Herstellkosten handgemachte Schuhe?

Welche Fehde?
Abgesehen davon bin ich mir ziemlich sicher die eingangs gestellte Frage beantwortet zu haben,
nun aber ist die Frage aufgetaucht wie man die diversen im Internet gebrauchten Termini
wie Manufaktur, Handarbeit, Handfertigung und dergleichen mehr interpretieren kann oder sollte.

Das würde ich nun wirklich nicht als Fehde bezeichnen sondern eher als Begriffsklärung verstehen.
Dass dabei Themen angesprochen werden, die nicht jedermann gefallen oder in den Kram passen,
liegt einfach in der Natur der Sache.
Goodyear Welted ist in den meisten Fällen ein geklebt-genähter Schuh, eigentlich geklebt aber auch genäht.

Es wird viel Schindluder mit den Fachbegriffen getrieben, und wenige beziehen konkret Stellung dazu
wenn nachgefragt wird ob gelernte Schuhmacher, oder gar -meister, die Schuhe tatsächlich produzieren.

Letztendlich eine Frage der Gewinnmarge, und das war doch die gestellte Frage, oder habe ich mich verlesen? :eek:
 
Kann man nicht verallgemeinern, weil die Kostenstrukturen unterschiedlich sind. Ein normaler Lohn in Ungarn liegt um 600 EUR, in Deutschland locker das 4- oder 5- oder 6-fache. Dazu hast Du unterschiedliche Materialeinsätze, auch Lagerhaltung in unterschiedlichem Umfang. Mich würde interessieren, wie lange ein guter Schuhmacher für ein paar maßgefertigte Schuhe braucht. Also komplett Handarbeit. Dann könnte man am ehesten vergleichen bspw. mit der Fertigung eines selbständigen Einzelunternehmers, einer größeren Firma mit Angestellten, einer Handelsstufe......
 
Der Zeitaufwand hängt von der Fertigungstiefe in seiner Werkstatt ab, ob er den Entwurf selbst anfertigt oder nur ein vorhandenes Schuhdesign kopiert wird, ob er das Leder flechten muss oder zukauft, ab.
Gibt er das Leistenerstellen außer Haus oder macht er sie selbst?
Werden die Schaftteile von ihm selbst zugeschnitten und vernäht oder bestellt er den Schuhschaft bei einem Schaftmacher?
Welches Leder wird verarbeitet?
Wie aufwendig sind die Schuhe z.B. konischer Absatz aus einzelnen Absatzflecken, Fiddle Bevelled Waist,
Schuhe oder Stiefelette, sonstige Besonderheiten der Ausführung und des Ausputzes usw..
Fertigt er Probeschuhe und falls ja, wie viele Paare?
Oder lässt er die Maßschuhe selbst irgendwo in Rumänien oder sonst wo fertigen?

Es dürfte schwer fallen für all diese Arbeiten, die von Schuhmacher zu Schuhmacher sehr stark variieren,
ein Stunden-Richtmaß zu bestimmen.
Da hinzu kommen die unterschiedlichen Preise für Maßschuhe, von ca. 3.000 € bis hin zu rd. 7.000.- € (nicht LOBB).

Und ehrlich gesagt, es macht gar keinen Sinn sich über den Verdienst eines Schuhmachers oder
einer Schuhfabrik resp. -manufaktur sich seine Gedanken zu machen solange eine Schuhfabrik als Schuhmanufaktur bezeichnet wird und der Unterschied zw. arbeitsteiliger Fertigung und einer veritablen Schuhmacher-MEISTER-Arbeit weder jedem Leser klar sind noch auf allgemeine Akzeptanz stoßen.
Fakt ist nun einmal, dass man, ich wiederhole mich, beim Schuhmacher selbst günstigere Preise erhält
als über Händler, die wiederum auch ganz bestimmte Vorteile bieten,
nur halt eben so gut wie keine handgemachten Schuhe führen.
Ja, es gibt auch Ausnahmen - no-name-Schuhe als Hausmarken von denen niemand so genau weiß
wer sie macht und wo sie genau herkommen oder Shoes & Shirts, Ladage & Oelke, HH, und andere Händler.

Bei handgemachten Schuhen kommt es weniger darauf an was wer daran verdient,
sondern dass sie möglichst gut sitzen und der Schuhmacher ggf. bereit ist die beiden Leisten anzupassen
und dass man sich als Kunde bei ihm wohl und geborgen fühlt.

