Habemus papam

Die Konstrukte sind einfach strukturell verschieden, und fundieren dennoch auf ähnlichen Argumentationsmustern. Dadurch kann man nicht sagen, ich mag das lieber als das.

Die Gegenüberstellung sola scriptura - Unfehlbarkeit des Papstes krankt an der Tatsache, dass die falsche Analogie gewählt wurde. Dem sola scriptura entspricht katholischerseits zunächst das Prinzip von Schrift und Tradition. Teil der lebendigen Tradition ist das kirchliche Lehramt, das über das Charisma der Unfehlbarkeit verfügt, von der die päpstliche nur eine Weise der Ausübung ist.

Ich bin einfach davon ausgegangen, dass Nikolaus das (keine Unfehlbarkeit -> kein Lehramt -> keine Tradition -> sola scriptura) gemeint und mitgedacht hat. Dann kann er das schon sagen, auch wenn ich es in dieser stark verkürzten Form, wenn diese denn Absicht ist, für polemisch halte bzw., wenn das keine Absicht war, für unsauber begründet.
 
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Die Schrift selbst ist schon Tradition (was Luthers Thesen ab absurdum führt), da diese, wie Banker schrieb, von nachfolgenden Menschen überliefert, und nicht von zeitgenössichen Schreibern fixiert wurde. Dies trifft sowohl für das NT, zeitlich gesehen aber noch m´mehr für das AT zu.

Ja und nein, einfach identisch sind sie nicht:
"Die Heilige Überlieferung und die Heilige Schrift sind eng miteinander verbunden und haben aneinander Anteil. Demselben göttlichen Quell entspringend, fließen beide gewissermaßen in eins zusammen und streben demselben Ziel zu. (...) So ergibt sich, daß die Kirche ihre Gewißheit über alles Geoffenbarte nicht aus der Heiligen Schrift allein schöpft. Daher sollen beide mit gleicher Liebe und Achtung angenommen und verehrt werden" (2. Vatikanum, Dei Verbum 9)

Aber lassen wir das, wir wissen ja beide, was gemeint ist. :)


 
Hier täuschst Du Dich.
Dieser Ansatz findet sich praktisch in der Katholischen Kirche (den Begriff Katholizität gibt es katholischerseits m.W. gar nicht) überhaupt nicht,...

Nur dass es da kein Missverständnis gibt: ich bin der Meinung, dass Ästhetik in der RKK als Verherrlichung Gottes und seiner Schöpfung eine immense Tradition hat und eben in der Liturgie etc. noch fortlebt.

Die evangelikalen Bewegungen, von denen viele auch auf calvinistisch-puritanischen Füßen stehen, gehen da vollkommen konträr und richten sich gegen die Ästhetik, haben daher auch kargere Liturgien (und bilden damit ja eine eigene Ästhetik, aber anderes Thema).

In dieser Entwicklung bin ich mir ziemlich sicher und ich kenne aus eigener Erfahrung auch die Unterschiede und historischen Wurzeln der jeweiligen Denominationen.

Die Gegenüberstellung sola scriptura - Unfehlbarkeit des Papstes krankt an der Tatsache, dass die falsche Analogie gewählt wurde. Dem sola scriptura entspricht katholischerseits zunächst das Prinzip von Schrift und Tradition. Teil der lebendigen Tradition ist das kirchliche Lehramt, das über das Charisma der Unfehlbarkeit verfügt, von der die päpstliche nur eine Weise der Ausübung ist.

Darauf wollte ich ja hinaus: in beiden Strängen ist das Wort Gottes per se "unfehlbar". Aber: in der katholischen Tradition lebt das Wort im Lehramt so weiter, wie es auch in der Schrift manifestiert ist. Beide nutzen also eigentlich die Unfehlbarkeit des Wortes Gottes - einmal aber nur oder vor allem im Schrifttum, andererseits auch in der Verkündigung durch das Lehramt.


Ich bin einfach davon ausgegangen, dass Nikolaus das (keine Unfehlbarkeit -> kein Lehramt -> keine Tradition -> sola scriptura) gemeint und mitgedacht hat. Dann kann er das schon sagen, auch wenn ich es in dieser stark verkürzten Form, wenn diese denn Absicht ist, für polemisch halte bzw., wenn das keine Absicht war, für unsauber begründet.

