Habemus papam

Wie werden in der Kirche eigentlich Reformen begründet? Entweder man hat sich in der Vergangenheit geirrt, es gibt Spielräume in der Interpretation der Schrift oder jemand hat eine göttliche Eingebung?


Ich kann da nicht für jede Kirche sprechen (ehrlich gesagt bin ich für keine Kirche offizieller Sprecher). Die Kirche der Heiligen der Letzten Tage hat z.B. einen Propheten in Reserve, der sich dann äußern kann. Ansonsten gibt es sicher Unterschiede zwischen einer "steht aber da!!!"-Einstellung und einer "was will Gott den Menschen, damals und heute, damit sagen?"-Herangehensweise.
 
Ich habe den grundlegenden Wandel einer großen Kirche eng begleitet, es ist ein spannender Effekt.

Im Zuge der Diskussion ist grundsätzlich anzumerken: die Schrift ist keine Kirche und die Kirche ist keine Schrift.
Selbst wenn wir das Beispiel der Schrift nehmen würden, dann könnte man sich ja fragen: wofür die (vielen) Übersetzungen? Die Schrift scheint ja für viele so ingesamt verständlich. Dem geht allein schon eine Trivialisierung der Sprache voraus. Sprache ist ja ein höchst dynamisches Kulturgut, das nicht nur die Sprache selbst, sondern auch unsere Gedanken definiert (deswegen ist Sprachphilosophie ja auch eine der bedeutendsten Disziplinen der Philosophie).
So, wie die Schrift als Kanon konzipiert wurde, ist sie heute gar nicht mehr verständlich. Nicht einmal in sich selbst ist der biblische Kanon sprachlich verständlich, geschweige konsistent. Zurecht mag sie deswegen zum Teil verworren und widersprüchlich erscheinen. Zwischen den einzelnen Büchern der Bibel gibt es Sprachbarrieren von über 2000 Jahren und verschiedenen Sprachen - man betrachte allein den Unterschied der deutschen Sprache von vor 100 Jahren zu heute. Es ist leicht ersichtlich, dass das geschriebene Wort nicht als fixer Bezugspunkt verstanden werden kann und es deswegen auch immer neuer Übersetzungen bedarf. Eine schwierige Aufgabe, die auch leicht Fehler zulässt.

Nun ist die Kirche noch nicht einmal so greifbar, wie die Schrift. Man könnte jetzt lange überlegen, was denn die Kirche überhaupt ist - ich denke, das führt zu weit. Die Frage zielt vermutlich darauf ab, wie die Amtskirche argumentiert, inwiefern Änderungen notwendig und ggü. dem Wahrheitsanspruch früherer Aussagen gerechtfertigt sind. Ich greife jetzt mal als plakatives Beispiel das zweite Vatikanum der RKK heraus:

Jede christliche Kirche ist ja irgendwo davon überzeugt, dass ihre Entwicklung durch den Heiligen Geist getrieben ist. Eine statische Kirche wäre in diesem Sinn geradezu unbiblisch. Die Schrift dokumentiert ja eben, dass bereits kurz nach Jesu Tod grundlegende Lehränderungen vorgenommen wurden: In einer Apostelkonferenz setzt sich Paulus gegen Petrus in der Frage der Heidenmissionierung durch - das war schon früh der Bruch mit einem fundamentalen Dogma, das von Christus selbst nicht explizit aufgehoben wurde (Dogma des auserwählten Volkes Isreal, manifestiert in der Beschneidung). Wer die Funktion und Aussagen der Bibel als statisches Faktum betrachtet, der lässt keinen Raum für die Funktion des Heiligen Geistes und muss irgendwo an der Trinität zweifeln.

