lst08
Well-Known Member
Mein erster Versuch mit dem neuen System ist jetzt fertig und ich bin wirklich zufrieden. Zu dem neuen System selbst kann ich nicht wirklich etwas Neues beitragen, falls noch jemand eine konkrete Frage hat, soll er einfach Bescheid geben. Maßgenommen hat Lea in Düsseldorf.
Was mir auffällt, sind die einseitigen Falten an der rechten Schulter sowie die Falten kurz über dem Schließpunkt wo das Revers beginnt. Zu beidem habe ich keine Idee, woran das liegt. Man könnte noch ein wenig mehr taillieren, das ist aber Geschmacksache (ich tendiere dagegen). Die Hose hat in der Seitenansicht kleine Falten, was wohl an etwas zu wenig Hüftweite liegt. Wobei am Gesäß und generell vom Gefühl her m.E. nicht zu wenig Stoff da ist.
Interessant ist vielleicht noch die Gesamtlänge, die etwa 1 cm länger ist als bei meinem ersten Munro Versuch. Damals waren sich glaube ich @bluesman528 und @bertone etwas uneinig, ob man das Sakko zukünftig noch etwas länger macht oder nicht. Ich war mir ebenfalls unsicher und habe es daher einfach mal probiert und finde das Ergebnis ausgewogener. Besser ist auch die Brust geworden, wo der Anzug mehr "Kontur" hat.
Alles in allem denke ich ein respektables Ergebnis für den ersten Versuch, insb. auch, da es einer der ersten Versuche von Lea war.
Über Meinungen und Anregungen freue ich mich!
Ich finde den Anzug besonders für den Erstversuch sehr gelungen. Wenn du dir eine moderne aber nicht zu enge Passform wünscht, ist das schon sehr gut.
Trotzdem schadet es nicht an ein paar Stellschrauben zu drehen, oder nachzuhaken beim Berater. Ich weiß auch noch nicht 100% welche Stellschrauben im neuen Custom Made möglich sind.
-Ich würde den Anzug auf keinen Fall weiter taillieren. Das Sakko ist schmal, aber mit schöner Linie. Wenn du das Sakko stärker taillierst, läufst du Gefahr den jetzt schönen, cleanen Übergang an der Taille zu verlieren.
-Am oberen Rücken könntest du etwas mehr Weite zugeben. Das sieht am Latissimus etwas eng aus. Probiere mal eine "Computerpose" mit Armen nach vorne. Dabei muss genug Luft für Bewegung am oberen Rücken sein.
Die Falten an der rechten Schulter sind schwer zu beurteilen. Ich meine zu sehen, dass deine rechte Schulter leicht "hängt" (Rechtshänder?). Evtl. gibt es hier ein "low shoulder adjustment" oder sowas im System.
Außerdem könnte das Armloch zu hoch (vertikal) oder eng (horizontal) sein, da die Falten Richtung Achsel ziehen.
Die kleinen Fältchen sind kein Weltuntergang und fallen im Alltag wrsl. nicht auf, da sie auch von deiner Körperhaltung abhängen, ich würde mir das aber nochmal mit Lea ansehen.
-Deine fallende Schulter (oder sloping shoulder), würde ich nur bei Sportcoats mit einer ungepolsterten Schultervariante machen. Deine Schultern fallen so stark ab, dass eine Schulter mit etwas Struktur mMn besser zu einem Anzug passen würde. Wenn du mir nicht glaubst, schau dir mal die Sachen von Simon Crompton an. Der hat auch eine stark fallende Schulter und mir haut es regelmäßig den Vogel raus, wenn ich sehe, was er da von Maßschneidern teilweise verkauft bekommt. Seine Anzüge mit etwas Struktur in der Schulter stehen ihm 100 mal besser, als die ungepolsterten Varianten.
Das heißt nicht, dass du Terminatorschultern tragen sollst, aber vlt etwas, dass diesem sloping Effekt entgegen wirkt.
Auch ein "rollino" Abschluss an der Schulter würde die Ästhetik verbessern, in dem optisch der Blick nach oben gezogen wird.
-Das Sakko würde ich definitiv 1 cm länger machen beim nächsten Versuch und dann nochmal evaluieren. Bei der Länge nur sehr vorsichtig Zugeben. 2-3cm sind schon eine Welt Unterschied. Zum Vergleich: viele Konfektionsgrößen gehen pro Größe auch nur 1 cm länger.
1cm mehr wäre immer noch modern und nicht spießig, würde aber mMn mehr Balance zu deinem Körperbau bringen.
[/Exkurs: Ein bisschen Suit-Theory dazu: Es gibt viele (v.a. auch deutsche) Schneider, die mit einem Rechensystem arbeiten. Beispiele: https://www.muellerundsohn.com/ueber-uns/ ; https://sartorialnotes.com/2013/08/07/volkmar-arnulf-on-fashion-in-bespoke-tailoring/ .
Dabei gibt es viele Theorien wie Symmetrie oder den "goldenen Schnitt" oder ähnliches. Mal anschaulich ein paar Methoden erklärt:
1. Die Sakkolänge (immer ohne Kragen, da dieser je nach Kragenhöhe/ Reversbreite unterschiedlich ausfällt; teilweise auch als "Nackenhöhe" bezeichnet) sollte den sichtbaren vom Anzug bekleideten Körper in zwei Hälften teilen. Also nachmessen im Stehen ab Nacken ohne Kragen bis zu den Fersen, bzw. Oberkante der Absätze (genauso wie Kragen den Absatz nicht mit messen). Einfacher wäre natürlich bis Ende der Hose zu messen.
Dann dieses Maß durch 2 teilen = Symmetrie oben und unten = Sakkolänge.
2. Nach dem goldenen Schnitt (Asymmetrie) wird das Verhältnis Sakko und Hose mit jeweils dem Gesamtkörper gesetzt. Hier mit der Mona Lisa ganz gut erklärt: https://www.saxoprint.de/blog/der-goldene-schnitt .
Wenn man die oben gezeigten Maße von Arnulf 2013 zum Ausgang nimmt: z.B. halbe Körpergröße minus 12-13 cm oder halbe Nackenhöhe minus 1-2 cm wird man schnell sehen, dass alle Methoden zu einem relativ ähnlichen Ergebnis kommen, dass sich nur plus/minus wenige cm unterscheidet.
Mein Beispiel nach Arnulf: Körpergröße 175cm / 2 = 87,5cm davon minus 12-13 = 74,5 bis 75,5 cm. Und Wunder, Wunder meine go-to Sakkolänge ist 75cm. /Exkurs Ende]
-Die Hose könnte mMn mehr Weite an der Hüfte vertragen (hast du ja schon richtig erkannt). Wenn du gefühlt nur vorne mehr Luft brauchst, kann man im System evtl. nur an der vorderen Hüftweite etwas zugeben?
Nach meinem persönlichen Geschmack dürfte die Hose auch etwas weiter am Oberschenkel und den Waden sein, aber das bliebt Geschmackssache. Wenn man im Anzug hauptsächlich sitzt (am Schreibtisch) verschieben sich die Prioritäten schnell mal Richtung mehr Luft....