Lieber Spoozy,
vielen Dank für deine Antwort. In vielen Punkten sind wir durchaus ähnlicher Meinung. Dort, wo wir es nicht sind, ist dies jedenfalls zum Teil auf Missverständnisse zurückzuführen.
Zum einen hast Du völlig Recht: Nur weil etwas erst drei Jahre alt ist, muss es nicht schlecht sein. Ich stelle in meinen Aussagen daher auch bewusst nicht auf das Alter ab. Obgleich mir auch bei starker geistiger Anstrengung spontan kein Kleidungsstück aus den letzten vierzig, fünfzig Jahren einfällt, das ich als stilvoll bezeichnen würde.
Auch meine ich mit stilvoll keinesfalls nur graue Anzüge. Sämtliche meiner Kombinationen sind durchaus farbenfroh. Wenn Du meinen Kleiderschrank durchwühlen würdest, würdest Du dann sogar auf so "neumodische" Kleidungsstücke wie bunt gestreifte Polo- und Rugby-Hemden stoßen - wenngleich auch nur vereinzelt. Und manchmal träume ich sogar davon, mir khaki Shorts zu kaufen und sie mit roten Kniestrümpfen zu tragen...
Wie schon geschrieben, halte ich Sander für einen stilsicheren Herren, auch wenn ich mich selbst nicht so kleiden würde. Gleiches gilt für dich. Obwohl deine Art, sich zu kleiden, für mich persönlich nicht in Frage kommt, ist bei deinen Kompositionen in der Regel zu erkennen, dass dahinter ein gewisses Verständnis und Können steckt. (Ähnliches gilt auch für die in diesem Thread verlinkten Fotos.) Ein solcher Ausdruck der Persönlichkeit ist überhaupt nicht zu beanstanden.
Puh, noch mal Glück gehabt. Aber danke, Lob aus berufenem Munde hört man gern.
... "Ein Gentleman fällt nicht auf, aber er bleibt im Gedächtnis." Sicher kann man das alles als überholt oder borniert ablehnen, aber dann bleibt als Rechtfertigung wieder nur das eigene Gutdünken - und das allein wäre für mich nur eine Spielart der Überheblichkeit.
Werter "Das gute Leben",
verstehe ich Ihren Beitrag richtig, dass ein Verständnis von Stil im Sinne von "klassischer Herrenmode" auf Elitarismus, Herrschaftswillen und Projezierung innerer Konflikte zurückzuführen ist?
Ich kann Sie diesbezüglich beruhigen. Ich kleide mich "stilvoll", weil ich Wert auf Qualität, Tradition und Ästhetik lege, nicht aufgrund eines Herrschaftswillens. Ich gehe auch nicht davon aus, dass mich viele Mitmenschen in die Nähe eines englischen Aristoktraten einordnen, wenn Sie mich in Cordhose, Tattersall-Hemd, Tweed-Jacke und Motiv-Krawatte mit "flying ducks" sehen. Vielmehr werde ich wohl als langweiliger, geschmacksverirrter Ewiggestriger eingestuft.
Ihr Vergleich zum Opernbesuch erschließt sich mir nicht: Wenn jemand in eine Oper geht, weil es ihm mehr um die Manifestation eines Herrschaftswillens als um die musikalische Erbauung geht, ist dies zweifelsohne stillos. Soweit stimmen wir überein. Wenn ein Student in die Oper geht, weil er Verdi liebt, ist das hingegen überhaupt nicht zu beanstanden. Auch bei diesem Punkt gibt es Übereinstimmung. Nur warum sollte sich jetzt dieser Student nicht anständig kleiden? Diese Schlussfolgerung kann ich nicht nachvollziehen.
Schließlich möchte ich bitten, nicht immer die Keule "Menschenwürde" zu schwingen. Angesichts von Kriegen, Tyrannei, Terror und Hungersnöten auf der Welt finde ich den Hinweis auf Art. 1 GG in unseren Zusammenhängen reichlich unpassend.
Im Übrigen möchte ich auf die kurzen, aber hervorragenden Ausführungen von Julius verweisen.