Am Beispiel des 2.VK ist das also sicher aus offizieller Sicht auch die treibende Kraft, um die Kirche in die Zeit neu zu verwurzeln. Dieses treibende Moment umfasste man mit dem Begriff "aggiornamento", also einem Verorten des Glaubens im Tag, im Heute (es wurde ja auch schon aufgezeigt, dass manche konservativ erscheinende Änderungen auch Modernisierungen ihrer Zeit waren, so wie neokonservative Bewertungen - völlig wertfrei - per se nicht anachronistisch sein müssen).

Also die Kirche ist ja in ihrem eigentlichen Sinn nichts Totes oder Starres, auch wenn oft so wahrgenommen, sondern ein lebendiger Organismus, der Veränderung unterworfen ist. Dass diese Veränderungen notwendig sind, lässt sich theologisch leicht ableiten: gerade weil das christliche Verständnis des Opfertodes Christi einen Wende- aber keinen Schlusspunkt markiert, müssen ihm Veränderungen folgen, sonst wäre keine Eschatologie nötig.

Das alles möchte ich nutzen, um unter die Frage Bilanz zu ziehen:
"Entweder man hat sich in der Vergangenheit geirrt"
Man kann es als Irrtum oder als historischen Fakt sehen - das ist eine Wertung, die ich nicht treffen möchte

", es gibt Spielräume in der Interpretation der Schrift"
Ja, aber zudem ist die Schrift selbst eben kein historischer Fixstern, sondern in der Historie selbst verwurzelt.

oder jemand hat eine göttliche Eingebung?"
Davon gehen Kirchen in Form des Heiligen Geistes, als Teil der Trinität, grundsätzlich aus, korrekt.

Aber alternativ: die Kirche selbst ist historisch und als Teil der Geschichte eine Veränderung, die sich nicht mit einer absoluten Vernunft, einem Dogma, einem Gott, widersprechen muss, sondern in ihrer Erfüllung dieses sogar bestätigt. Wer sich dazu vertiefen möchte, hat bei Hegel mehr als genug Gelegenheiten ;)

p.s.: Vielleicht eine kurze Begründung, warum ich mit dem Wort 'Irrtum' vorsichtig umgehe. Wer nach Veränderung vom Vorherigen als Irrtum spricht, der nimmt den selben illusorischen Anspruch von Wahrheit für das Jetzt in Kauf, den der dem Gestern vorwirft.
 
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Ich habe den grundlegenden Wandel einer großen Kirche eng begleitet, es ist ein spannender Effekt.

Kohärent zu lesen, ist eine anstrengende Fähigkeit. Besagte Kirche ist nicht die RKK. Falls meine Fähigkeit, mir Wissen über Zeiträume, die ich selbst nicht erlebt habe, anzueignen, zum Anstoß dient, tut mir das natürlich leid.
 
Ich bin dir keiner Rechenschaft pflichtig. Als anonymer Nutzer werde ich darauf daher nicht eingehen. Meine Beiträge qualifizieren sich durch ihren Inhalt und nicht dadurch, dass ich Titel aufliste. Wer letzteres benötigt, dem mangelt es an Erkenntnis über ersteres. Zu dem Thema gibt es Publikationen, ich möchte so oder so nicht, dass du dahinter meinen Namen erkennst.
 
Ich habe den grundlegenden Wandel einer großen Kirche eng begleitet, es ist ein spannender Effekt.

Ich habe Bloomaul so verstanden dass es ihm um eine Änderung der Strategie ging. Inwieweit dann die operative Umsetzung noch mal spannend ist, darüber kannst Du sicher viel erzählen.

", es gibt Spielräume in der Interpretation der Schrift"
Ja, aber zudem ist die Schrift selbst eben kein historischer Fixstern, sondern in der Historie selbst verwurzelt.

Vielleicht verstehen wir unter Fixstern unterschiedliche Dinge. Aber alles, was in der Vergangenheit ist, ist notwendigerweise ein "Fixstern", also etwas, was vor seinem (hier: historischen) Hintergrund nicht mehr beweglich ist.

