Der Jammer-Faden

Nein, und es ist auch kein Boss-Label am Ärmel eingenäht, das man demonstrativ noch dranlassen könnte.
Dachte immer das sei ein Klischee. Letzte Woche im Kaffeehaus ist einer neben mir gesessen, der hatte tasächlich ein Label am Ärmel aufgenäht. Ja und es war tatsächlich Boss. Das Ding hat mich so sehr abelenkt, dass ich meinen Kaffee nicht richtig genießen konnte. Windeln hat der Herr keine mehr gebraucht. Der war bestimmt um die 40. Er streckte mir sein Ding ja fast in die Nase. Wedelte und fuchtelte damit die ganze Zeit vor sich herum. Ich habe gefühlte 10 Minuten überlegt ob ich ihm nahelegen soll dass man das so nicht trägt. Unter keinen Umständen! Selbst Pizza mit Obersauce ist nicht so schlimm. Habe mich dann dazu entschieden ihm das Ding entgültig zu entfernen und es abzuschneiden.
Zum Glück hat er dann bezahlt und war endlich weg. Hat sich also erledigt.
So viel zu Klischees. Als ob da nicht manchmal ein Körnchen Wahrheit dran wäre.

Grüße, André.
 
Dachte immer das sei ein Klischee. Letzte Woche im Kaffeehaus ist einer neben mir gesessen, der hatte tasächlich ein Label am Ärmel aufgenäht. Ja und es war tatsächlich Boss.
Vielleicht handelt es sich schlicht um eine Art -maßstäblich weitaus geringeres- Reenactment der Anzugkauf-Geschichte von Thomas Bernhard anlässlich der Verleihung des Grillparzerpreises ?:
Thomas Bernhard fasst kurz vor der Verleihung den Entschluss, sich einen Anzug zu kaufen, da er nicht in Hose und Pullover erscheinen könne -
er sucht hierfür (und Socken, Krawatte, Hemd von 'Arrow') das Geschäft 'Sir Anthony' auf, "in welchem die Anzüge der Firmen 'Chester Barry' und 'Burberry' zu haben sind". Es wird dann ein 'Barry' und schon bei einem kurzen Gaststättenbesuch vor der Verleihung fühlt sich der Anzug deutlich zu eng an.
Nach der entsprechend unterhaltsam geschilderten Preisvergabe ("ja, wo ist denn der Dichterling ?" etc.) und Quasi-Flucht mit einigen Freunden in die 'Gösser Bierklinik', steigert sich das Gefühl des viel zu engen Anzugs und bei 'Sir Anthony' wird gleich danach forsch und sehr bestimmt, aber auch äußerst höflich, ein Umtausch in das eine Nummer größere gleiche Modell verlangt.

Der Gedanke, dass der zur Verleihung des Grillparzerpreises getragene Anzug nun von jemand anderem gekauft wird, führt aufgrund der Absurdität zu Heiterkeit, die Zuvorkommenheit des Geschäfts wird dankend erwähnt.
(Und bestimmt war es die bessere Wahl im Vergleich zum 'Burberrie' ;))

Vielleicht beabsichtigte der Herr im Kaffeehaus ebenfalls einen unverzüglichen Umtausch -
bei 'Boss' natürlich dann in eine Nummer kleiner, eh klar... :D
 
Unter mir fand anscheinend eine Party statt. Es sei erwähnt, dass wir ein Kommunikationsboard im Haus haben, wo jeder Ankündigungen machen kann. Dieses war aber leer als ich nach Hause kam.

Bis 2200 hat mich der Lärm nicht stören dürfen, und ich bin davon ausgegangen, dass es ab 2200 leiser wird. Um 2300 wartete ich noch immer. Um 2400 auch noch.

Um 0030 bin ich runter und habe Sturm geläutet. Nicht die Mieter öffnen sondern ein Anfangs/Mitzwanziger Schlacks. In der einen Hand den Türknauf in der anderen eine Bierflasche.

"Ich brauche jetzt wohl nicht zu erklären, weshalb ich um diese Zeit hier stehe", herrsche ich ihn mit Nachdruck an.

"Eeeh, - Keine Ahnung.", sagt der Depp und mein Hals schwillt an.

"2200 Uhr. Ruhestörung.", versuche ich nur noch mühsam beherrscht ihm auf die Sprünge zu helfen.

Mittlerweile taucht noch ein Kopf mit Bierflasche in der Hand aus den Tiefen des Flurs auf. Aber auch keiner der Mieter. Mir platzt der Kragen: "Ruhestörung - Schicht im Schacht!", sage ich im Kommandoton, schaue abwechselnd beide an. Es kommt keine Widerrede, sage höflich aber schneidend "Danke." und stolziere wieder in meine Wohnung.

Es war sofort mucksmäuschenstill, binnen 10 Minuten haben alle das Haus verlassen.

Und ich fühle mich jetzt schlecht, weil natürlich hätte ich erstmal darum bitten können leiser zu sein. War ja auch einmal jung. Aber dieses asoziale, nicht miteinander Kommunizierens im Vorfeld, die fehlende Rücksicht auf Gesetze und Hausbewohner, das Nichterscheinen der Mieter - das war mir zuviel.

Und trotzdem fühle ich mich jetzt schlecht, was der Grund zum Jammern ist.
 
Mach Dir keine Gedanken - Du hast alles richtig gemacht ;) Das Ganze hat Dich ja noch bis kurz nach halb zwei wachgehalten... was hättest Du sagen sollen? Langwierige Diskussionen? "Also wirklich, ich find' das jetzt echt nicht gut, dass ihr so spät noch Ramba Zamba macht. Könntet Ihr bitte die Musik etwas leiser drehen? Echt nett, danke!"

Nee, manchmal ist eine klare Ansage das Beste!:D
 
...
Thomas Bernhard fasst kurz vor der Verleihung den Entschluss, sich einen Anzug zu kaufen, da er nicht in Hose und Pullover erscheinen könne - ...

Ist dieses Bernhard-Anekdötchen tatsächlich so verbrieft, hat er es selbst zum Besten so gegeben? Man glaubt es kaum, erscheint doch's Antlitz des ehemals meistverhassten, und das will was heißen, Österreichers mit der hohen Stirn vor innerem Auge in zweigeteiltem Anthrazit. Wo ich gerade dabei bin, ja, was heißt das eigentlich und was sagt dies über den Österreicher seinerzeit an sich? Ach, wenn ich es recht bedenke, man will es vielleicht auch gar nicht wissen. Nein - wirklich nicht.
 
Um 0030 bin ich runter und habe Sturm geläutet. (...) Und ich fühle mich jetzt schlecht, weil natürlich hätte ich erstmal darum bitten können leiser zu sein.

Ich würde mich an Deiner Stelle auch schlecht fühlen. Denn ich hätte auch schon um 2230 meine Ruhe haben können, habe aber bis 0030 gewartet. ;)

Nein, ganz im Ernst: Alles richtig gemacht. Schlecht fühlen sollten sich diejenigen, die andere rücksichtslos um den Schlaf bringen. Solchen Leuten wünsche ich einen Frühschicht-Beruf, z.B. Bäcker oder in der Produktion (um 6 am Band stehen). Dann wären das die ersten, die um Punkt 10 Ruhe einfordern.
 
Im Ernst? Wiederholt wird hier ein vorwarnungsloses Anbrüllen als "alles richtig gemacht" empfunden? In einem Stilforum?

Ich habe volles Verständnis, und ich kann nicht behaupten dass ich es besser gemacht hätte. Aber der richtige Weg wäre ein anderer gewesen. IMO.
 
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