Heute mal einer der großen Klassiker der Rioja im hellen Stil der 1890 gegründeten, sehr traditionellen Bodegas Rioja Alta, die Vina Ardanza Reserva 2012. Reserva ist hier nur als Einordnung in die interne Bodega-Hierarchie zu verstehen, der Ardanza könnte problemlos auch als Gran Reserva zertifiziert werden, mit 30-36 Monaten Barriquereife (in gebrauchten Fässern) und entsprechender Flaschenreife danach. Macht man aber nicht, dafür hat man andere Weine (die man auch mal probieren sollte). Das Spezielle an dieser Abfüllung ist die Zusammensetzung mit einem relativ hohen Garnacha-Anteil, den man so häufig in der Rioja nicht findet, in diesem Jahrgang treffen 78% Tempranillo auf 22% Garnacha. Der Wein wird traditionell spontan vergoren (mit den weinberg-/kellereigenen Hefen), was für manche Weinliebhaber ein Plus ist, denen möglichst wenige Eingriffe in die natürliche Weinbereitung mehr behagen.
Das Ergebnis ist ein duftiger, leichter, rubinroter Wein mit ausgeprägter Würze, der wie eine fiktive Cuvée aus Rioja und südlichem Rhône-Tal (Garnacha = Grenache) rüberkommt, Süßkirsche, Walderdbeere, weißer Pfeffer, ein wenig Lakritz und Muskat, Vanille, Zimt, fühlbare, aber recht zurückhaltende Säure, der würzig-süße Charakter nimmt am Gaumen den meisten Raum ein, bis er in einem langen Abgang auf roten Früchten langsam verhallt.
Der Wein ist kein neumodischer Kraftmeier und deswegen eine solide Wahl für Weinfreunde, denen moderne stark extrahierte, tanninbetonte Rotweine nicht so zusagen. Alkoholarm ist er natürlich nicht, da hält er mit Rhôneweinen schon locker mit. Durch die kirschige Grenache-"Süße" (der Wein ist natürlich analytisch staubtrocken) im Hintergrund hat er nicht das schneidende Säurespiel der Lopez-de-Heredia-Weine, geht aber ansonsten aromatisch schon in deren Richtung. Ich habe den Vina Ardanza das erste Mal 1995 probiert auf einem Business-Class-Flug mit British Airways nach San Francisco und er ist mir seitdem immer in angenehmer Erinnerung geblieben. Ich bin kein ausgesprochener Traditionalist, von daher ist der Vina Ardanza keiner meiner absoluten Lieblingsweine, aber ein guter Bekannter, den man immer mal wieder gerne trifft.