Helmuts Mädchen will sparen

Wir haben mit der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland ein fantastisches System, um das uns die ganze Welt beneidet. Leider krank dieses System daran, dass es immer mehr:
- privatversicherte Beamte
- privatversicherte Selbstständige
- privatversicherte angestellte "Gutverdiener"
abwandern
und die in der gesetzlichen Krankenversicherung verbliebenen
- anzahlmäßig immer weniger werden
- immer weniger verdienen (und damit niedrigere Beiträge leisten)
- immer mehr kostenlos Mitversicherte (z.B. Familienversicherte) tragen müssen

Die gesetzliche Krankenversicherung krankt vor allem daran, dass wie bei der Pflegeversicherung und der Rentenversicherung nahezu alle Beitragszahler mehr Leistungen erhalten, als sie an Geldern einzahlen. Eine allgemeine Krankenversicherung ist meines Erachtens notwendig, damit keine sozialen Unruhen entstehen - das Leistungsspektrum ist aber zu groß um bezahlbar zu sein. Solange die ärztliche Versorgung darin bestand Penicilin zu geben und Impfungen zu verteilen war sie auch für alle bezahlbar, die insbesondere im Alter von den Krankenkassen zu zahlenden Behandlungen sind es aber nicht.

Die rapide Entwicklung des medizinisch Machbaren hat eben auch dazu geführt, dass immer teurere Verfahren marktreif wurden. Auch wenn es bitter klingt: Solange Hüftoperationen, neue Kniegelenke und Krebsbehandlungen Inklusivleistungen sind, so lange wird auch das deutsche Gesundheitswesen sich bei den aktuellen Beitragssätzen nicht halten lassen.
 
Guten Abend,

... Auch wenn es bitter klingt: Solange Hüftoperationen, neue Kniegelenke und Krebsbehandlungen Inklusivleistungen sind, so lange wird auch das deutsche Gesundheitswesen sich bei den aktuellen Beitragssätzen nicht halten lassen.

a.) Halten Sie, insbesondere die Zahlung der Krebsbehandlung, für diskutierbar?

b.) Sollte man nicht eher überlegen, welchen Sinn die aktuelle Regelung hat, dass ein Angestellter nach wiederholtem überschreiten der 50.000 € Jahresgehaltsgrenze seinen monatlichen Beitrag von rund ca. 620 € in der gesetzlichen auf rund ca. 275 € in der privaten Krankenkasse absenken kann?
Bzw. konkret den Ihn selbst betreffenden monatlichen hälftigen Anteil zur Krankenversicherung von ca. 310 € auf 0 € reduzieren kann, wenn der Arbeitgeber mitspielt?

Warum wird Punkt a.) in Erwägung gezogen, während Punkt b.) anscheinend unantastbar ist? Wo ist die Verhältnismäßigkeit? :rolleyes:

Diese 2 Punkte sind beispielhaft dafür, wie absurd momentan diskutiert wird und was man auf's Spiel setzt.

Noch einen schönen Abend
Günter
 
a.) Halten Sie, insbesondere die Zahlung der Krebsbehandlung, für diskutierbar?

b.) Sollte man nicht eher überlegen, welchen Sinn die aktuelle Regelung hat, dass ein Angestellter nach wiederholtem überschreiten der 50.000 € Jahresgehaltsgrenze seinen monatlichen Beitrag von rund ca. 620 € in der gesetzlichen auf rund ca. 275 € in der privaten Krankenkasse absenken kann?
Bzw. konkret den Ihn selbst betreffenden monatlichen hälftigen Anteil zur Krankenversicherung von ca. 310 € auf 0 € reduzieren kann, wenn der Arbeitgeber mitspielt?

a) Selbstverständlich, alles andere wäre ja auch eine vorauseilende Zensur.
b) Ein Opt-Out nur für einige Teile der Bevölkerung halte ich ebenfalls für falsch. Diese Option sollte allen freistehen.

Mich wundert immer wieder, dass es in Deutschland ohne Diskussionen hingenommen wird, dass der individuelle Gestaltungsspielraum durch den Staat an jeder Ecke beschnitten wird. Die Pflicht sich mit einer Krankenversicherung auszustatten, die Pflicht in die gesetzliche Rentenkasse einzuzahlen - all dies ist staatlicher Zwang und für den allergrößten Teil der hineingepressten Bürger nicht optimal. Der Eine ist vielleicht risikoavers und möchte mehr versichern, der Andere sehr wenig. Im Endeffekt ist keiner wirklich zufrieden. Mir widerstrebt schon der Kerngedanke, dass der Staat mir nicht nur Entscheidungen abnimmt - die ich vielleicht noch korrigieren könnte - sondern auch meine eigene Wahl untersagt und mir ein Verhalten aufzwingt.

