Zu wenig Klassik im Forum? (verschoben aus Wtih-Sammelthread)

Nachdem das ja im Was-trage-ich-heute-Thread weitergeht....
Was ist denn Klassik? Könnte jemand mal sein Verständnis des Begriffes "Klassik" hier definieren?
Ist denn etwas das es bereits seit fünfzig Jahren gibt klassisch? Oder müssen es schon hundert Jahre sein?

Ist klassisch nur streng nach dem historischen Vorbild oder aber dürfen es auch Weiterentwicklungen sein?
Würden wir das mit der klassischen Herrenmode so wörtlich nehmen, müssten wir dann nicht im Gehrock mit Zylinder durch die Stadt flanieren?

Meines Erachtens bezieht sich der Begriff "klassisch" nur darauf, dass etwas einer bestimmten Art und Weise eben einer "Klasse" entspricht!

So sind eben Möbel klassisch, wenn sie einer gewissen Formgebung folgen. So sind Kleidungsstücke klassisch, wenn sie einer bestimmten Machart bzw. bestimmten Designvorgaben folgen.
Auch ein Converse-Chuck ist klassisch, schließlich gibt es sie seit ca. 90 Jahren...
 
Was ist denn Klassik? Könnte jemand mal sein Verständnis des Begriffes "Klassik" hier definieren?

Das Bewährte und Vorteilhafte an schon länger exsitierenden Kleidungsstücken erkennen und so anweden können, ohne dass es aussieht als wäre man gerade im Kostümlager des örtlichen Theaters hausieren gewesen. Respektive Dinge in seiner Kleidung zu verwenden, die nicht dem Strom der Zeit unterworfen sind.

Zur Themenstellung in diesem Faden: Jap, ganz eindeutig...aber wie heißts so schön, ja früher, da wars besser (in definitiv doppelter Hinsicht.)
 
Design ist ja nicht gleich Design! Auch der heutige Smoking ist zurückzuführen, auf ein Design!
Auf wessen, darüber mag man sich ja trefflich streiten können, aber nichtsdestotrotz ist jeder später angefertigte Smoking auf diese Designvorgabe zurückzuführen.
Genauso wieder jeder Anzug der heute gemacht wird auf eine Designvorgabe aus früheren Zeiten zurückzuführen ist...
Als z.B. der Smoking "erfunden" wurde gab es sicherlich Leute die damals gedacht hatten, dass das in keinstem Sinne klassisch ist...

Das was du unter klassisch verstehst, kannst du niemandem anderen als klassisch aufzwingen, da jeder das klassische für sich selbst bestimmen muss...
 
Auch wenn der desaströse Verlauf einer solchen Diskussion bereits in ihrem Kern enthalten ist, lasse ich mich zu einer Erläuterung hinreißen. Wer bin ich, dass ich mich einer solchen enhalten wollte, wenn sogar Linetti dazu schreibt?

Der Kern des Problems ist das unterschiedliche Verständnis von Begriffen wie "klassisch" oder "stilvoll".

Während einige unter Stil den "eigenen Stil" im Sinne von eigenem Geschmack verstehen, orientieren sich andere an objektiveren, abstrahierten Maßstäben.

Meiner bescheidenen Meinung nach hat der eigene Geschmack nichts mit Stil zu tun. Der Punk glaubt genauso an die Überlegenheit seines Geschmacks wie der Grufti. Der Langzeitstudent, der mit ungewaschenen Haaren und abgewetzter Jeans zu T-Shirt und Flip Flops in die Oper geht, findet seinen Geschmack genauso in Ordnung wie das vierzehnjährige Mädel, das auf mindestens einundzwanzig geschminkt und mit nicht viel mehr als einem knappen Gürtel bekleidet in der Kirchbank sitzt.

Geschmack mag für den Einzelnen also noch so universell wirken, er bleibt doch völlig relativ - und somit ohne echte Relevanz. (Gleiches gilt für Mode.)