Persönlich finde ich dass die Schrift, auch wenn sie Spielräume bietet, diese Spielräume doch in jedem Einzelfall oft erstaunlich eng sind. Das heisst ja nicht, dass zwei unterschiedliche Menschen, in unterschiedlichen Zeiten und unterschiedlichen Situationen auf dasselbe Verständnis kommen sollten, aber für jeden dieser beiden ist die Schrift oft genug recht eindeutig. Der Text ist, modulo Sprache (und das ist ein großes Modulo), unverändert und derselbe. Aber ohne Verständnis des Gesamtzusammenhangs unverstandene Texte nachzuplappern ist der Königsweg zum Extremismus/Fanatismus. In allen (Buch-) Religionen, und nicht nur dort. "Was will mir der Autor damit sagen" ist in vielen Lebenslagen die richtige, zumindest eine sehr wichtige, Frage.

Fallen und Raum für Irrtümer? Ohne Frage. Das Ringen um das Verständnis der Schrift verschlingt über die Zeit etliche Mannjahrtausende, Mannjahrmillionen. Ohne Garantie dass man es jetzt aber mal endlich richtig kapiert hat. Ist natürlich leichter wenn man dann einen hat der einem ex cathedra diese Aufgabe abnehmen kann (kudos an die Päpste das de facto praktisch nie angewendet zu haben).
Meiner Ansicht nach ist jeder mündige Christ genau zu diesem Ringen in seinem Bereich aufgefordert. Und deswegen ist mir Luther auch nahe, der in der Breite die Auslegung neben die damals übliche reine Verkündigung (noch dazu in dem Volk unverständlicher Sprache) gestellt hat. Denn ohne Hilfestellung werde ich über das Nachplappern kaum rauskommen. Natürlich wären Gewissheiten ohne eigenes Denkenmüssen bequemer, daher ist sowas ja auch vielfach verbreitet.

Und wisst ihr was? Bei der Frage nach den zentralen Wahrheiten des Christentums, da ist die Farbe der Kleidung des Priesters unglaublich schnurzpiepegal. Ohne den wahren Inhalt ist das nur hohler Mumpitz. Und auch im Idealfall ist das nett anzusehen, mehr aber auch nicht: das sind Symbole, kein Inhalt. Was natürlich nicht heisst dass man Symbole nicht schätzen darf oder sollte.
 
Ich habe Bloomaul so verstanden dass es ihm um eine Änderung der Strategie ging. Inwieweit dann die operative Umsetzung noch mal spannend ist, darüber kannst Du sicher viel erzählen.
Ich glaube, dass es man das nicht so ganz einteilen kann. Egal ob man darüber wissenschaftlich publiziert oder im direkten Kontakt (/Vorträgen) versucht, allein schon Geistlichen, die alle für sich selbst ein sinnvolles Gedankenkonstrukt ihres Glaubens entwickelt haben, Veränderungen nahezubringen, muss man sozusagen innerste Überzeugungen verändern ohne quantifizierbaren Anreiz - das ist mit der Implementierung von Strategien in Unternehmen bspw. bedingt vergleichbar. Einfach nur als Erklärung meines Verständnis.

Vielleicht verstehen wir unter Fixstern unterschiedliche Dinge. Aber alles, was in der Vergangenheit ist, ist notwendigerweise ein "Fixstern", also etwas, was vor seinem (hier: historischen) Hintergrund nicht mehr beweglich ist.

Persönlich finde ich dass die Schrift, auch wenn sie Spielräume bietet, diese Spielräume doch in jedem Einzelfall oft erstaunlich eng sind.
[...]
In allen (Buch-) Religionen, und nicht nur dort. "Was will mir der Autor damit sagen" ist in vielen Lebenslagen die richtige, zumindest eine sehr wichtige, Frage.