Andere Staaten machen es geschickt vor: Die Grundversorgung wird abgesichert und kostet für alle gleich viel, schließlich ist das individuelle Lebensrisiko hinsichtlich einer Erkältung oder einem Blinddarmdurchbruch ja auch relativ gleich. Wer sich gegen mehr versichern will, der tut das eben, wer nicht will, der läßt es. Mir wäre es auch lieber, wenn wir allen Bürgern unseres Landes eine vollumfassende Gesundheitsversorgung ermöglichen könnten - allein, wir können es eben nicht.

Ich denke, dass wir uns bei einem Glas Wein gut darüber unterhalten könnten, wie stilvoll die Freiheit der Wahl und der Zwang sind. Hier im Forum werden wir das Problem aber leider nicht lösen können, ich empfehle aber als gute Lektüre Nudge, in dem sich die Autoren mit den bewußten und unbewußten Entscheidungen in unserem Leben beschäftigen. Dort gibt es auch einige Kapitel über die Entscheidungsfindung bei Gesundheitsfragen und staatlichen Versicherungen, die anschaulich machen, wieso der Grundfehler nicht in der Finanzierung sondern im Zwang liegt.

Melde mich aus dem Funkkreis ab!
 
Hallo,
ich denke, das ist Rosinenpickerei. HorridoJoho hat in seinem Beitrag nur einen wesentlichen Grund angeführt, warum die Situation heute so ist wie sie ist.

Ziel sollte es sein, Wege zu finden, eine erstklassige medizinische Versorgung für alle zu gewährleisten, und das zu bezahlbaren Prämien.

Alle Argumente gegen die PKV sind Unsinn, wenn man sich vor Augen führt, dass weder Beamte, noch Soldaten, Selbständige oder Angestellte mit Einkünften über der Beitragsbemessungsgrenze verpflichtet sind, sich überhaupt zu versichern!

Beamte sind beihilfeberechtigt, Soldaten unterliegen der freien Heilfürsorge und die übrigen oben genannten verdienen soviel, dass sie Arztbesuche aus eigener Tasche zahlen können (so war die Vorstellung früher einmal). Hier muß der Hebel angesetzt werden.
Dieser obige Personenkreis war so weitsichtig, sich trotzdem zu versichern, nämlich privat. Und eine gute Privatversicherung ist nicht billig. Für 2 € pro Tag, wie die Werbung suggeriert, gibt es nur Schrott.

Die Große Koalition hat seinerzeit ein Gremium von Fachleuten für viel Geld damit beauftragt, Alternativen zu suchen. Einer der damaligen Gutachter hat mir bestätigt, dass er nicht einmal gebeten wurde, diese Vorschläge zu erörtern. Eine Podiumsdiskussion zu diesem Thema wurde durch Krankheit des zuständigen Prof. L. vermieden. Chancen vertan, quasi.

Ein weiterer Punkt zur Kostensenkung ist bei PKV und GKV gleichermaßen zu beobachten: die privaten Versicherer schlucken sich gegenseitig, die gesetzlichen werden fusioniert (aus ehemals vielen AOK's wurde z.B. die AOK Rheinland) oder sie gehen bald pleite (irgendeine BKK steht kurz davor). Es gibt immer noch zu viele.

Zu Schluß für heute eine kleine Meldung aus den Kölner Stadtanzeiger von heute:
1995 gab es im Rheinisch Bergischen Kreis 5 Krankenhäuser mit 1092 Betten, 801 Pflegern/Schwestern und 167 Ärzten.
2008 gibt es 5 Krankenhäuser, 1150 Betten, 766 Pflegepersonal und 246 Ärzte. Schön für Patienten, schlecht für Kassen.

Guten Abend!
utala
 
Zu Schluß für heute eine kleine Meldung aus den Kölner Stadtanzeiger von heute:
1995 gab es im Rheinisch Bergischen Kreis 5 Krankenhäuser mit 1092 Betten, 801 Pflegern/Schwestern und 167 Ärzten.
2008 gibt es 5 Krankenhäuser, 1150 Betten, 766 Pflegepersonal und 246 Ärzte. Schön für Patienten, schlecht für Kassen.

Guten Abend!
utala

Naja, die Zahlen sollte man dann schon in Zusammenhang mit den Bezugsgrößen stellen.

a.) für die Patienten ist die Steigerung nur positiv, wenn die Patientenzahl nicht ebenso stark gestiegen ist
b.) für die Krankenkassen ist die Steigerung nur schlecht, wenn Sie die zusätzlichen Kosten nicht auch durch entsprechend steigende Einnahmen kompensiert werden konnten

Eine rein quantitative Betrachtung reicht an der Stelle nicht aus denke ich. Was ich mich aber auch gerade frage: Warum sollte die Zahl der gestiegenen Ärzte überhaupt schlecht für die Kassen sein, ausschlaggebend für die Kosten der Krankenkassen ist doch die Zahl der Patienten und deren Behandlungen, oder? Ob ich nun als Krankenhaus 200 oder 500 Ärzte beschäftige, entscheidend für meine Abrechnung mit den Kassen sind die durchgeführten Behandlungen, oder? Stecke aber auch nicht drin in dem Thema, vlt. übersehe ich etwas...
 
