Corona & Finanzmärkte

Zumindest das gerechteste, was die gesamte Menschheit bisher in der Praxis umsetzen konnte.
Das war doch der Ausgangspunkt der Diskussion. Wenn @AmicoE.Z. jetzt kleine Solidargemeinschaften als Gegenbeispiel bringt, widerlegt das die oben genannte Aussage leider nicht, sondern bestätigt sie vielmehr.

Es bleibt also dabei: Etwas besseres als die soziale Marktwirtschaft gibt es in der Praxis schlichtweg nicht.
 
Einige Personen aus meinem Bekanntenkreis sind in ähnlicher Richtung unterwegs. Auch wenn ich selbst ein Zweifler diesbezüglich bin, erschrecken mich die teils sehr oberflächlichen Antworten auf Deinen Beitrag. Schade.
Es ist doch sehr erfreulich, daß es überhaupt sachliche, nüchterne Reaktionen auf meine Beiträge gibt. Obwohl das Thema ideologisch teils sehr aufgeladen wird, zeigt dies, daß man also vernünftig darüber sprechen kann, führt ersteres doch nur zur Verbreitung von Angst, Haß und Zwietracht.
Ich stelle hier keine fertigen, statischen und unbeweglichen Pläne auf, da ich ebenso ein Zweifler bin wie Du. Zwar bezweifle ich nicht die generelle Lebbarkeit solcher Ideen, denn der Mensch existiert seit etwa 2 Mio. Jahren (H. sapiens seit 196.000 Jahren), seit 5000 Jahren erst in staatlichen und seit nur etwa 300 Jahren in technokratisch-kapitalistischen Gesellschaften. Vor den Häuptlingsgesellschaften, in denen wir immernoch leben, bestanden friedliche akephale, segmentäre Gemeinschaften (welche es heute noch gibt, teilweise mit Bevölkerungszahlen von einigen Zehn- oder Hunderttausenden bis hin zu mehreren Millionen, die Tallensi sind ein Beispiel) also ist mir nicht verständlich, warum es dem modernen Menschen qua natura unmöglich sein sollte, friedlich, in Gleichheit und Würdigkeit, zusammenzuleben. Die momentanen Gesellschaftsformen sind jedoch derartig strukturiert, daß auch die vielen in ihnen lebenden Menschen ihre grundsätzlichen Bedürfnisse befriedigen können, aber ausgebeutet und regiert werden. Man stellt ihnen Essen, Brot und Spiele (oder, besser, aber seltener: Kultur) zur Verfügung, ermöglicht auch den Armen (quantitativ) reichlichen Konsum (mithilfe von Primark, Kik, Ernsting's Family...) und, am wichtigsten, produziert viel Alkohol und andere Drogen, damit sie die Ungemache des Alltags betäuben können. Bei all dem ist es natürlich schwierig, daß sich ein Bewußtsein zur sozialen Veränderung bildet - deshalb ist es wichtig, mit vielen Menschen über die Zustände unseres Zusammenlebens zu sprechen. Trotzdem weiß ich nicht, wie oder ob diese Bewußtwerdung überhaupt in einem großen Rahmen geschehen kann oder wird.
Unbewegliche Konzepte zu Wegen des Mitlebens führen nichtsdestoweniger, das lehren uns die Versuche des Kommunismus, nur zu Totalitarismus und Terror. Was ich erwähnte, sind also zunächst Beispiele, Vorschläge, Denkanstöße.
Anfang und Ausgang derartiger Phantasien sind bekannt, von Orwells „Farm der Tiere“ bis zum Schreckensregime der Roten Khmer.
Das ist so nicht richtig. Die autoritären Kommunisten -von denen Du hier sprichst- befürworteten Organisationsformen, wie ich sie genannt habe, noch nie - im Gegenteil: ihr Ziel ist es, die Macht im Staate zu ergreifen und bestehende militär-polizeiliche Strukturen ihrem Zweck anzupassen, um "den neuen Menschen" zu erzeugen. Pierre-Joseph Proudhon, einer der ersten, die den Kapitalismus nicht durch einen Staatsstreich, sondern genossenschaftliche Solidargemeinschaften überwinden wollten, wurde von Marx und Engels öffentlich verspottet und beleidigt. Die Ausrichtung der Kommunisten, auf diesem Wege die Macht zu erlangen, führt, wie uns die Geschichte lehrt, zu Terror, Krieg, und Überwachung, setzt also die bestehenden Verhältnisse unter anderem Namen (noch schlimmer) fort (nach kurzer Zeit denken und handeln die Herrschaften in den Zentralräten dann ebenso bourgeois wie jene, die sie zuvor aufs Schafott geführt haben, sichern sich ihre Privilegien und Posten und spätestens dann ist die "Revolution" vorbei). In Rußland war das ebenso. Die ersten, welche die Tscheka in Rußland nach dem Putsch der Bolschewiki und dem Sieg über die Zaristen vor die Wand stellte, waren freiheitliche Sozialisten, Pazifisten und Befürworter einer ernsthaften und tiefgreifenden Veränderung zu Formen des Gemeinschaftslebens, wie ich sie hier schildere. Die wirkliche tiefgreifende Veränderung beginnt im Willen eines jeden einzelnen. Man kann sie nicht erzwingen - damit erreicht man nur das Gegenteil.

