Vielen Dank für die umfangreichen Hinweise und Empfehlungen! Da mein Budget mit 200-300€ pro Werk recht beschränkt ist, dachte ich eben an obige Lösung. Ich denke aber ich sollte mich erst mal in die Kunstszene von Berlin begeben - ich denke die gibt sehr viel her!
In Berlin gibt es inzwischen eine große und tolle Szene. Da kann ich Sie nur beneiden. Ich wohne in der Provinz, allerdings in einer, die auch eine außergewöhnlich rege Szene aufweist.
Ich habe auch nicht mit einem größeren Budget angefangen zu sammeln. Es war sogar eher kleiner, da ich schon als Primaner mein Taschengeld in ein Grafikabonnement bei einer Münchener Galerie investiert habe. Die war auf Surrealismus und Manierismus (Ernst Fuchs etc.) spezialisiert. Heute finde ich diese Sachen grauenhaft. Ich werde die Grafiken demnächst bei Ebay einstellen, da sie ohnehin nur in der Schublade liegen.
Es gibt übrigens (u.a. in Karlsruhe, Düsseldorf oder München) Ausstellungen der Abschlussklassen von Akademiestudenten. Das gibt es sicher auch in Berlin. Da sollten Sie mal hingehen. Seien Sie allerdings gewarnt. Nur etwa zehn Prozent der dort gezeigten Arbeiten taugen in der Regel etwas. Es macht aber Spass dort auf Talentsuche zu gehen. Die Arbeiten sind meistens noch erschwinglich, obwohl ich bei diesen Anlässen auch schon groteske Formen der Selbstüberschätzung mit entsprechenden Preisen beobachtet habe. Ganz unabhängig davon hat niemand etwas dagegen, wenn Sie mal in die Akademie gehen, die Aushänge dort studieren oder einfach mal das Gespräch mit den Studenten suchen.
Meine Frau, die eine recht erfolgreiche professionelle Malerin ist und ich fördern nun seit fast drei Jahrzehnten uneigennützig junge Talente. Die sind gar nicht leicht zu finden. Wenige haben eine nachhaltige Karriere gemacht und können von ihrer Kunst leben. Allerdings gibt es einen, der inzwischen auch international wirklich eine große Karriere macht. Es ist ein schönes Gefühl, wenn man einen solchen Künstler bei seinen ersten Versuchen (da war er noch Anfang zwanzig) beraten und ermutigt hat. Noch schöner und ziemlich selten ist es, wenn sich einer dann noch an die Unterstützung dankbar erinnert und den Kontakt hält. Das ist in diesem Fall so, obwohl der Mann nun zehn Jahre später zwischen Berlin, London, New York, Paris, Moskau und Shanghai rastlos unterwegs ist.
Leider gibt es auch gegenteilige Erlebnisse, die man nur unter der Kategorie "grober Undank" abbuchen kann. Jedenfalls ist die Szene spannend und was die wirkliche Prominenz betrifft auch offener. Auch mit sehr prominenten Malern können Sie bei oder nach einer Vernissage ggf. ein Bier zischen und nette Gespräche haben. Das unterscheidet sie von den Rockstars. In Berlin sehe ich da gar kein Problem.
Zurück zum Thema: Mit Ihrem Budget können Sie sehr vernünftig einkaufen. Ich unterstelle dabei, dass Sie Qualität wollen. Ich nenne diese Tipps:
1. Nach jungen Talenten Ausschau halten, die noch bezahlbar sind und sich über 300 € freuen. Dazu gehört allerdings eine gute "Nase" und viel Wissen.
2. Versteigerungskataloge renommierter Auktionshäuser studieren. Dort wird in der Regel kein Schrott angeboten. Aber es gibt viele "Lose", die in Ihrem preislichen Rahmen liegen. Bei Künstlern aus vergangenen Epochen oder modernen Klassikern sollten Sie darauf achten, dass die eine nachprüfbare Vita haben, also in Künstlerlexika, wie z.B. dem Thieme-Becker aufgeführt sind. Je länger der Eintrag dort ist, desto besser.
