Also:
An der Uni haben wir nie Anzüge getragen.
Ja, es gab ein paar Jungs, die das taten, das war aber zu einer Zeit vor dem iGent-Phänomen, es handelte sich also nicht um Dolzerjünger sondern um die der Computer-AG und Jungen Union entwachsenen Aktenkoffer-mit-CDU-und-IBM-Aufkleber-Boys.
Für die war es vermutlich was tolles, sich wie "Geschäftsleute" zu kleiden. Wahrscheinlich gab es in deren Privatleben nur ganz selten mal einen Grund, sich in Schale zu schmeissen und sich herauszuputzen, und da war der Gang in die Controllingvorlesung dann ein Highlight.
Naja, und dann gab es noch die humorlose und i.d.R. durch finanziell eher überschaubar flexibe Elternhäuser zum Leben in Verbindungshäusern gezwungene Fraktion der Beinahemanager von und zu Zackig (Buxen, Landser). In ein weisses Corps hätte ich eintreten können, war aber weder aus Wohnraumbedarf noch aus aufzubauendem Netzwerk gezwungen, dies zu tun, da beides längst vorhanden war. Dort jedenfalls trug man anlassbezogen Anzug, was ja am ehesten noch nachvollziehbar war.
Wir jedenfalls wussten sowieso, wer wir sind, mussten uns also nicht durch unpassende Kleidung profilieren; trugen Anzug bei Festen und Familienfeiern, und schlurften ansonsten mit Cord und Jeans, dazu abgelegten Tweedjacken vom Vater oder der John Partridge wax jacket vom Onkel umher und wussten, dass die ernste Anzugzeit noch früh genug kommt.
Ja, ein oder zwei Pfauen, die was auf sich hielten und stets geschniegelt wie ein Dressman daherkamen, die gab es; denen sind wir aber ausserhalb der Uni nie begegnet, wo auch.