Lang lebe die freie Marktwirtschaft.
Unter dem Banner des Kapitalismus/der freien Marktwirtschaft wurden auch so viele Grausamkeiten verübt. Betrachte nur die Kollaborationen der US-Regierung mit Diktatoren und die Unterstützung (oder auch Herbeiführung) von Terrorstaaten in gesamt Lateinamerika (Argentinien, Brasilien, Chile, Costa Rica, Cuba, El Salvador, Guatemala, Nicaragua, Panama, Paraguay, Peru, Uruguay), die Tausende "verschwinden ließen", unterdrückten, folterten, von Todesschwadronen umbringen ließen, in Gefängnisse warfen... Meistens hatten diese Interventionen den Zweck, amerikanische wirtschaftliche Interessen zu wahren oder sozialistische Bewegungen niederzuwerfen.
 
Zum eigentlichen Thema dieses Strangs zurück:

Für mich ist es doch irritierend, wie schnell die Finanzmärkte die Realität ignoriert haben. Damit meine ich nicht nur den Umstand, dass sich das Coronavirus weiter ausbreitet, insbesondere auch in den USA, sondern auch die katastrophale Realwirtschaft.Gerade in den USA ist die gegenläufige Entwicklung ziemlich irre: Auf der einen Seite grassiert ein Virus und die Ansteckungszahlen steigen, Läden sind geschlossen, die Wirtschaft liegt am Boden, fast 50 Millionen Arbeitslose. Auf der anderen Seite klettern die Börsenkurse immer weiter in Richtung ihrer einstigen Höchstkurse.
 
Zum eigentlichen Thema dieses Strangs zurück:

Für mich ist es doch irritierend, wie schnell die Finanzmärkte die Realität ignoriert haben. Damit meine ich nicht nur den Umstand, dass sich das Coronavirus weiter ausbreitet, insbesondere auch in den USA, sondern auch die katastrophale Realwirtschaft.Gerade in den USA ist die gegenläufige Entwicklung ziemlich irre: Auf der einen Seite grassiert ein Virus und die Ansteckungszahlen steigen, Läden sind geschlossen, die Wirtschaft liegt am Boden, fast 50 Millionen Arbeitslose. Auf der anderen Seite klettern die Börsenkurse immer weiter in Richtung ihrer einstigen Höchstkurse.

Falls Du nicht eh schon im Wertpapier-Forum unterwegs bist, dann sei auf diesen Beitrag hingewiesen, der eine ganz einleuchtende Erklärung liefert.
 
Falls Du nicht eh schon im Wertpapier-Forum unterwegs bist, dann sei auf diesen Beitrag hingewiesen, der eine ganz einleuchtende Erklärung liefert.

Ja,in jedem Fall lesenswert aber leider teilweise auch sehr langatmig.

In jedem Fall richtig ist, dass unglaubliche Mengen an Geld in die Märkte gepumpt werden, von denen, zumindest bisher, nur ein begrenzter Teil in den Konsum fließt. Der andere, beträchtliche Teil, will irgendwie angelegt oder besser gesagt verwahrt werden. Beim aktuellen Zinsniveau und hohen Edelmetall und Immobilienpreisen bleiben eben Aktien. Dabei treiben USA und Asien die Märkte weitaus stärker als Europa. Amerikanische Fonds und insbesondere Pensionskassen pumpen weiterhin massiv Geld in den Aktienmarkt. Seit Jahren wird Anlegern gepredigt in ETFs zu investieren. Damit entsteht eine Zwangsläufigkeit, wonach die Großen immer noch höher bewertet werden, bis sie vielleicht komplett abstürzen.
Die Inflation geschieht heute nicht mehr in der Realwirtschaft, sondern vollzieht sich in den Aktienmärkten!

Das wird so weitergehen bis die Zinsen wieder steigen. Daran glaube ich aber nicht, denn Staaten haben nur zwei Optionen um eine hohe Verschuldung zu neutralisieren: Inflation, also Geldentwertung, oder Nullzinsen, dann kostet das Kreditvolumen quasi nichts oder verdient sogar noch real Geld bei Minuszinsen.

Meine ursprüngliche Einschätzung eines Weiteren Crashs war also zumindest zum jetzigen Zeitpunkt falsch. Solange sich nichts Grundlegendes ändert (Zinspolitik) werden Aktien weiter steigen.
 
In jedem Fall richtig ist, dass unglaubliche Mengen an Geld in die Märkte gepumpt werden, von denen, zumindest bisher, nur ein begrenzter Teil in den Konsum fließt. Der andere, beträchtliche Teil, will irgendwie angelegt oder besser gesagt verwahrt werden.

Ich finde folgenden Absatz interessant: "Die Makroökonomen der FED und der EZB können die ausbleibende Inflation jedenfalls allesamt nicht wirklich erklären. Es gibt anekdotische Erklärungsversuche mehr nicht. Deflationär wirkende technologische Innovation ist eine sicherlich korrekte davon. Denn das das Shopping al la Amazon deflationär wirkt, dürfte klar sein. Auch die Globalisierung wirkt sicher stark deflationär. Trotzdem kann das nicht alles sein, denn die Geldmengenausweitungen sind dramatisch. Eine weitere Vermutung ist, dass die Kreditverbilligung nicht mehr so recht wirkt, weil sich alle schon stark an Ihr mentales oder sonstiges Limit verschuldet haben. Mehr geht einfach nicht. Auch die Altersvorsorge-Sicht der Teilnehmer mag sich in ZIRP Zeiten grundlegend verändert haben. Weil die Renditen alle gegen null tendieren muss man für die Altersvorsorge mehr sparen, so dass die Geldmengen absorbiert werden und nicht in den Konsum gehen."

Ich merke selbst, wie ich mich mit dem Konsum zurückhalte, weil a) die Preise noch fallen dürften und b) ich mir so langsam um die Rente Sorgen machen muss.
 
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