Da schießt du aber viel voraus. Selbst dann würde ich diese Argumentation aber nicht mitgehen, weil keine Unfehlbarkeit im Wortsinn die Struktur von sola scriptura m.E. zerstört. Das Wort in der Schrift steht ja für sich und ist dadurch auch quasi "unfehlbar", dennoch wurde es de facto ja aber von Menschen niedergeschrieben und überliefert. Die Unfehlbarkeit im Lehramt ist ja auch nicht auf ein aktives Eingreifen, sondern auf das passive Empfangen des Wortes ausgerichtet - es unterscheidet sich also an der Autorität des Lehramts und der Schrift sowie dem Verhältnis beider zueinander.

Bzgl. des Limbus habe ich mal die älteste Dogmatik, die ich rumstehen habe, also den Schmaus bemüht und selbst der geht da kaum drauf ein. Das wird mal gestreift, aber der Begriff fällt nie. Finde es insgesamt auch nicht diskussionwürdig.
 
Darauf wollte ich ja hinaus: in beiden Strängen ist das Wort Gottes per se "unfehlbar". Aber: in der katholischen Tradition lebt das Wort im Lehramt so weiter, wie es auch in der Schrift manifestiert ist. Beide nutzen also eigentlich die Unfehlbarkeit des Wortes Gottes - einmal aber nur oder vor allem im Schrifttum, andererseits auch in der Verkündigung durch das Lehramt.

Hab Dich schon verstanden. Ich finde das auch einen wichtigen Hinweis.


Da schießt du aber viel voraus. Selbst dann würde ich diese Argumentation aber nicht mitgehen, weil keine Unfehlbarkeit im Wortsinn die Struktur von sola scriptura m.E. zerstört. Das Wort in der Schrift steht ja für sich und ist dadurch auch quasi "unfehlbar", dennoch wurde es de facto ja aber von Menschen niedergeschrieben und überliefert. Die Unfehlbarkeit im Lehramt ist ja auch nicht auf ein aktives Eingreifen, sondern auf das passive Empfangen des Wortes ausgerichtet - es unterscheidet sich also an der Autorität des Lehramts und der Schrift sowie dem Verhältnis beider zueinander.

Um Unfehlbarkeit im Wortsinn ging es ja zunächst nicht, sondern um die besondere päpstliche Unfehlbarkeit, die vom katholischen Lehramtsverständnis nicht getrennt werden kann.

Und ja, manchmal bin ich in Diskussionen bereit, jemandem so weit wie möglich entgegenzukommen. ;)
 
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Wir sind ja nicht weit weg, ist ja eher nit picking.
Vielleicht noch ein Einwurf, um mein Argument zu verdeutlichen:
Die Unfehlbarkeit ex cathedra nach dem Vaticanum I rekrutiert sich ja aus der Unfehlbarkeit Christi, also Gottes. Eine solche Aussage entspräche in ihrer Autorität damit der Schrift, die ja auch inspiriert ist. Da liegt also für mich einfach kein struktureller Unterschied. Wenn ich nicht glaube, dass ein inspiriertes Wort unfehlbar ist, ist für mich sola scriptura deswegen auch nicht haltbar.
 
Wir sind ja nicht weit weg, ist ja eher nit picking.

Aber macht Spaß! :D

Vielleicht noch ein Einwurf, um mein Argument zu verdeutlichen:
Die Unfehlbarkeit ex cathedra nach dem Vaticanum I rekrutiert sich ja aus der Unfehlbarkeit Christi, also Gottes. Eine solche Aussage entspräche in ihrer Autorität damit der Schrift, die ja auch inspiriert ist. Da liegt also für mich einfach kein struktureller Unterschied. Wenn ich nicht glaube, dass ein inspiriertes Wort unfehlbar ist, ist für mich sola scriptura deswegen auch nicht haltbar.

