Ist schicke Kleidung out bei der Masse der Menschen ?

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Ich denke, dass dein Vergleich insofern hinkt, dass jeder Mensch ein gewisses Kapital zur Verfügung hat und dann entscheidet wie er dieses verteilt. Vielleicht bin ich optimistisch, aber ich vermute, dass die Mitglieder hier im Schnitt nicht weniger spenden als der Durchschnittsdeutsche. Natürlich gibt es eine Grenze, ab der dass Kapital ausschließlich für das Überleben reicht, aber wir viele tatsächlich an dieser Grenze in Deutschland leben bin ich mir nicht so sicher.
Viele der hier anwesenden verzichten auf andere Luxusgüter zugunsten von Kleidung oder ähnlichem.

Wenn jemand als konservativ wahrgenommen wird, weil er lieber Geld für Leistung ausgibt als z.B. für Computerspiele, Autotuning, Fussballfanartikel oder sonst was ist dies in der heutigen Zeit nicht mehr durch die Repressivität des Mediums Herrenkleidung sondern, liegt zum Großteil in fest eingesessenen Vorurteilen begründet.
 
Hast Du eine Quelle dafür? Weder in „italienische Reise“ noch in “Briefe, Tagebücher, Gespräche“ finde ich eine derart allgemeine Brachialkritik; wenngleich er sich vereinzelnd sicherlich auch kritisch äußerte, ist sein bei Weitem überwiegendes Resümee überaus anerkennend bis sogar begeisternd.

Habe das vor kurzem in einer Ausstellung oder einem Museum aufgeschnappt, Quelle ist mein Gedächtnis. Da ich sehr unbelesen bin, glaube ich Dir gerne, dass mir das Gedächtnis in dieser Hinsicht einen Streich spielt. Ich erlaube mir ohnehin, Dinge schön zu finden, die wichtige Dichter mal häßlich fanden.
 
Ich persönlich finde es auch schön, wenn man gewissen Ereignissen und Momenten durch Kleidung einen entsprechenden Stellenwert gibt.
Früher hat es mich auch geärgert wenn Mitbürger das grundsätzlich anders gesehen haben.
Nun habe ich gelernt das PERSÖNLICH hier das entscheidende Wort ist.
Solange wir uns wohlfühlen ist doch alles gut und ich darf mein Empfinden auch nicht auf andere übertragen.

Nur weil ich es toll finde mit voller Montur in ein Restaurant zu gehen, darf ich das nicht von anderen verlangen. Wer bin ich das zu tun ?

Außerdem präsentiert sich dann halt jeder wie kann und meint, ich muss dann mit diesen Leuten ja keine engeren Bande knüpfen. :rolleyes:

Ein gewisses Grundmaß an Anstand und Kleidung wie lange Hosen zum Essen, in der Kirche sollten aber schon gegeben sein. Das hat einfach etwas mit Benehmen und nicht mit sartorialen Befindsamkeiten zu tun.
 
Solange wir uns wohlfühlen ist doch alles gut und ich darf mein Empfinden auch nicht auf andere übertragen.

Ich finde schon, dass man das in einer Gesellschaft tun darf. Die Frage ist, auf welche Weise ich das tue. Während die Individualisierung der Gesellschaft uns zweifellos Freiheiten gegeben hat, die wir vorher nicht hatten, hat sie uns dafür den Verlust des Zusammengehörigkeitsgefühls gekostet. Man geht nicht mehr ins Restaurant, um gemeinsam mit anderen Menschen an den anderen Tischen den Moment und den Ort zu würdigen, sondern die anderen Menschen sollen einem vollkommen egal sein. Ich finde das schade. Mir sind die anderen Menschen nicht egal und ich möchte auch nicht egal sein.

Nur weil ich es toll finde mit voller Montur in ein Restaurant zu gehen, darf ich das nicht von anderen verlangen. Wer bin ich das zu tun ?

Ein Mitglied der Gesellschaft. Ich darf verlangen, dass die Individuen in einer Gesellschaft, die am gesellschaftlichen Zusammenleben teilnehmen, auch gewisse Pflichten erfüllen. Ob eine bestimmte Kleidung dazu gehört, können wir sicherlich lange diskutieren. Für viele Menschen gehört sie nicht dazu, keine Frage. Für mich gehört sie dazu.