"Stil", so wie ich den Begriff verstehe, ist eine an objektiven Werten wie Tradition, Proportion, Qualität und Handwerkskunst orientierte Denkweise. Stil ist dabei keine reine Rückwärtsgewandtheit, sondern kann durchaus eine Weiterentwicklung betreiben, die aber zwingend auf dem Überkommenen und sich als gut Erwiesenen aufbaut. Grundlage von Stil ist also stilistische Bildung, nicht zufälliger Geschmack.

Stil ist dezent und drängt sich nicht reißerisch auf, Stil ist seriös, nicht clownesk, Stil weiß um Qualität und Historie jedes Kleidungsstücks, Stil schert sich nicht um die Anerkennung durch andere, sondern genügt sich selbst.

Wenn also - wie bei den OdW häufiger geschehen - jemand in schlecht sitzenden lila und rot-orangenen Anzügen oder anderen schreienden Farbkombinationen, mit kneifenden Hemden und Hosen, mit dicken silbernen Knöpfen in Form von Totenköpfen mit roten Augen usf. auftritt und dann noch sich als über die "normale" Männerwelt erhabener Adonis wähnend vom erotisierenden Zuzwinkern bereits vergebener Damen schwärmt, ist er von Stil denkbar weit entfernt. Dann noch Toleranz einzufordern, ist eine gewagte These, begeht man doch durch die schrill sich jedem unausweichlich aufzwingende Zurschaustellung seiner Individualität eine grobe Frechheit.

Gerechtfertigt wird dieses dann oft mit dem Argument, man müsse die Regeln auch brechen. Müssen muss man nicht, Können kann man schon. Voraussetzung ist aber, dass man die Regeln beherrscht. Was uns aber teilweise an Stilbrüchen geboten wird, besteht nur noch aus "Brüchen", sodass für den "Stil" kein Platz mehr bleibt. Zudem sollte man sich klar machen, dass nicht jeder der Duke of Windsor ist - spoozy vielleicht ausgenommen. ;)

Ich darf auf den Anlass zu dieser Diskussion zurückkommen: Ein Forenmitglied trug schwarz-weiße Vans, schwarz-weiße "dog tooth"-Strümpfe, eine "very worn" blue Jeans und ein schwarzes T-Shirt mit belanglosem, aber zweifelsfrei coolem silbernem Schriftzug, dazu einen roten Shopper und Sonnenbrille. Muss ich wirklich erklären, was daran nicht stilvoll ist? Glauben Sie, ein solches Outfit ist geeignet, bei den Mitmenschen ein Vertrauen in die kulturelle Bildung und Seriostiät des Trägers zu wecken? Kann ein soziales Umfeld, in dem eine solche Kleidung angemessen ist, stilvoll sein?

Als ich auf dieses Forum stieß, tummelten sich hier Herren, die stilistische Bildung aufweisen konnten: Camlot, Linetti, Cravate Noire, Martin Richter, Sander, ddot, Algernon Worthingon u.a. Einige von ihnen schreiben gar nicht mehr, andere nur noch sehr sporadisch oder in betrunkenem Zustand. ;) Outfits von ihnen bekommt man kaum mehr zu sehen.

An ihre Stelle sind immer mehr Forenmitglieder getreten, die leider wenig stilistische Bildung aufweisen können, diese dafür durch "ihren eigenen Stil" ersetzen.

Nun darf zweifelsohne jeder nach seiner Facon selig werden. Mir selbst bringt dieses Forum aber zunehmend weniger an positiven Anregungen.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Das ist mal wieder so durch und durch forentypisch.

Ein Forum ist ein lebendiger Organismus, der durch seine Mitglieder lebt und damit auch ständigen Schwankungen innerhalb der jeweiligen Bandbreiten ausgesetzt ist. Man muss das nicht mögen, aber es ist eine Tatsache. Ich bin jetzt seit fast 8 Jahren Mtglied in den verschiedensten Foren, eine solche Entwicklung ist absolut typisch. Ich kann damit ganz gut leben, Foren sind Mikrokosmosse unserer Gesellschaft.