...
Wer sich gegen mehr versichern will, der tut das eben, wer nicht will, der läßt es.
...

Guten Tag,

also ich finde wer so etwas schreibt sollte auch zwingend aussprechen was dann im Fall der Fälle passieren soll.
z.B. Nein Danke wir behandeln Sie nicht weil Sie dafür nicht versichert sind ?

Nur 2 Punkte die mir immer wieder auffallen:

- Die einfach unbezwingbare "Logik" das die PKV das Gesundheitssystem finanzieren würde (hier 10 zu 25% ohne diese würde es gar nicht gehen) ohne dabei auch nur im Ansatz zu erwähnen das es diese Möglichkeit nur gibt weil vorher eine Auslese der Versicherten bei der PKV getroffen wird welche eben genau diese Möglichkeit erst ergibt. (Jetzt komme mir bitte nicht jemand damit das dies nur möglich sei weil die PKV soooo viel effizienter ist)
- Zum anderen ist es im letzten Beitrag bereits angeklungen, wir haben so ziemlich das teuerste Gesundheitssystem der Welt und es werden die höchsten Pharmapreise erzielt. Auf gut deutsch wir haben den profitabelsten Pharma/Gesundheitsmarkt der Welt.

Wir ersticken m.M.n. einzig und allein an Lobbyismus der jede effektive Veränderung verhindert. Man schaue sich nur die X. "Reform" zum Thema an.
 
(...) also ich finde wer so etwas schreibt sollte auch zwingend aussprechen was dann im Fall der Fälle passieren soll.
z.B. Nein Danke wir behandeln Sie nicht weil Sie dafür nicht versichert sind ?
(...)

"Es tut uns leid - aber Ihre Versicherung übernimmt diese Behandlung nicht. Sie können die Kosten selbst tragen, ansonsten können wir sie leider nicht behandeln."

Es gibt ein individuelles Lebensrisiko und das ist nicht voll versicherbar. Der Auftrag des Staates ist ja eben nicht alle gleich zu machen, sondern allen die gleichen Möglichkeiten zu bieten. Wer dann was wahrnimmt, dass hat nicht seiner Entscheidung zu unterliegen.
 
Naja, die Zahlen sollte man dann schon in Zusammenhang mit den Bezugsgrößen stellen.

a.) für die Patienten ist die Steigerung nur positiv, wenn die Patientenzahl nicht ebenso stark gestiegen ist
b.) für die Krankenkassen ist die Steigerung nur schlecht, wenn Sie die zusätzlichen Kosten nicht auch durch entsprechend steigende Einnahmen kompensiert werden konnten

Eine rein quantitative Betrachtung reicht an der Stelle nicht aus denke ich. Was ich mich aber auch gerade frage: Warum sollte die Zahl der gestiegenen Ärzte überhaupt schlecht für die Kassen sein, ausschlaggebend für die Kosten der Krankenkassen ist doch die Zahl der Patienten und deren Behandlungen, oder? Ob ich nun als Krankenhaus 200 oder 500 Ärzte beschäftige, entscheidend für meine Abrechnung mit den Kassen sind die durchgeführten Behandlungen, oder? Stecke aber auch nicht drin in dem Thema, vlt. übersehe ich etwas...

Wenn ich davon ausgehe, dass die rd. 1100 Betten im Jahr 1995 ebenso voll belegt waren wie heute, dann ist die Erhöhung der Zahl der Ärzte für die Patienten positiv, denn die Anzahl der Übernachtungen/eingelieferten Patienten ist bei dieser Bettenzahl kaum steigerungsfähig. Die Verweildauer der Patienten hat sich allerdings verringert! Dadurch entstehen erhöhte Leerstände = weniger Einnahmen.
Früher wurden Patienten immer montags entlassen: zwei Tage, die die Kasse ja bezahlt.
Der Kostenträger/die Krankenhäuser haben durch die höhere Ärztezahl auch höhere Personalkosten.

Diese Kostenträger sind Vertragspartner der GesKV, nicht die Patienten, wie manche immer noch glauben.
In der PKV dagegen bestehen Vereinbarungen zwischen Patient und Arzt/Krankenhaus einerseits und Patient-PKV auf der anderen Seite. Das System ist also völlig anders.
Dies ist keine Wertung, bitte!
 
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