Ich finde zum Beispiel, dass zu einem Zusammenleben in der Gesellschaft auch dazu gehört, dass ich beim Betreten eines Raumes "guten Tag" sage.

In den USA habe ich oftmals diese Schilder hier gesehen:

http://www.victorystore.com/media/c...rvice-stock-corrugated-plastic-sign-18x24.jpg

Ich finde das nicht verwerflich. Es hat auch bisher niemand dagegen geklagt, obwohl man in den USA ja faktisch gegen alles klagen kann, was in irgend einer Form dazu führt, dass ich nicht hofiert werde wie ein König, ganz gleich wie ich mich benehme.
 
Ein Mitglied der Gesellschaft. Ich darf verlangen, dass die Individuen in einer Gesellschaft, die am gesellschaftlichen Zusammenleben teilnehmen, auch gewisse Pflichten erfüllen. Ob eine bestimmte Kleidung dazu gehört, können wir sicherlich lange diskutieren. Für viele Menschen gehört sie nicht dazu, keine Frage. Für mich gehört sie dazu.

Tja, mit derselben Berechtigung sagt sich der Typ am Nachbartisch: "Was für ein Schnösel, mit seiner steifen, formalen Kleidung vermiest er mir hier den entspannten Restaurantabend. Der soll sich doch umschauen: sowas ist hier absolut unüblich und deplaziert." Objektiv betrachtet tue ich mich schwer einer der beiden Ansichten den Vorzug zuzusprechen. Da ist ein "soll ein jeder nach seiner Fasson selig werden" noch der brauchbarste Kompromiss.

Ich bin ja auf Deiner Seite, mir aber auch bewusst dass das meine subjektive Meinung ist, und objektiv halt nicht die einzig valide.


Ich mach dann mal den Sprachnazi und frage mich, wieso man dort ohne T-Shirt und Shorts nicht bedient wird... :p
 
Das Recht zu bestimmen was falsch und was richtig ist liegt wohl einzig und allein beim Gastgeber/Betreiber.
Gesellschaftliche Korrektheit ist immer im Wandel.

Die Kirche stellt sich heut doch nicht mehr die Frage wie die Leute gekleidet sind, sondern ist froh wenn überhaupt jemand kommt.

Und wenn der Mann mit Hut sich über die Tausende Hutlosen pikiert, dann ist er doch eigentliche jener auf dem zeitlich falschen Dampfer.

Richtig tolle Beispiele gibt es doch bei den "Pinguinen" hier, die immer mal wieder mit Freude und Leidenschaft ihre Sache vertreten. Sich voll und ganz auf sich konzentrieren und die anderen Leute halt Leut sein lassen. So hält man Werte auf angenehme Weise hoch.
 
Richtig tolle Beispiele gibt es doch bei den "Pinguinen" hier, die immer mal wieder mit Freude und Leidenschaft ihre Sache vertreten. Sich voll und ganz auf sich konzentrieren und die anderen Leute halt Leut sein lassen. So hält man Werte auf angenehme Weise hoch.

Wieder die normative Kraft des Faktischen: Als einzelner Pinguin bin ich deplaziert, im Pinguinrudel (oder Schwarm? Wie sagt man eigentlich bei Pinguinen?) hingegen wieder gut aufgehoben, da verschieben wir selber die Skala was "üblich" und "angemessen" ist. Zumindest für den einen Abend.
 
Tja, mit derselben Berechtigung sagt sich der Typ am Nachbartisch: "Was für ein Schnösel, mit seiner steifen, formalen Kleidung vermiest er mir hier den entspannten Restaurantabend. Der soll sich doch umschauen: sowas ist hier absolut unüblich und deplaziert."

Ja, das sagt er sich. Und das darf er auch. Die Gedanken sind frei.

Objektiv betrachtet tue ich mich schwer einer der beiden Ansichten den Vorzug zuzusprechen.

"Objektiv" gibt es bei dieser Frage m.E. nicht. Objektiv hieße, dass es eine vom Menschen unabhängige Instanz gäbe. Die gibt es nicht, das Zusammengehörigkeitsgefühl und der persönliche Genuss einer Horde schön gekleideter Menschen ein rein subjektives Empfinden ist. Sind 100 Menschen in einem Raum, gibt es 100 subjektive Empfindungen über die Situation, aber keine einizige ist objektiv.