3. Von Käufen in einer Galerie würde ich bei Ihrem Budget abraten. Ich sage damit gar nichts gegen seriöse Galeristen. Allerdings muss man sich darüber klar sein, dass sie, um Ihre Kosten zu decken natürlich mindestens 50% des Verkaufspreises einbehalten müssen. Das heißt konkret, dass der Künstler für eine Grafik, die Sie in einer Galerie für 300 € kaufen, bestenfalls 150 € vom Galeristen ausbezahlt bekommt. Viele Künstler verkaufen deshalb auch lieber direkt in ihrem Atelier und erzielen dann vielleicht 200 €. Das ist z.T. vertragswidrig, wenn sie sich an einen Galeristen gebunden haben, aber gängige Praxis. Es ist auch nicht nett gegenüber dem Galeristen, der mit Recht sauer ist, wenn er überhaupt davon erfährt. Ihnen, als Kunde kann das egal sein.
4. Was passieren kann, wenn man viel Geld hat und in einer Galerie kauft, lässt sich an diesem Beispiel schön illustrieren:
http://cgi.ebay.de/ws/eBayISAPI.dll...67751&ssPageName=STRK:MEWAX:IT#ht_6042wt_1141
Da hatte eine Bank (SchmidtBank), die inzwischen bankrott ist, für ihre Kunstsammlung eine Grafik des international renommierten Anton Stankowski gekauft. Der Künstler, dem die Staatsgalerie Stuttgart kürzlich zu seinem 100. Geburtstag eine große Retrospektive widmete ist natürlich über jeden Zweifel erhaben und wird immer eine feste Größe im Kunstmarkt sein. Was lernen wir aber aus dem Ebay-Angebot? Die Bank hat vor etwa 25 Jahren diese Serigraphie, die zwar signiert ist, aber nicht einmal eine Auflage nennt, mit einem Gutachten erworben, dass einen Wert von fast 2.000.- € attestiert. Das ist doch Bauernfängerei. Ich besitze genau diesen Siebdruck von Stankowski allerdings nicht nur mit seiner Signatur, sondern auch mit seinem handschriftlichen Vermerk am linken unteren Bildrand, die das Exemplar als Nr. 45 von 150 ausweist. Stankowski war ein seriöser Mensch und Künstler. Der postume Betrug mit einem solch großem Namen ist allerdings in dem Fall offensichtlich. Das Gutachten, das da bemüht wird, ist eine Frechheit. Es handelt sich in dem Fall ja um eine gute Arbeit, aber keinesfalls um ein werthaltiges Kunstgut. Ds ist ein guter Siebdruck, gut gerahmt, aber im Prinzip nichts anderes als ein Nachdruck einer Originalgrafik in einer unbestimmten Auflagenhöhe. Ein besseres Kalenderblatt, das beim Zeitpunkt seiner Entstehung vielleicht verschenkt wurde oder maximal 50 DM gekostet hat.
Jetzt wiegt sich der Erwerber nach all dem Schmus, den der Galerist, der wahrscheinlich das Blatt für höchstens 10 € aus der Konkursmasse der Bank gekauft hat, in der Hoffnung, dass er für knapp 300 € ein tolles Schnäppchen gemacht hat. Die Aussage: "WERTEINSCHÄTZUNG:
Der Höchstpreis für eine Farbserigrafie von Anton Stankowski lag in der Vergangenheit bei 1.917 Euro." ist einfach als Betrug zu bezeichnen.
Der Höchstpreis, der je für eine Farbserigrafie von Stankowski erzielt wurde, lag bei 1.534.- € erzielt beim Auktionshaus Lempertz im Jahr 2001. Dabei handelte es sich allerdings um ein limitiertes Exemplar aus einer Auflage von nur 18 Drucken.
Immerhin hat der gutgläubige Erwerber bei Ebay eine optisch sehr schöne Arbeit eines renommierten Künstlers erworben, die sein Heim schmücken wird. So lange er nicht auf die Idee kommt, das als Wertanlage zu betrachten oder gar die Arbeit weiter verkaufen will, ist alles in Ordnung.
Also Vorsicht beim Ausgeben der 300 €. Ich könnte da seriöse Tips geben, wie man das Geld in guter Kunst ganz konkret anlegen könnte.
Da ich aber seriös bin und es auch bleiben möchte, werde ich hier bestimmt nicht konkrete Namen oder Empfehlungen posten.
Nehmen Sie meine Hinweise als Warnung und Ermunterung zugleich. Man muss sich auch vielleicht einmal eine blutige Nase holen. Das erweitert den Erfahrungshorizont.
Tauchen Sie ein in die Berliner Kunstszene. Seien Sie kritisch und empathisch zugleich. Das kostet erst einmal so gut wie gar nichts. Im Gegenteil, oft bekommt man gratis ein Glas Sekt und gute Kontakte.