Was trage ich heute SammelThread

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Es fehlt viel mehr. Es fehlt die gesamte Berliner Modescene. Die Modemessen der Berlin Fashion Week zeigten das Spektrum der internationalen Modetrends, von Urban- und Streetwear über hochwertig-klassische bis zu grüner und nachhaltiger Mode. Kein Wort findet sich hier, als ob sie gar nicht existiert. Ein kurzer Hinweis auf die pitti uomo, aber auch nicht ins Grundsätzliche gehend.
Die whosnext, die Nachfolgemesse des Sehm, wird gar nicht erwähnt, kein einziger Aussteller wird in diesem Forum angesprochen oder genannt.

Ja, das ist doch ein Grund, auf die Knie zu gehen und dem Herrn zu danken für seine Güte!:p
 
Wie falsch liege ich, wenn ich behaupte, dass dies ein kleiner (von mir aus elitärer) Kreis ist, der sich über Dinge aufregen kann, die 95% auf der Straße nicht mal sehen?

Überhaupt nicht falsch. Aber bei einem kannst Du dir sicher sein: Auch hier herrscht bei vielen Themen absolut keine Einigkeit.

Im Grunde ist hier im Forum alles verpönt, was man draußen "modern" nennt?

- schmale Revers
- schmale Krawatten
- kurze Sakkos
- ......

Zu pauschal. Aber sieh es mal so: Die Modeindustrie will verkaufen, verkaufen, verkaufen. Und der Kunde hat heutzutage keine Ahnung mehr von Qualität und Ästhetik. Das führt zu drei Trends:
1. es wird stärker als je zuvor die Marke hervorgehoben, damit der Kunde sich an irgend etwas orientieren kann, auch wenn es überhaupt nicht für Qualität steht und auch nicht gut aussieht.
2. Es wird möglichst jährlich neuer Kram auf den Markt geworfen, ohne dass das ein ästhetisches Gesamtbild ergibt.
3. Da es sowieso nicht lang getragen wird, muss auch die Qualität nicht hoch sein.
Diese drei Trends stehen hier in der Tat auf das Hassliste. Diese Trends sind aber nur möglich, weil der Kunde entsprechend doof ist. Die Ausbildung eines urteilsfähigen, kritischen Kunden ist also das wichtigste Anliegen.

Ich finde einige Meinungen hier schon sehr absolut, als gäbe es in der Mode nur diese eine "klassische" Wahrheit.

Nein, die gibt es nicht. Es gibt aber ästhetische Maßstäbe, die leider den durchschnittlichen Kleidungskunden abhanden gekommen sind. Die meisten Menschen können nicht mehr sehen, ob ein Sakko gut sitzt, eine Farbe gut zur anderen passt oder eine Lederart ein schönes Bild ergibt. Die sehen nur, ob irgendwelche Prominente das "auch so tragen" oder ob es irgendwelchen Werbeplakaten entspricht, auf denen das als der letzte Schrei angepriesen wird.

Beispiele:
Ein Sakko, das den Bürzel nicht bedeckt, erfüllt seinen Zweck nicht. Auch dann nicht, wenn James Bond das im letzten Film auch so trug und Günther Jauch das immer noch so trägt.
Eine Krawatte ist nicht irgendein modischer Zierkram, sondern komplettiert den Herrenanzug und gibt ihm einen Aspekt der Vollkommenheit, auch wenn Fußballtrainer momentan den Trend zu setzen meinen, dass ein Anzug möglichst ohne Krawatte getragen wird, da sie ja beim Herumfluchen störend umherflattert.
Ein lächerlich schmales Revers erfüllt seinen Zweck nicht, dem Herren eine ästhetische Brust zu geben und ihn optisch wohlgebauter erscheinen zu lassen.
Schuhe aus Billigleder mit modischen Längsstreifen erfüllen überhaupt keinen Zweck.

Kannst Du endlos fortsetzen, die Liste.
 
Ich finde einige Meinungen hier schon sehr absolut, als gäbe es in der Mode nur diese eine "klassische" Wahrheit.

Mich erinnert das sehr an ein Uhrforum, bei dem sich über den etwas zu kurzen Zeiger, den nicht perfekten Bandanstoß und sonst was aufgeregt wird, was aber auch keinem Normalo auffällt bzw. oftmals auch einfach Geschmackssache ist.

Es gibt auch bei vielen anderen Hobbies (Digitalfotografie, Mountainbiking) entsprechende Gruppen/Foren, die sich über den kleinsten Unterschied austauschen, der dem "gemeinen" Konsumenten (Gelegenheitsknipser, Freizeitradler) völlig fremd ist. Das ändert aber nichts daran, dass diese Unterschiede da sind, und dass sie auch einen Unterschied machen, insbesondere wenn man davon weiss.

Meine Kollegen nehmen schon wahr, dass meine Fahrräder "besser" fahren als die Baumarktware, aber sie wissen halt nicht warum.

Leider bringt es die genetische Disposition des Menschen als soziales Wesen (Gruppenbildung) mit sich, dass die Meinungsbildung sich sehr stark mit Gruppenbildung bzw. Abgrenzung vermischt und dann eben diese quasi dogmatischen Statements entstehen.