Allein durch Übersetzungen und Sprache, fernab der Interpretation, ist die Schrift da für mich schon flexibel und nicht nur ein historisches Faktum - sie ist für mich beweglich. Dazu kommt, dass eine Schrift ihre Funktion ja nur erfüllt, wenn sie auch gelesen wird. Hier glaube ich nicht, dass die Spielräume so eng sind.
Nehmen wir die sehr bibelfesten Evangelikalen in den USA: die wissen zum Teil besser, als viele Theologen, was genau in der Schrift steht. Dann hört man oft: ja, aber die betrachten ja das Gesamtbild nicht. Das glaube ich nicht, die kennen die Bibel sehr gut und zwar auch als Gesamtes, aber legen es einfach enger und fernab einer gesellschaftlichen Entwicklung (Aufklärung, etc.) aus. Sie sind für mich ein gutes Beispiel, dass da die Schrift allein nicht reicht. Die vielen reformatorischen Zersplitterungen mit ihren jeweiligen Extremformen sind für mich auch ein gutes Beispiel. Wenn die Schrift für sich selbst über die Geschichte hinweg deuten würde, wie kommt man vom lutherischen Glauben zum Pietismus, wenn für beide die Schrift ähnlich bedeutend ist?
Heute stellen wir uns auch die Frage nach dem "was will der Autor sagen" vor einer historischen Entwicklung und einer Interpretationshistorie, die wir nicht ausblenden können, allein schon bspw. durch Luther (dem ich in seiner Theologie im Übrigen sehr gewogen bin, aber ich versuche hier ja generell nicht von meiner Überzeugung zu schreiben).
Charakteristisch ist ja heute z.B. das Ausblenden gewaltvoller und grenzziehender Aussagen, die in der Bibel de facto dennoch zu finden sind. Das wird - hier ohne Wertung - einfach teilweise ausgeblendet.
Es ist einfach meine Erfahrung, dass Menschen da auf Basis der selben Texte ein sehr unterschiedliches Verständnis entwickeln - und beide meinen es vollkommen ehrlich, ernst und nicht böse. Aber weil sich daraus eine Differenz entwickelt, über man die dann nur schwer sachlich reden kann und beide denken, dass es eben das ist, was uns der Autor (quasi Gott) sagen möchte, kommt es zu emotionalen Konflikten. Das meinte ich auch so salopp und kurz angebunden an deine kurzen Ausführungen mit "einfach machen".

Du weißt aber schon, wieviele hunderte verschiedene Fässer Du in Deinem post geöffent hast?

Das sehe ich nun ;)
Es war einfach ein Hintergrund zum Verständnis, warum ich Änderungen im Gesamtkonzept für notwendig erachte.

Aufgrund meiner Zeiteinteilung kann ich gerade leider nicht auf alles eingehen, möchte aber zwei, drei Punkte aufgreifen, bzw. dazu nur Thesen einwerfen.

Ich persönlich verstehe die Kirche etwas universaler, als es in der RKK definiert ist, benutze das Wort hier aber als Sammelbegriff, den man persönlich füllen kann.

Die Katholizität der Kirche ist für mich grundlegend sakramental geprägt. Im katholischen Sinn ist dies eng mit dem Amt verknüpft. Ich nehme es hier so wahr, dass man die Autorität des Amtes nicht ohne die Legitimität des Sakramentes versteht, und umgekehrt. Bekenntnis, Ritus und Sukzession spielen hier sicher auch eine bedeutende Rolle.

Zu Eschatologie und Soteriologie:
Eschatologie bezeichnet ja die Lehre von den letzten Dingen, also nicht nur die individuelle Erlösung. Es ist auch nicht unbedingt ein nativ reformatorischer, nicht einmal rein christlicher Begriff. Ich hatte ihn verwendet, weil ich betonen wollte, dass zwischen den letzten Dingen und dem Opfer Christi (ja nicht umsonst Ursprung einer Zeitrechnung) eben noch viel liegt. Die Soteriologie als grundsätzliches Verständnis von Heil wäre mir hier als Sammelbegriff wäre mir hier zu allgemein und könnte auch mit dem Opfer Christi abgeschlossen sein. Versucht einfach auszudrücken: ich kann soteriologisch nicht feststellen, ob das Opfer Christi den Schlusspunkt des Heils bedeutet, aber ich kann eschatologisch feststellen, dass es noch keine "letzten Dinge" gab. Das aber jetzt nur, damit wir bei den Begriffen kein Missverständnis haben.


