und die Altersgruppe bis 49 im Prinzip fast gar nicht betroffen ist. Warum schließt man dann alle Schulen? In Fällen, in denen Schüler oder Eltern Risikopatienten sind (Krebs, Asthma,...) war ein unkompliziertes und unbürokratisches Distanzbeschulen möglich. Ebenso in den Haushalten, in denen Großeltern leben, die allein durch ihr Alter gefährdet sind. Da stellt sich mir durchaus die Frage nach der Verhältnismäßigkeit, denn Jugendliche total zu isolieren, führt letztlich zu schwereren seelischen Schäden als eine Coronainfektion.
Ich stimme dir auch dahingehend zu, dass man Dinge auch aus der persönlichen Erfahrung bewertet. Ich habe in erster Linie Umgang mit Menschen zwischen 14 und 60. Dementsprechend waren die Covidverläufe im Bekanntenkreis auch mild bis (nur) mittelschwer (drei Wochen starker Husten, bisher keine Spätfolgen). Meine ,,Schwiegeroma´´ ist zwar mit/an Corona gestorben, aber sie war kurz vor 92 und wäre vermutlich - ich meine das vollkommen ohne Polemik - auch an einer Influenza oder einer Magen-Darm-Grippe gestorben.
Vllt. noch ein zusätzlicher politischer Aspekt: Die Bundesnotbremse war ein massiver Eingriff in den Föderalismus (vgl. Art.20 GG), ob das bei 2,44% Sterblichkeit angemessen ist, obliegt auch der individuellen Bewertung.
So eine Rechnung kommt halt heraus, wenn man das Konzept der Menschenwürde und die Funktionen von Grundrechten nicht verstanden hat.
Eine Abwägung, welches Leben (noch) wieviel wert ist, findet in Deutschland aus guten Gründen seit 1946 nicht mehr statt.
 
Wo Bespaßung, Saufen oder Hoffnung auf Vermehrung wichtiger ist als Rücksichtnahme, hauen die drauf. Wo geschwurbelt wird, hauen die drauf.
Eine Mischung aus Ignoranz und Reaktanz. Mir kann niemand glaubhaft versichern, dass man sich unbedingt mit hunderten Menschen, am besten noch in Innenräumen treffen muss, um die genannten drei Dinge zu tun. Anders gefragt, wozu hundert Statisten dazubitten, wenn zur Paarung zwei reichen? Mittlerweile sollte doch wirklich jeder verstanden haben, dass es darum geht, die Anzahl der Kontakte und vor allem den Kontakt zwischen verschiedenen Clustern zu verringern. Mit >99% der Menschen auf einem Besäufnis oder im Club hat man ohnehin nichts zu tun, da kann man sich auch einfach mit wenigen Leuten treffen, an denen einem wirklich etwas liegt. Stattdessen tun alle so, als gebe es keine Mitte zwischen vollständiger Isolation und Ballermann.
Warum schließt man dann alle Schulen? In Fällen, in denen Schüler oder Eltern Risikopatienten sind (Krebs, Asthma,...) war ein unkompliziertes und unbürokratisches Distanzbeschulen möglich. Ebenso in den Haushalten, in denen Großeltern leben, die allein durch ihr Alter gefährdet sind. Da stellt sich mir durchaus die Frage nach der Verhältnismäßigkeit, denn Jugendliche total zu isolieren, führt letztlich zu schwereren seelischen Schäden als eine Coronainfektion.
Weil ein nicht geringer Teil Langzeitfolgen davonträgt. Zugegebenermaßen, die Studienlage divergiert deutlich und viele sind methodisch unglaublich schlecht gemacht und nicht geeignet, zwischen lockdownassozierten und virusinduzierten Symptomen zu unterscheiden. Durch weniger Sport, Isolation und viel mehr Bildschirmzeit steigt natürlich auch die Prävalenz von Müdigkeit, Kopfschmerzen und ähnlich unspezifischen Symptomen, außerdem bilden sich in vielen Fällen postvirale Symptome mit der Zeit zurück. Trotzdem gibt es auch Kinder und Jugendliche, die, obwohl vormals sportlich und aktiv, nun nach einem Jahr immer noch kaum drei Treppenstufen steigen können und das ist sicher weder Dekonditionierung noch psychisch bedingt (zumal man tw auch organische Veränderungen messen kann). Wie viele wirklich stark betroffen sind, weiß man nicht, aber durchaus mehr als nur einzelne Kinder. Hinzu kommt, dass durch offene Schulen die Inzidenz insgesamt über alle Altersgruppen ansteigt, weil Infektionsketten irgendwann so lang werden, dass man bei zu vielen Fällen Risikogruppen einfach nicht mehr schützen kann.

Jugendliche "total zu isolieren" halte ich aber auch für eine schlechte Idee, wobei ich hier dem Sport noch einen höheren Stellenwert als dem Präsenzunterricht einräumen würde. Denkbar wäre aus meiner Sicht Klassen in Kleingruppen aus 4-6 Kinderrn zu unterteilen, die tagsüber zusammen bei einem der Gruppenmitglieder zuhause lernen und sich auch sonst privat unbegrenzt treffen dürfen und an zwei Tagen zeitversetzt Präsenzkontakt mit dem Lehrer haben.
 
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