Ein blöder Versuch
Vielleicht ein blöder Versuch: Ich habe eine Zitatsuchmaschine mit dem Wort „Stil“ gefüttert und unter anderem folgende Ergebnisse erhalten:
- „Den Stil verbessern, das heißt den Gedanken verbessern.“ (Friedrich Nietzsche)
- „Der Stil ist der genaue Abdruck der Qualität des Denkens.“ (Arthur Schopenhauer)
- „Die erste, ja für sich allein beinahe ausreichende Regel des guten Stils ist diese, daß man etwas zu sagen habe.“ (Arthur Schopenhauer)
- „Nur ein großer Geist wagt es, einfach im Stil zu sein.“ (Stendhal)
- „Siehst du, daß der Stil ängstlich geglättet und ausgefeilt ist, kannst du sicher sein, daß sich auch die Seele des Autors mit Bagatellen befaßt.“ (Lucius Annaeus Seneca)
Interessant finde ich die gehäufte Vorstellung, dass ein Zusammenhang zwischen Stil- und gedanklicher Qualität besteht, Stil sich also als Zeichen oder Ausdruck einer dahinter stehenden Ansicht oder Haltung deuten lässt.
Übertrüge man diese Annahme einmal sorglos und ohne weitere Rücksicht auf die Kontexte, in denen die oben Zitierten sich geäußert haben, auf die beiden Themen, aus denen die Fragestellung hervorgegangen ist („
Weihnachtsessen overdressed“ und „
Trauerkleidung“), so ergäbe sich daraus die Schlussfolgerung, dass der stilvolle Gast (was immer das im Einzelnen bedeuten mag) seine Feierlichkeit oder Trauer nicht nur besser nach außen signalisieren kann, sondern tatsächlich auch zu einer Vertiefung oder Verfeinerung seiner Regungen in der Lage ist. Ich finde das einen spannenden Gedanken. Er erinnert mich ein bisschen an medizinische Untersuchungen, die zu dem Schluss kommen, dass Botox-Patienten nicht nur weniger Lächeln
zeigen können, sondern deswegen auch weniger Freude
empfinden können.
(Dass sich äußere Signale immer auch vorspiegeln und zum Vortäuschen einer feierlichen, traurigen oder sonstwie gearteten Haltung oder Stimmung missbrauchen lassen, will ich mit dieser Idee natürlich gar nicht in Abrede stellen.)