Liebe Grüße
Heinz
 
Wer bin ich, dass ich mich einer solchen enhalten wollte, wenn sogar Linetti dazu schreibt?



Ich darf auf den Anlass zu dieser Diskussion zurückkommen: Ein Forenmitglied trug schwarz-weiße Vans, schwarz-weiße "dog tooth"-Strümpfe, eine "very worn" blue Jeans und ein schwarzes T-Shirt mit belanglosem, aber zweifelsfrei coolem silbernem Schriftzug, dazu einen roten Shopper und Sonnenbrille. Muss ich wirklich erklären, was daran nicht stilvoll ist? Glauben Sie, ein solches Outfit ist geeignet, bei den Mitmenschen ein Vertrauen in die kulturelle Bildung und Seriostiät des Trägers zu wecken? Kann ein soziales Umfeld, in dem eine solche Kleidung angemessen ist, stilvoll sein?

Als ich auf dieses Forum stieß, tummelten sich hier Herren, die stilistische Bildung aufweisen konnten: Camlot, Linetti, Cravate Noire, Martin Richter, Sander, ddot, Algernon Worthingon u.a. Einige von ihnen schreiben gar nicht mehr, andere nur noch sehr sporadisch oder in betrunkenem Zustand. ;) Outfits von ihnen bekommt man kaum mehr zu sehen.

An ihre Stelle sind immer mehr Forenmitglieder getreten, die leider wenig stilistische Bildung aufweisen können, diese dafür durch "ihren eigenen Stil" ersetzen.

Nun darf zweifelsohne jeder nach seiner Facon selig werden. Mir selbst bringt dieses Forum aber zunehmend weniger an positiven Anregungen.
Danke ich fühle mich geschmeichelt, und Amen, amen und nochmals AMEN
Das hat mich zu einer Metapher angeregt: Die Kleidung möchte ja die Visitenkarte eines jeden Trägers sein. Jeder kann natürlich seine eigene, individuelle haben. Betonung auf KANN. Auf der anderen Seite gibt es vorteilhaftere Visitenkarten und nicht so vorteilhafte. Klassik in der Kleidung wählt bewusst die vorteilhaftere, um bei der Metapher zu bleiben vl. eine geprägte, aus würdevollem cremefarbenen Papier, whatsoever... Kurz um, jeder kann sich sein Kärtchen aussuchen, aber es gibt eben gewisse Leute die sich dabei mehr Gedanken machen und besser mit ihrer fahren.
 
[...] vl. eine geprägte, aus würdevollem cremefarbenen Papier, whatsoever... Kurz um, jeder kann sich sein Kärtchen aussuchen, aber es gibt eben gewisse Leute die sich dabei mehr Gedanken machen und besser mit ihrer fahren.

Um mal bei Metaphern zu bleiben (fahren in diesem Falle) ;) :

Es kommt schwer darauf an, wohin man fährt:

Konservativer-Beruf, vllt. Anwalt etc: Feiner Nadelstreif: Definitiv die richtige, stilvolle Wahl.

Geht die eigene Berufung in einen eher, ich sag mal "flippigen", Beruf, irgendwo im Medienbereich, oder was kreatives, kann man mit coolen Schriftzug-Shirt und Vans (oder irgendwas ähnliches, kenne mich damit nicht aus) deutlich besser gekleidet sein, als im o.g Nadelstreif.

Mit einem solchen Outfit kann ein kreativer Kopf deutlich besser seriös und kompetent in seinem Beruf wirken, als wenn er einen Nadelstreif tragen würde.

Ergo ist das klassische nicht immer das beste und fährt nicht immer besser damit.

Aber, plakativ gesprochen, hat man ohnehin nur Stil ist man klassisch gekleidet. Und wenn man so gekleidet ist, ist meist ein konservativer Beruf besser. Damit wäre ein Medienberuf oder eben was kreatives stillos?
 
Oben