Ich zitier mal Goethe (nach Heisenberg): "Nur die Fülle führt zur Klarheit und im Abgrund wohnt die Wahrheit".:cool:
 
Ich finde einige Meinungen hier schon sehr absolut, als gäbe es in der Mode nur diese eine "klassische" Wahrheit.

Die eine klassische Wahrheit gibt es natürlich nicht.
Was hier aber versucht wird, ist, unabhängig von Modeströmungen etc. ein Gespür für Harmonie, für richtige Proportionen herauszufinden, den Geschmack zu verfeinern etc.

Bei Wein oder bei der Kunst ist es doch genauso. Im 18. Jahrhundert wurde Vulpius, der Schwager von Goethe unglaublich für seinen "hervorragenden" Roman gefeiert. Er galt vielen als der deutlich größere und bessere Autor.
Dies war aber nur eine damalige Modererscheinung, die der Masse der Bevölkerung die Augen für die höhere Dichtkunst von Goethe verschloß.
Durchgesetzt hat sich Vulpius nicht.
Und im Grunde versuchen wir hier, uns nicht von der Mode leiten zu lassen, die uns von außen vorgegeben wird, sondern ein eigenes Verständnis für die Dinge zu entwickeln, so daß wir in der Lage sind, selbst einen Goethe zu erkennen.

Dazu gehört auch - wie ich das versucht habe, Dir zu zeigen - die "klassische" Passform eines Anzuges aus der Anatomie heraus zu verstehen etc.
Aber natürlich gibt es auch dort einen Rahmen in dem Spielräume möglich sind. Manches Sakko kann auch hervorragend ausschauen, wenn es kürzer oder länger als die Daumenregel ist.
Aber um so etwas zu erkennen, braucht man dann ein Gespür, einen verfeinerten Sinn. Und dieser kommt nicht von alleine und sofort. Er erfordert einen ständigen kritischen Blick auf die Dinge. Gefällt mir das? Warum gefällt es mir (nicht)?
Und da sind die genannten "Regeln", deren Aufzählung Du als etwas zu dogmatisch empfindest, ziemlich hilfreich. Wenn Du sie befolgst, machst Du erst mal nicht viel falsch.
Du siehst jetzt gut angezogen aus und wirst Dich auch in 30 Jahren nicht für die Bilder aus 2014 schämen müssen.

Je sicherer Du dann wirst, desto mehr kannst Du von den Regeln abweichen, weil Du die Einzelstücke, die, trotzdem sie eigentlich zu kurz sind, gut aussehen (wie gesagt - dies ist selten der Fall, aber möglich), erkennen kannst.

Und zu den Krawatten: Ich habe verschiedenste Weiten im Schrank, zwischen 7 und 10,5 cm ist da alles dabei.
Es ist also durchaus ein Spielraum möglich, nur das zu eng, zu kurz sollte man vermeiden...
 
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Nur weiter raus damit :)

Also Hemd und Krawatte fand sogar ich grenzwertig :D
Bei der Länge der Hose hab ich mich auf Verkäufer und Schneiderin verlassen :mad:
Beim Rest eigentlich auch..... daher: bitte weitermachen ;)

Also ich bin kein Freund von zu kurzen Hosen, aber ich muss hier sagen die Hose ist für den körpernahen Schnitt zu lang.
Das Sakko sitzt oben zu gespreizt und das Revere ist zu schmal.
Krawatte ist zu schmal und passt vom Farbton gar nicht zum schon kräftigen Hemd mit einem etwas wilden Muster
EST ?
Schuhe mal putzen ?

LG und Nichts für Ungut

Stephan
 
Zumal bei Herrn Fries viele (nicht nur) von mir angemerkte Unzulänglichkeiten genau nicht vorkommen und sich damit ein direkter Vergleich auftut was passiert wenn das Revers nicht eddingschmal ist, Krawatte und Hemd nicht einheitlich sind etc.

Natürlich sehen die Kombinationen der Shibumi-Kollegen allesamt hochgradig gut aus und sind stets ein Augenschmaus und auch Inspiration. Geschmacklich stets ganz großes Kino und das zeigt sich ja auch in ihren Produkten - die beiden wissen einfach, wie gut Herrenkleidung aussehen kann.

Ein signifikanter Anteil an diesem Eindruck kommt aber auch von den professionellen Fotos: Vorteilhafte Aufnahmeperspektiven, sehr gutes Tageslicht, lichtstarke Teleobjektive, farbenfrohe oder strukturierte Hintergründe (mit geringer Schärfentiefe), kontrastreiche Bildbearbeitung, gute Einstecktuch-Faltungen (die im wahren Leben genau zwei Minuten lang so halten würden), kecke Gesichtsausdrücke sowie gestellte Posen. Werbefotografie halt.

Als Inspiration deshalb definitiv tauglich, für einen Anfänger aber keineswegs hilfreich. So sehen die "Selfies" von Menschen auf der Straße einfach nicht aus und auch dann nicht, wenn sie sich so kleiden und alles richtig machen. Ich glaube, einen Anfänger demotiviert das eher als dass es ihn anspornt.
 
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