Da ist ein "soll ein jeder nach seiner Fasson selig werden" noch der brauchbarste Kompromiss.

Ich möchte auch, dass jeder glücklich wird. Das schließt aber nicht aus, dass Menschen das Glücklichwerden von anderen Menschen lernen können. Sehr viele kulturelle Genüsse des Menschen müssen erst mühsam erlernt werden - Lesen, Musikgenuss, Kunstverständnis, ästhetisches Empfinden, kulinarische Genüsse. Wenn ein erfahrener Weinkenner und ein Weinbanause eine Weinprobe besuchen, gibt es hinterher zwei subjektive Erkenntnisse über die Qualität der Weine. Dennoch werte ich die Meinung des erfahrenen Weinkenners als maßgeblich und die des Weinbanausen nicht.

Das Recht zu bestimmen was falsch und was richtig ist liegt wohl einzig und allein beim Gastgeber/Betreiber.

Ach was. Der hat am wenigsten Ahnung, der will nur Geld verdienen.

Gesellschaftliche Korrektheit ist immer im Wandel.

Es geht mir nicht um Korrektheit. "Korrekt" mag sein, was irgend einer Regel entspricht, und bei der Regelfindung mag eine Mehrheit oder sonstwas ausschlaggebend sein. Gemäß der Regeln war das Rauchen in Restaurants mal "korrekt" und jetzt ist es das nicht mehr. Als rücksichtslos empfand ich es schon immer, ganz gleich was die Gesetzeslage sagt.

Richtig tolle Beispiele gibt es doch bei den "Pinguinen" hier, die immer mal wieder mit Freude und Leidenschaft ihre Sache vertreten. Sich voll und ganz auf sich konzentrieren und die anderen Leute halt Leut sein lassen. So hält man Werte auf angenehme Weise hoch.

Ich sage ja auch nicht, dass eine selbst ernannte Instanz den Leuten Vorschriften machen sollte. Mein Wunsch ist, dass die Menschen von selbst ihren Hals nicht stumpf nach der Mehrheit drehen ("alle kommen im T-Shirt, also komme ich auch im T-Shirt"), sondern versuchen, von demjenigen zu lernen, der aufgrund einer mühsamen und intensiven Beschäftigung mit dem Genuss am meisten Erfahrung damit hat, ein Ereignis besonders erlebenswert zu machen.

Wieder die normative Kraft des Faktischen: Als einzelner Pinguin bin ich deplaziert, im Pinguinrudel (oder Schwarm? Wie sagt man eigentlich bei Pinguinen?) hingegen wieder gut aufgehoben, da verschieben wir selber die Skala was "üblich" und "angemessen" ist. Zumindest für den einen Abend.

Die Mehrheitsverhältnisse sind meiner Ansicht nach nicht maßgeblich für die Frage, wer etwas richtig macht und wer nicht. Dass der Mensch sich in der Mehrheit wohler und beschützter fühlt als in der Minderheit (und dementsprechend auch keine blöden Blicke bekommt), steht auf einem ganz anderen Blatt.
 
Habe das vor kurzem in einer Ausstellung oder einem Museum aufgeschnappt, Quelle ist mein Gedächtnis. Da ich sehr unbelesen bin, glaube ich Dir gerne, dass mir das Gedächtnis in dieser Hinsicht einen Streich spielt. Ich erlaube mir ohnehin, Dinge schön zu finden, die wichtige Dichter mal häßlich fanden.

Einverstanden.

Aber:

Da hast Du Dich natürlich schön hinters Licht führen lassen, denn selbstverständlich hat der Herr Minister sich nicht vereinzelnd, sich atomisierend, sich quasi in seine Einzelteile zerlegend kritisch geäußert; sondern vereinzelt.

Nur zur Sicherheit, nicht dass irgendwann noch in den Schulbüchern zu lesen ist, also in ferner Zeit, wenn Archäologen das Stilmagazin ausgegraben haben: Goethe pulverisierte sich während der Niederschrift der italienischen Reise und wirkte fortan als Hologramm seiner selbst weiter. Man weiß ja nie.
 
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