Ein wenig verwundern tut mich allerdings das plötzliche Interesse an handgemachten Schuhen....
 
Och, ich würde mich da nicht wundern. Hat durchaus seinen Reiz. Allerdings ist der Markt extrem intransparent. Der kleine Krauter kann durchaus bessere Schuhe produzieren als ein großer Name. Und was das Geld angeht: Ich gestehe jedem einen fairen Lohn zu (gerade Handwerkern), habe aber keine Lust, irgendwelche Handelsstufen durchzufüttern.

Ich kenne das aus dem Bereich FMCG, Sanitärinstallation, Bau, RTW, wer wo wie das Händchen aufhält. Paradebeispiel Sanitär. Frag mal, ob Dir jemand eine Badewanne oder einen Durchlauferhitzer einbaut. Hersteller->Großhändler->teilweise Zwischenhändler->Handwerker und jeder haut massiv Prozente drauf. Kommt dazu noch "Marke", zahlste den Schnellzugaufschlag. Das eigentliche Handwerk, also der gerechtfertigte Stundensatz, wird dann ganz schön aufgeblasen................
 
Entweder einem Händler seinen Verdienst zugestehen oder auf die Reise gehen?
Ein Forenmitglied war mal bei Giuseppe Bettanin, andere bei Andrea Ripani - Reisezeit und -aufwand
verknüpft mit sonstigen Einkäufen wie Cashmerestrick oder einen Maßanzug aus dem Zentrum der italienischen Schneiderkunst in derselben Provinz wie die Schuhe, dann rechnet sich das locker bei entsprechender Menge Bargeld.
Man kann auch per E-Mail Schuhe beim Schuhmacher bestellen - das macht nur relativ wenig Sinn,
da man sie nicht vorher anprobieren kann.

Zum Thema Transparenz:
Natürlich gibt es in dem Städtchen sehr viele Schuhmachereien, und in Italien gibt es viele Städtchen.
Andererseits gibt es im Internet auch jede Menge Informationen zu den Schuhmachern zu finden,
sogar im Stilmagazin!
Auch zu Cashmere - es wäre also nicht der erste Abstecher in die Nachbarprovinz Umbrien mit persönlichen Grüßen.

Es bleibt die Frage ob jemand einen Einkaufsurlaub mit Dolce Vita verknüpfen oder überhaupt machen will.
Obwohl ich es rundum ablehne Preise zu nennen kann ich so viel verraten, dass schon so mancher gestaunt hat
ob der günstigen Preise, erst recht in Verbindung mit dem Schuhleder und der Passform der Schuhe,
ganz zu schweigen vom Gehkomfort.
Sie liegen für ein Paar komplett handgemachte Schuhe ganz locker unterhalb der bekannten
Internet-Schuhmarken aus England,
für Blake Rapid mit Zwischensohle und inkl. bestem Kalbsleder ... nun ja, überaus günstig.
Man muss halt nur wissen zu welchem Schuhmacher man geht und gerade nicht im Fabrikverkauf
der bekannteren Schuhmarken auflaufen; Santoni, Lattanzi, Bontoni & Co gibt es auch,
nicht wirklich besser aber teurer.

Die weniger bekannten Schuhmacher müssen derzeit leider zu sehr niedrigen Stundensätzen arbeiten und
trotzdem eine gute Qualität abliefern, um zu überleben - daher gebe ich auch keine Preise an,
damit sie die Chance auf eine faire Bezahlung ihrer Arbeiten haben.

Adressen gebe ich nur gegen die Zusage heraus die Preise beim Schuhmacher nicht zu verhandeln.
Sie kennen mich, ich verdiene nichts daran, habe aber auch kein Interesse daran mich beim nächsten Besuch
komisch anmachen zu lassen so von wegen... alles schon passiert und da gewesen!

Vielleicht stöbert ja mal jemand hier, dann kann er nachlesen wie zufrieden ein Kunde sein kann.
 
Entweder einem Händler seinen Verdienst zugestehen oder auf die Reise gehen?
Ein Forenmitglied war mal bei Giuseppe Bettanin, andere bei Andrea Ripani - Reisezeit und -aufwand
verknüpft mit sonstigen Einkäufen wie Cashmerestrick oder einen Maßanzug aus dem Zentrum der italienischen Schneiderkunst in derselben Provinz wie die Schuhe, dann rechnet sich das locker bei entsprechender Menge Bargeld.
Man kann auch per E-Mail Schuhe beim Schuhmacher bestellen - das macht nur relativ wenig Sinn,
da man sie nicht vorher anprobieren kann.