Verstehe. Ich meine, dass nur das katholische Unfehlbarkeitsverständnis (eben lehramtlich) definiert ist, während der Begriff in der protestantischen Tradition (das Wortspiel konnte ich mir jetzt nicht verkneifen) für die Schrift (und nicht nur die) nicht (oder wenn dann nur selten) verwendet wird. Lange Rede, kurzer Sinn: Unfehlbarkeit ist keine Kategorie des sola scriptura. Unfehlbar ist nach protestantischem Verständnis nur das Wort Gottes, also Christus selbst.

Sola scriptura meint doch, das nur die Schrift selbst Maßstab der Auslegung bzw. die Auslegung selbst ist, während nach katholischem Verständnis das Lehramt über die Auslegung entscheidet und das auch unter dem Maßstab der Tradition. Weshalb ich eben, darin nur der katholischen Lehre nach dem Tridentinischen Konzil folgend, den Gegensatz zwischen sola scriptura einerseits und Schrift und Tradition andererseits als bewusste oder unbewusste Grundlage für Nikolaus Haltung angesehen habe.

Bin übrigens gespannt, was der morgen zu unseren nächtlichen Überlegungen sagt. :D
 
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Aber zum Thema: Nein, die Schrift ist nicht per se und einfach so unfehlbar
Die Schrift als Buchstabe nicht, aber das in ihr vermittelte Wort Gottes eben schon. Ich kann aber nur an das Wort Gottes in der Schrift glauben, wenn ich glaube, dass die Schrift von Gott inspiriert ist und damit in ihrem Kern (nicht im wörtlichen Sinne) unfehlbar ist.

Unfehlbar ist nach protestantischem Verständnis nur das Wort Gottes, also Christus selbst.
Dito

Sola scriptura meint doch, das nur die Schrift selbst Maßstab der Auslegung bzw. die Auslegung selbst ist, während nach katholischem Verständnis das Lehramt über die Auslegung entscheidet und das auch unter dem Maßstab der Tradition. Weshalb ich eben, darin nur der katholischen Lehre nach dem Tridentinischen Konzil folgend, den Gegensatz zwischen sola scriptura einerseits und Schrift und Tradition andererseits als bewusste oder unbewusste Grundlage für Nikolaus Haltung angesehen habe.
Da liegt absolut der Unterscheidungspunkt. Aber, wie schon gesagt: es entscheidet sich an der Autorität und nicht an der Frage, ob das Wort unfehlbar ist.
Sola scriptura sagt hier, dass das Wort für sich selbst spricht.
Nach Trient sagt die Katholische Kirche hingegen, dass die Schrift in die Tradition der Kirche eingebettet ist und sie nicht nur für sich selbst spricht.
Beide Seiten diskutieren für mich nicht, um die Unfehlbarkeit des Wortes, sondern darum, wo die Autorität liegt, das Wort recht zu erschließen.
Ursprünglich wurde aber die Unfehlbarkeit kritisiert und dann muss ich sagen: wenn das Wort nicht unfehlbar ist, dann ist auch das Wort in der Schrift nicht unfehlbar und dann reicht sola scriptura nicht.
 
Ursprünglich wurde aber die Unfehlbarkeit kritisiert

Nein, es wurde das Unfehlbarkeitsdogma kritisiert. Auch das ist Polemik: auf Dinge eingehen die so nicht behauptet wurden.

Bin übrigens gespannt, was der morgen zu unseren nächtlichen Überlegungen sagt. :D

Nicht viel. Im Gegensatz zu dem was bei euch durchschimmert bin ich ja durchaus bereit einer von der meinigen abweichenden Ansicht eine Berechtigung zuzugestehen. Aber das war ja noch nie eine Stärke der RKK, insofern könnt ihr da vermutlich nicht so viel für.

"Unfehlbarkeit" ist hier übrigens nicht dasselbe wie "mal was richtiges sagen". Zaghaft klang das mal bei Aramis durch, aber über diese Abgrenzung solltet ihr vielleicht noch mal ein wenig nachdenken.

Ansonsten bietet sich die Abbildung mit dem Forum an: Während ihr (Katholiken) weiterplappert (Erstellung neuer Glaubensinhalte qua Unfehlbarkeit) beschließe ich (Protestant) dass alles relevante gesagt wurde. Viel Spaß noch.
 
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