Nicht-Wettbewerb (inoffiziell) 1.0 Thema: anglophiler Land(adel)wirt

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Richtig. Und, motiviert vom florierenden "Bekenntnisse"-Thread, oute ich mich nun: der Tweed-Anzug ist für mich meist der "einfach schönere" Anzug.
Ein Punkt dabei ist, dass selbst in diesem kleidungsinteressierten Kreis eine von negativen Assoziationen geprägte Haltung gegenüber dem Kammgarnwollanzug, insbesondere dem in gedeckten klassischen Uni-Farben, besteht, von dem man sich abgrenzen möchte. Wir leben heute in einer angestrebten Kultur der ewigen Freizeit, in der demonstrierter Luxus häufig genug daraus besteht, nicht wie das alte überkommene Klischee eines (büro-)arbeitenden Menschen auszusehen. Alles muss lässiger, weniger konservativ, irgendwie "individueller" rüberkommen. Dazu kommen noch reichlich unterschwellige Ressentiments gegen Politiker, Finanzdienstleistende, Vertriebler verschiedenster Branchen und derlei mehr, die den gedeckten Kammgarnwollanzug mit sichtbarem Desinteresse an der Kleidungsmaterie zu ihrer traditionellen Uniform gemacht haben.

Dagegen bietet der Tweedanzug (und bis zu einem gewissen Grad auch der Flanellanzug, die Kombination sowieso) über das zweifellos buntere, textur- und musterreiche Stoffempfinden hinaus eine ländlich-aristokratische bis urban-hipsterige Gegenkultur an, die von solchen Assoziationen frei ist und in unsere Freizeitkultur auf eine verschroben sympathische Weise besser hineinpasst. Ich mag Tweed in seiner leichteren, weicheren, italienischen Interpretation auch (ohne die dezente Kammgarnwolle deswegen gering zu schätzen), aber ich bin mir eben gar nicht so sicher, inwieweit das immer nur dem bewussten Wunsch nach sartorialer Vielfalt geschuldet ist. ;)
 
Ein Punkt dabei ist, dass selbst in diesem kleidungsinteressierten Kreis eine von negativen Assoziationen geprägte Haltung gegenüber dem Kammgarnwollanzug, insbesondere dem in gedeckten klassischen Uni-Farben, besteht, von dem man sich abgrenzen möchte.

Meinst Du wirklich auch hier im Forum? Aber doch nicht beim wirklich aktiven Teil.
Habe ich zumindest noch nicht mitbekommen. (Es sei denn, die gedeckte Farbe ist schwarz ;))

Ich habe sie jedenfalls nicht. Dafür gibt es viel zu viele herrliche Anzüge aus diesem Stoff.
 
Ein Punkt dabei ist...

Da ist auf jeden Fall was dran. Ich trage schon lange Sakko, aber es waren meist Cordsakkos oder sehr grobe Fischgrät. Die waren auch meistens eher zu kurz (Indie-Look im slimmsten Sinne ;)). Erst, seit dem ich mit feineren Sportsakkos (mit einigermassen forumskonformer Passform) unterwegs bin, fällt das den Leuten als "Sakko"/schick/so förmlich auf...
 
Ein Punkt dabei ist, dass selbst in diesem kleidungsinteressierten Kreis eine von negativen Assoziationen geprägte Haltung gegenüber dem Kammgarnwollanzug, insbesondere dem in gedeckten klassischen Uni-Farben, besteht, von dem man sich abgrenzen möchte. Wir leben heute in einer angestrebten Kultur der ewigen Freizeit, in der demonstrierter Luxus häufig genug daraus besteht, nicht wie das alte überkommene Klischee eines (büro-)arbeitenden Menschen auszusehen. Alles muss lässiger, weniger konservativ, irgendwie "individueller" rüberkommen. Dazu kommen noch reichlich unterschwellige Ressentiments gegen Politiker, Finanzdienstleistende, Vertriebler verschiedenster Branchen und derlei mehr, die den gedeckten Kammgarnwollanzug mit sichtbarem Desinteresse an der Kleidungsmaterie zu ihrer traditionellen Uniform gemacht haben.

Dagegen bietet der Tweedanzug (und bis zu einem gewissen Grad auch der Flanellanzug, die Kombination sowieso) über das zweifellos buntere, textur- und musterreiche Stoffempfinden hinaus eine ländlich-aristokratische bis urban-hipsterige Gegenkultur an, die von solchen Assoziationen frei ist und in unsere Freizeitkultur auf eine verschroben sympathische Weise besser hineinpasst. Ich mag Tweed in seiner leichteren, weicheren, italienischen Interpretation auch (ohne die dezente Kammgarnwolle deswegen gering zu schätzen), aber ich bin mir eben gar nicht so sicher, inwieweit das immer nur dem bewussten Wunsch nach sartorialer Vielfalt geschuldet ist. ;)

Alle sicher richtig. Die Frage ist nur: So what?

