Wo findet man stilvoll gekleidete Menschen?

Was wäre dieser Argumentation folgend mit dem Anzugträger der sich unter vielen anderen bewegt die deutlich "schlechter" gekleidet sind? Zeigt er nicht auch einen Mittelfinger nach dem Motto ich bin besser als ihr?

Wenn man der oben genannten Gruppe den Mittelfinger unterstellt, sollte man dann nicht auch so konsequent sein es beim anzugträger ebenso zu tun?
Das ist aber jetzt schon sehr im Sinne der urdeutschen "Tugend" der Gleichmacherei auf für alle anstrengungsfrei zu erreichendem niedrigen Niveau, eine Ambition zu etwas Kultiviertem erst mal als Affront gegen andere zu interpretieren, oder? ;)

Beethoven versteht die Liebhaberei für sartoriale Kleidung schon als etwas, was man nach dem gesellschaftlichen Wandel weg von beruflichen und sozialen Dresscodes und der Kleidung als Klassenabzeichen in erster Linie für sich selbst aus sich selbst heraus tut und nicht, um irgendwelchen ungewaschenen Massen zu zeigen, wie unkultiviert sie sind. Und das sehe ich genauso.

Umgekehrt bezieht nicht-sartoriale Kleidung als ursprünglicher Ausdruck jugendlicher Rebellion gegen die muffigen bürgerlichen Spießer im mausgrauen Vertreter-Anzug ihre Wirkung nach wie vor nicht unmaßgeblich aus der antibürgerlichen Provokationshaltung "ich bin nicht so wie die", auch wenn sie längst die Mitte der Gesellschaft einnimmt und prägt. Es hat keine innere Kreativität, die nicht aus dieser angenommenen Antihaltung entspringen würde.
 
Das ist aber jetzt schon sehr im Sinne der urdeutschen "Tugend" der Gleichmacherei auf für alle anstrengungsfrei zu erreichendem niedrigen Niveau, eine Ambition zu etwas Kultiviertem erst mal als Affront gegen andere zu interpretieren, oder? ;)

Beethoven versteht die Liebhaberei für sartoriale Kleidung schon als etwas, was man nach dem gesellschaftlichen Wandel weg von beruflichen und sozialen Dresscodes und der Kleidung als Klassenabzeichen in erster Linie für sich selbst aus sich selbst heraus tut und nicht, um irgendwelchen ungewaschenen Massen zu zeigen, wie unkultiviert sie sind. Und das sehe ich genauso.

Umgekehrt bezieht nicht-sartoriale Kleidung als ursprünglicher Ausdruck jugendlicher Rebellion gegen die muffigen bürgerlichen Spießer im mausgrauen Vertreter-Anzug ihre Wirkung nach wie vor nicht unmaßgeblich aus der antibürgerlichen Provokationshaltung "ich bin nicht so wie die", auch wenn sie längst die Mitte der Gesellschaft einnimmt und prägt. Es hat keine innere Kreativität, die nicht aus dieser angenommenen Antihaltung entspringen würde.
Dem wage ich zumindest dahingehend zu widersprechen, das ich glaube das es durchaus genug Leute gibt die eins der genannten Outfits (Jeans muscleshirt whatever) tragen ohne das als affront gegen die Gesellschaft zu betrachten. Es gefällt ihnen (warum auch immer) einfach.
 
Dem wage ich zumindest dahingehend zu widersprechen, das ich glaube das es durchaus genug Leute gibt die eins der genannten Outfits (Jeans muscleshirt whatever) tragen ohne das als affront gegen die Gesellschaft zu betrachten. Es gefällt ihnen (warum auch immer) einfach.


Also ich hab ja schon viel ausprobiert, von Baggyhosen mit XXL Kapuzenpullovern bis zum 15 cm Irokesen und Ring durch die Lippe, aber niemals war dabei der Hintergrund die Rebellion gg. die Gesellschaft, nicht mal gg. die Eltern. Ich denke, hier wird etwas hineininterpretiert, was eigentlich gar keine Rolle spielt. Die breite Masse kauft Klamotten nach Trends und was ihnen davon gefällt, oder dass was ihnen eben in den Ketten vorgesetzt wird. Jugendliche würd ich sowieso
generell ausklammern, weil die noch extremer vom Umfeld geprägt werden.
 
Dem wage ich zumindest dahingehend zu widersprechen, das ich glaube das es durchaus genug Leute gibt die eins der genannten Outfits (Jeans muscleshirt whatever) tragen ohne das als affront gegen die Gesellschaft zu betrachten. Es gefällt ihnen (warum auch immer) einfach.
Nicht gegen die Gesellschaft, nur gegen die angenommenen altmodischen Spießer darin. :) Fairerweise muss man sagen, dass die reale Schockgrenze für modische Extravaganz aller Art zum Glück für uns alle auf fast unerreichbare Höhe geklettert ist. Wenn ich wählen muss, gebe ich gerne zu, dass ich im Zweifel Freiheit wichtiger finde als ästhetischen Anspruch.
 