Zum Thema Transparenz:
Natürlich gibt es in dem Städtchen sehr viele Schuhmachereien, und in Italien gibt es viele Städtchen.
Andererseits gibt es im Internet auch jede Menge Informationen zu den Schuhmachern zu finden,
sogar im Stilmagazin!
Auch zu Cashmere - es wäre also nicht der erste Abstecher in die Nachbarprovinz Umbrien mit persönlichen Grüßen.

Es bleibt die Frage ob jemand einen Einkaufsurlaub mit Dolce Vita verknüpfen oder überhaupt machen will.
Obwohl ich es rundum ablehne Preise zu nennen kann ich so viel verraten, dass schon so mancher gestaunt hat
ob der günstigen Preise, erst recht in Verbindung mit dem Schuhleder und der Passform der Schuhe,
ganz zu schweigen vom Gehkomfort.
Sie liegen für ein Paar komplett handgemachte Schuhe ganz locker unterhalb der bekannten
Internet-Schuhmarken aus England,
für Blake Rapid mit Zwischensohle und inkl. bestem Kalbsleder ... nun ja, überaus günstig.
Man muss halt nur wissen zu welchem Schuhmacher man geht und gerade nicht im Fabrikverkauf
der bekannteren Schuhmarken auflaufen; Santoni, Lattanzi, Bontoni & Co gibt es auch,
nicht wirklich besser aber teurer.

Die weniger bekannten Schuhmacher müssen derzeit leider zu sehr niedrigen Stundensätzen arbeiten und
trotzdem eine gute Qualität abliefern, um zu überleben - daher gebe ich auch keine Preise an,
damit sie die Chance auf eine faire Bezahlung ihrer Arbeiten haben.

Adressen gebe ich nur gegen die Zusage heraus die Preise beim Schuhmacher nicht zu verhandeln.
Sie kennen mich, ich verdiene nichts daran, habe aber auch kein Interesse daran mich beim nächsten Besuch
komisch anmachen zu lassen so von wegen... alles schon passiert und da gewesen!

Vielleicht stöbert ja mal jemand hier, dann kann er nachlesen wie zufrieden ein Kunde sein kann.
Vermutlich haben Sie Recht und die Welten zwischen denen, die die Schuhe herstellen und denen, die etwas - schuhverrückt - nach dem "Besonderen" suchen, sehen bei genauer Betrachtung völlig anders aus.
Ich habe mir im letzten Jahr ein Paar Italigente gekauft, als ein Forenmitglied auf der Suche nach einem eleganteren Schuh für die wärmen Zeiten war und ein anderes Mitglied ihm den Tipp gab, es doch einmal auf der Homepage der Fa. Italigente zu probieren. Ich habe damals als Trittbrettfahrer ebenfalls Online ein Paar dieser Schuhe bestellt. Der Preis war von ursprünglich 400 Euro auf 250 Euro heruntergesetzt. Wenn ich ehrlich bin, die 400 Euro hätten mich nicht umgebracht.
Der Schuh ist wirklich sehr schön und wird auf einigen Blogs auch ausführlich beschrieben und präsentiert z.B hier:
http://www.theshoesnobblog.com/2015/09/italigente-the-review.html.
Enstanden ist dieses Modell wohl aus einer Zusammenarbeit einiger Schuhenthusiasten in Schweden zusammen mit dem Blog um http://shoegazing.se/english/2015/08/30/report-the-making-of-italigente/.
Aufschlußreich wird es jedoch, wenn man sich die Reportage genau und langsam durchliesst. Der Schuh wird letztendlich in einer garagenartigen Fabrik von Mitgliedern einer Familie und ein paar Angestellten fabriziert und wenn man sich die Bilder ansieht, kommt man zu der Schlußfolgerung, dass die Produzenten sicherlich nicht vermögend im Sinne von Reich sind. Da ist auf der einen Seite sicherlich die Liebe zum eigenen Können und Handwerk; dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Leute diese Arbeit aus einer ökonomischen Notwendigkeit heraus tätigen. Wer Italien kennt und nicht nur von Touren auf der Piazza Navono her erlebt, weiß, wie in den Regionen gewirtschaftet wird. Die guten Arbeitsplätze sind rar und den Staat hält man sich möglichst weit vom Leib - der hilft einem sowieso nicht.
In Italien trifft man auf ein Relikt des Industriezeitalters, welches sich auf ganz eigentümliche Weise dort konserviert hat. Handwerkliche Arbeit für Verbrauchsgüter ist im Industiezeitalter in die Fabriken abgewandert und entsprechend entwertet worden. Ein Mercedes wird heute am Band von Angelernten zusammengeheftet. Die kostenintensiven Arbeiten finden in der Entwicklung, in der Arbeitsvorbereitung, im Vertrieb, im Marketing usw. statt. Autos werden so konstruiert, dass sie schnell und ohne viel Fehlermöglichkeiten am Band von jederm
 