Ein gewisses Absetzungsbedürfnis gegenüber der Masse oder auch nur gegenüber anderen Subkulturen besteht wohl bei so ziemlich jedem Foranten hier. Ob das nun ästhetisch motiviert ist oder politisch oder sozial, oder ob es gar psychopathologisch auffällig ist, ist mir zumindest einigermaßen gleich.

Was ich dabei aber amüsant finde, ist das immer wieder offensichtlich werdende Bedürfnis, sich vom Absetzungsbedürfnis abzusetzen, um damit in die nächste Schleife der stilistischen Erleuchtung einzubiegen: "Natürlich bin ich weit besser gekleidet als die schreckliche graue Masse da draussen. Das hat aber rein gar nichts mit Absetzungsbedürfnis zu tun..."

Und damit genug der Theorie von meiner Seite, demnächst stattdessen mehr Tweed hier aber auch graues Kammgarn anderswo, dann aber mindestens Zweireiher, irgendwie muß man sich ja von der grauen Masse etc etc...

Crouchback

PS: Verzeihung, paisley, ich habe die Tür zum Debattierclub nicht gefunden.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Mit dem Abgrenzungsbeduerfnis, da koennte man ja schon beim Anzug per se anfangen. Und beim EST drei mal. Darf man denn jetzt hier gar nichts mehr tragen, wegen eines potentiellen Abgrenzungsbeduerfnisses? Wenn das so gross waere, warum sieht man dann nicht mehr Bilder in pinken 90er Sakkos hier?

Ich finde das etwas muessig ehrlich gesagt. Ich mag Tweed, weil der Stoff sehr schoen ist, sich super gut tragen laesst und ich mich darin sehr wohl fuehle. Ob da ein Abgrenzungsbeduerfnis dahinter steckt? Kann sein, keine Ahnung, aber gewoehnliche grenze ich mich durch meine Alltagskleidung in satisfiszierender Weise ab. Und hier im Forum? Tragen doch extrem viele Tweed, sieht man doch.

Gerade auf der Ebene blogger blue - Tweed, oder was da fuer ein kuenstlicher Kontrast karikiert werden soll, sehe ich da weder auf der einen, noch auf der anderen Seite mehr oder minder starke Abgrenzungsbeduerfnisse. Lasst uns doch einfach den blauen Anzug, genauso wie den Tweed ;)

Interessant finde ich dann doch, und ich hoffe ich mache mir da beide Seiten nicht zum Feind, wie sich die gegenseitigen Seiten angreifen, aber auch angegriffen fuehlen. Das ist doch genau das selbe Spiel, nur von zwei unterschiedlichen Perspektiven.

Die Akzeptanz von Meinungspluralismus ist scheinbar etwas, was auch in demokratischen Gesellschaften bis heute nicht wirklich in den Koepfen angelangt ist.
Over and out.
 
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Mit dem Abgrenzungsbeduerfnis, da koennte man ja schon beim Anzug per se anfangen. Und beim EST drei mal. Darf man denn jetzt hier gar nichts mehr tragen, wegen eines potentiellen Abgrenzungsbeduerfnisses? Wenn das so gross waere, warum sieht man dann nicht mehr Bilder in pinken 90er Sakkos hier?

Ich finde das etwas muessig ehrlich gesagt. Ich mag Tweed, weil der Stoff sehr schoen ist, sich super gut tragen laesst und ich mich darin sehr wohl fuehle. Ob da ein Abgrenzungsbeduerfnis dahinter steckt? Kann sein, keine Ahnung, aber gewoehnliche grenze ich mich durch meine Alltagskleidung in satisfiszierender Weise ab. Und hier im Forum? Tragen doch extrem viele Tweed, sieht man doch.

Gerade auf der Ebene blogger blue - Tweed, oder was da fuer ein kuenstlicher Kontrast karikiert werden soll, sehe ich da weder auf der einen, noch auf der anderen Seite mehr oder minder starke Abgrenzungsbeduerfnisse. Lasst uns doch einfach den blauen Anzug, genauso wie den Tweed ;)

Interessant finde ich dann doch, und ich hoffe ich mache mir da beide Seiten nicht zum Feind, wie sich die gegenseitigen Seiten angreifen, aber auch angegriffen fuehlen. Das ist doch genau das selbe Spiel, nur von zwei unterschiedlichen Perspektiven.

Die Akzeptanz von Meinungspluralismus ist scheinbar etwas, was auch in demokratischen Gesellschaften bis heute nicht wirklich in den Koepfen angelangt ist.
Over and out.

Banker,

Verzeihung, wenn mein Beitrag anders verstanden wurde: Ich stimme mit allem oben Gesagten völlig überein.

Crouchback
 
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