Nicht gegen die Gesellschaft, nur gegen die angenommenen altmodischen Spießer darin. :)

Bei den meisten Menschen würde ich ein solches Motiv nicht unterstellen. Lediglich eine vehemente Abneigung dagegen, dass man Aufwand in das eigene Erscheinungsbild investieren soll, damit andere Menschen einen schönen Anblick haben. Diese Abneigung zieht sich derart weit durch die Gesellschaft, dass wiederum eine Feindschaft gegen diejenigen entsteht, die diesen Aufwand betreiben. Weil die Allianz der Streikenden quasi gebrochen wird.

Gibt es bei Frauen wie Männern gleichermaßen.
 
Umgekehrt bezieht nicht-sartoriale Kleidung als ursprünglicher Ausdruck jugendlicher Rebellion gegen die muffigen bürgerlichen Spießer im mausgrauen Vertreter-Anzug ihre Wirkung nach wie vor nicht unmaßgeblich aus der antibürgerlichen Provokationshaltung "ich bin nicht so wie die", auch wenn sie längst die Mitte der Gesellschaft einnimmt und prägt. Es hat keine innere Kreativität, die nicht aus dieser angenommenen Antihaltung entspringen würde.

Ja. Individualismus ist eben doch nicht so individuell, wenn man der Fünfzigmillionste Individualist im Land ist, der es den paar Tausend angepassten Anzugspiessern mal so richtig zeigen will.
 
Bei den meisten Menschen würde ich ein solches Motiv nicht unterstellen. Lediglich eine vehemente Abneigung dagegen, dass man Aufwand in das eigene Erscheinungsbild investieren soll, damit andere Menschen einen schönen Anblick haben. Diese Abneigung zieht sich derart weit durch die Gesellschaft, dass wiederum eine Feindschaft gegen diejenigen entsteht, die diesen Aufwand betreiben. Weil die Allianz der Streikenden quasi gebrochen wird.

Gibt es bei Frauen wie Männern gleichermaßen.

Tja, natürlich ist "schöner Anblick" kontextabhängig und vermutlich sind wir da auch sehr unterschiedlich sozialisiert, aber ich habe optisch gar nichts gegen ausgelatschte Turnschuhe, eine passende Jeans (die sogar gewaschen sein darf) und ein altes T-Shirt[1]. Wenn ich mich in Büro, Straße und ÖPNV so umschaue dann stelle ich fest dass mir ästhetisch diejenigen am meisten auf den Zeiger gehen die gewollt und absolut nicht gekonnt in Richtung Anzug gehen - das Beispiel neulich mit cappuchinofarbenen Anzügen und orangenen Hemden war so ein Fall. Aber eine ungewollt nachlässige "Informatiker-Uniform"? Kein Problem.

Ich selber trage das zwar kaum[2] noch, aber nicht weil ich der Meinung bin mich besser zu kleiden, sondern weil ich Lust auf meine Art Kleidung habe, mich nicht besser, sondern eben anders kleide. Und ganz sicher nicht um anderen einen "schönen Anblick" zu bieten, ich mache das nur für mich, der Rest ist mir egal. Die von Dir offenbar erfahrene Feindschaft habe ich in den knapp drei Jahren, die ich dabei bin, noch genau nie erlebt. Ich habe ja durchaus einen Hang zur Paranoia, aber im Kleidungsbereich bisher nicht.

Im Gegensatz zur Forenherde habe ich sogar nichts gegen Jakob Wolfshaut. Erstens sind die Sachen optisch ok, zweitens für die Großstadt (gerade noch) zweckmäßig genug (ich kenne JW noch aus ihren Expeditions-Anfängen, das waren noch andere Kaliber), drittens bin ich offenbar als einer der wenigen hier nicht der Ansicht dass Masse abwertet - hier herrscht ja oft genug so ein Reflex "das sieht man an jeder Ecke, also ist das nichts/schrecklich/stillos".

Und es ist ja irgendwie nicht nachvollziehbar warum ein Countrylook mit Tweed, Cord und Brogues in der Stadt voll ok ist, aber der Trekkinglook mit Goretex und "Wanderschuhen" total ieh bäh. Und nein, beide looks sind für das, was sie nachempfinden, gleichermaßen ungeeignet.