Ich sehe durch den Prozess der Kanonisierung sola scriptura übrigens nicht als sinentleert an, allein weil man die Kanonisierung auch als Heilsgeschehen begreifen kann. Allerdings zeigt sich ironischer Weise, dass auch dieser Ausdruck nicht aus dem reinen Buchstaben erkenntlich wird. Es sollte damals ja als Grundlage dienen, damit man sich vernünftig über so etwas, wie den Ablasshandel, unterhalten konnte. Mit damalig Päpsten, die hauptsächlich politisch gewählt wurden, und ganz andere Programmatiken auf dem Plan hatten, als das Evangelium. Ich behaupte mal, dass wir diese Probleme heute nicht mehr haben, sondern es um eine ganz andere Ausdifferenzierung geht, bei der uns der Einwurf der sola scriptura einfach nicht mehr groß weiterbringt.
 
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Und wisst ihr was? Bei der Frage nach den zentralen Wahrheiten des Christentums, da ist die Farbe der Kleidung des Priesters unglaublich schnurzpiepegal.

Das würde ich so nicht unterschreiben.
Zwar hast Du mit Deiner Aussage vordergründig recht, aber letztendlich ist in meinen Augen das hinter der Farbe stehende Prinzip der Ästhetik ein wichtiger Faktor, den man auf keinen Fall unterschätzen sollte.
Und das ist etwas, was vielen Protestanten - zumindest denen, mit denen ich mich unterhalten habe - nicht bewusst ist.
Kurz zusammengefasst (verkürzt natürlich, aber sonst müsste ich 3 Romane schreiben):
Das Schöne - auch und gerade in Form von Kunst - gibt dem Menschen die Möglichkeit ein Gefühl für das Reich Gottes und v.a. für Gott selbst zu gewinnen.
Durch die Schönheit wird dem Menschen die Existenz Gottes sichtbar gemacht.
Werde ich von der Schönheit eines Bildes von Raffael ergriffen, kann ich mich darin verlieren. Ich weiß dann nicht mehr, ob ich das Bild 30 Sekunden oder viele Minuten betrachtet habe.
Ich trete gleichsam aus dem Reich der Natur, das uns mit den Tieren verbindet, aus und öffne mich für das Reich der Freiheit (so nennt es Kant).
Mein Herz öffnet sich für das göttliche Licht.
Und genau das sollte während eines Gottesdienstes passieren. Er muß also eine Atmosphäre, ein Bild der Schönheit erzeugen.
Schönheit ist aber - wie Augustinus einmal sagt - die Harmonie des Ganzen. Es muß - flapsig gesagt - alles stimmen.
Das kann in einem opulenten barocken Gottesdienst genau so der Fall sein wie in einem schlichten franziskanischen Ambiente.
Es muß aber auf jeden Fall diese Harmonie hergestellt werden, und genau darum ist die Farbe des priesterlichen Gewandes gerade doch nicht schnurzpiepegal.


Die Kirche wird, wie auch Du einwirfst, oft als Amtskirche bezeichnet. Als solche versteht sich die Katholische Kirche natürlich nicht. Ihrem selbstverständnis nach ist die Kirche der lebendige Leib Christi, die aus einem irdischen, sich in Pilgerschaft befindlichen Teil (vgl. Veränderungen in der Kirche) und einem himmlischen teil, samt der Heiligen im Himmel und all derer sich im Läuterungszustand befindlichen, besteht. Also ein Körper, der weit über die zeitliche und räumliche Gegenwart, ja, sogar über Zeit und Raum selbst hinausgeht, und deren Glieder alle miteinander in wirksamer Verbindung stehen (z.B. sind die Gebete der Lebenden für die Verstorbenen wirksam, während die Heiligen im Himmel mittles Fürbitte bei Gott den Lebenden beistehen können ... ... ... ...).