(verdammt - sticky fingers)
...jederman zusammengefügt werden können. Wer als Kunde zu einem Händler geht, kauft kein individuelles Produkt; man kauft ein kostenoptimiertes Produkt, welches zudem langlebig und zuverlässig ist.

Englische Schuhmarken kann man sicherlich nicht mit der Fertigungstiefe im Fahrzeug- oder Maschinenbau vergleichen, dennoch hat sich dort bereits ein Wandel verzogen, den es in Italien vielleicht so in der Form nicht gibt und hoffentlich nie geben wird. Alle großen englischen Schuhmarken sind Fabrikmarken. Der Schuhmacher tritt dort gar nicht in den Vordergrund. Die, die Schuhe herstellen, sind vermutlich ebenfalls Angelernte. Schaut man sich bspw. auf Youtube die diversen Videos der verschiedenen Hersteller an, dann ist dies eine Abfolge von monotonen Wiederholungen. Niemand der Liebhaber englischer Schuhe ist, würde selber in solcher Umgebung arbeiten wollen und am Ende des Tages wissen die Fabrikarbeiter nicht mehr, zu welcher Zeit welcher Schuh durch ihre Hände gegangen ist. Einige Schuhhersteller im mittleren Preissegment haben Teile der Produktion längst ausgelagert und fertigen nur besondere Linien noch in GB; Loake und Barker gehören z.B. dazu. Wer heute einen Handgrade von C&J kauft, der kauft auch eine Illusion. Die Materialien sind sicherlich exzellent, die Verarbeitung ist ohne Zweifel perfekt – aber es ist ein Produkt des Maschinenzeitalters. Mit individueller Handwerkskunst hat dies nicht mehr viel zu tun. Das muss nicht schlecht sein, aber die Preise subsummieren Vorstellungen der Käufer inklusive. Viele Schuhe sind bezogen auf den Material- und Arbeitseinsatz einfach überteuert. Ein E.G. oder John Lobb für einen Preis von jenseits der 1.000 Euro ist einfach viel zu überzogen.

Insofern gebe ich Urban Recht, italienische Handwerkskunst im Schuhgewerke ist unterschätzt bzw. andere Hersteller sind hoffnungslos überteuert. Und noch etwas: Englische Leisten und Schuhtypen sind wirklich gut, gut wie Kohlrouladen. Ich mag Kohlrouladen. Aber ich mag sie nicht jeden Tag. Italienische Schuhe haben immer noch den besonderen Pfiff, den man bei anderen Schuhherstellern vermisst.

Die Seite von Italigente bietet übrigens keine Schuhe mehr an.
 
Nochmal, ich gestehe jedem selbständigen Handwerker seinen fairen Lohn zu. Je nach Standort in Europa braucht der seine 15 EUR bis 60 EUR Stundenlohn. Ohne Diskussion. Dabei sind noch nicht mal besonders teure Lokationen für Ladengeschäfte oder eine Riesenauswahl exotischer Leder und die damit verbundenen Kosten eingerechnet. Ich sehe nur nicht ein, quasi Fabrikware zu sponsorn, wenn ein Riesenbuhei drum gemacht wird oder nix wirklich Besonderes dahintersteckt. Und ja, mir ist klar, dass ein (würg) Bigmac in der Schweiz 6,50 CHF, in Deutschland 4,29 EUR kostet oder eine noch genießbare Pizza in Zürich 20 Fränkli, in Deutschland um 8-10 EUR, in Ungarn 1.500 Forint..... :cool:
 
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