[1] OK, der Körper muss dann einigermaßen sein. Ich verstecke meinen dann irgendwie doch lieber hinter einem Männer-Sakko (also nicht diese Knabenversionen a la SuSu ;)), das kaschiert...
[2] Nicht "gar nicht". Schließlich ist mein Stil ja nur Verkleidung. :p
 
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Das mit dem "Fashionweg" wie Du es nennst, sehe ich ein klein wenig anders, denn klassische Kleidung
ist auch einem steten Wandel unterworfen und ein Hemd oder Anzug macht noch lange keinen Stil aus wie
der Arbeitszwangsdress der Banker, Immobilienmakler, Notare, Rae usw. eindrucksvoll beweist.
Könnten Sie mit anderen Klamotten bei ihrer Klientel Eindruck schinden und als solide dastehen,
dann würden sofort wechseln.

Mit der Mode, also Fashion, gehen die Leute auf der Straße nie, zumindest 99 % nicht - woher sollten sie auch wissen
was "en vogue" ist, sie lesen keine Zeitschriften, besuchen keine Messen und es interessiert sie nur was sie bei RTL,
SAT1, PRO 7 usw. sehen und ihnen gefällt.
Sie kaufen vielmehr in den Läden, bei Amazon und in den Outlets das, was gerade angeboten wird.
Apropos Outletcenter.... ;)

Zwischen Anzug und Mantel, der Anscheinsklassik ["Gentleman"], gibt es aber noch viele andere Richtungen,
die Charakter haben und schon eine ganze Weile existieren.

Die Sachen kann man mischen, wenn man ein gutes Gefühl dafür hat - ab und an sehe ich Herren,
die es drauf haben, sogar real. :)
Und gerade keine aufgesetzten Möchtegerns, die Modepüppchen der Aussteller auf der Piazza der PITTI
nach dem Motto "Auffallen um jeden Preis!" die alle 5 Minuten den (Sitz-) Platz wechseln in der Hoffnung doch noch geknipst zu werden.
Die stilvoll gekleideten Damen und Herren findet man dagegen zuhauf in den Gängen und den Ständen des PC.
Und schon gar nicht die ewig Gestrigen mit ihren Vintage-Anzügen mit Schnitten wie man sie vor 20, 30 und mehr Jahren hatte.
 
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Bei den meisten Menschen würde ich ein solches Motiv nicht unterstellen. Lediglich eine vehemente Abneigung dagegen, dass man Aufwand in das eigene Erscheinungsbild investieren soll, damit andere Menschen einen schönen Anblick haben. Diese Abneigung zieht sich derart weit durch die Gesellschaft, dass wiederum eine Feindschaft gegen diejenigen entsteht, die diesen Aufwand betreiben. Weil die Allianz der Streikenden quasi gebrochen wird.

Diese Interpretation kann ich absolut nicht nachvollziehen, gibt es doch ausreichend viele Modebegeisterte, die eine Menge Zeit und Geld in unsägliche Lumpen investieren, um anderen einen vermeintlich schönen Anblick zu bieten. Und selbst Uninteressierte an Kleidung, ob es nun klassische sei oder nicht, machen sich doch oft "fein" für besondere Anlässe, auch wenn hier häufig die gute alte Weisheit gilt: Gut gemeint ist das Gegenteil von gut.

Ich persönlich sehe mich nicht als Opfer einer Anti-Stil- Gesellschaft und habe auch kein Bedürfnis, mich als solches selbst zu bemitleiden. Chacun à son goût funktioniert meiner Erfahrung nach in weitem Rahmen recht gut in diesem unserem Lande und dieser unserer Zeit.
 
Bei den meisten Menschen würde ich ein solches Motiv nicht unterstellen. Lediglich eine vehemente Abneigung dagegen, dass man Aufwand in das eigene Erscheinungsbild investieren soll, damit andere Menschen einen schönen Anblick haben.
Ja klar, aber die Vehemenz dieser Abneigung hat ja tiefere Gründe, sonst würde es die Leute ja nicht kümmern, wenn andere sich - aus welchen Gründen auch immer - mehr Mühe geben. Letzteres ist negativ konnotiert, weil es statt mit ästhetischem Anspruch mit unbeliebten sozialen Archetypen assoziiert wird: Politiker, Manager, Banker, Unternehmensberater, Karrieristen, Dandies, Aristokraten, Immobilienmakler, Konservative, uncoole Greise, gefühlt Reiche aller Art :).

Das kann man, wenn einem die Fähigkeit zu einer solchen rationalen Differenzierung abgeht und man offensichtlich zu keiner dieser Gruppen gehört, einfach unter Spießer subsummieren, zu denen man eben nicht gehören möchte. ;)

Dass viele Menschen in ihrer funktional ausgerichteten deutschen Mentalität auf den bloßen Wunsch nach dem Ausleben ästhetischer Bedürfnisse als Motivation für das Tragen sartorialer Kleidung gar nicht erst kommen, überrascht mich hingegen weniger.
 
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