Butch, es tut mir leid, wenn ich mich irre, aber ich fürchte, ich muß Dich ein wenig korrigieren:
Die Kirche wird bei Paulus als mystischer Leib Christi bezeichnet. Diesem gehört allerdings nur der irdische Teil an.
Die Spekulation über einen unsichtbaren Teil der Kirche im Himmel stammt definitiv als Spekulation von Thomas von Aquin, ist aber - wie gesagt, ganz sicher bin ich mir nicht und entsprechende Bücher zum Nachschlagen leider gut 1500 km entfernt - von Pius XII. in seiner Enzyklika Mystici Corporis aber abgelehnt.
(Thomas hat diese Gedanken auch nie ganz zu ende gesponnen und war sich in diesem Thema höchst unsicher.)

Womit wir übrigens wieder bei sola scripta wären. Dieses Verständnis von Kirche basiert rein (!) auf der Heiligen Schrift. Es wird alles, ein Punkt nach dem anderen - bis hin zur Hierarchie und zum absoluten Oberprimates des Papstes - einzig und allein aus der Heiligen Schrift schlüssig herausgearbeitet.
 
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Ich wusste schon warum ich das eigentlich abgebrochen hatte, eignet sich einfach nicht für das Medium Forum...

Ich glaube, dass es man das nicht so ganz einteilen kann. Egal ob man darüber wissenschaftlich publiziert oder im direkten Kontakt (/Vorträgen) versucht, allein schon Geistlichen, die alle für sich selbst ein sinnvolles Gedankenkonstrukt ihres Glaubens entwickelt haben, Veränderungen nahezubringen, muss man sozusagen innerste Überzeugungen verändern ohne quantifizierbaren Anreiz - das ist mit der Implementierung von Strategien in Unternehmen bspw. bedingt vergleichbar. Einfach nur als Erklärung meines Verständnis.

Nun ja. Ich sehe schon eine Unterscheidbarkeit zwischen "wie rechtfertigt man dass es eine Änderung gibt" und "wie kriegt man das in die Köpfe auch des Führungspersonals rein". "Strategisch"/"operativ" triffts natürlich eher so zu 80%, ja.

Nehmen wir die sehr bibelfesten Evangelikalen in den USA: die wissen zum Teil besser, als viele Theologen, was genau in der Schrift steht. Dann hört man oft: ja, aber die betrachten ja das Gesamtbild nicht. Das glaube ich nicht, die kennen die Bibel sehr gut und zwar auch als Gesamtes, aber legen es einfach enger und fernab einer gesellschaftlichen Entwicklung (Aufklärung, etc.) aus. Sie sind für mich ein gutes Beispiel, dass da die Schrift allein nicht reicht.

Für mich sind sie ein gutes Beispiel dafür dass das eben nicht trivial, nicht "so einfach", ist. Mehr noch: kann ich (theologisch) sicher sein dass diese abgedrehten Spinner nicht doch die für sich, ihre Zeit und Situation angemessene Auslegung haben? MMn nicht.

Ich gönne mir sogar den Privatglauben, dass Gott etwas größer ist als dass er zwischen zwei Buchdeckel passt. Dass er in der Lage ist auf jeden Menschen nach seinen wahren Bedürfnis einzugehen (aber auch dass jeder Mensch in der Lage ist das abzulehnen). Dem einen in Form einer Bibel, dem nächsten aus dem Koran, und für den dritten ist das Flying Spaghetti Monster die "richtige" Form, wasweissdennich? Ich kann da Gott keine Vorschriften, keine Einschränkungen machen. Fest steht für mich dass ihm an jedem Menschen liegt, er jedem anbietet sich seiner anzunehmen. Und ich glaube dass mein eigener Weg (so wie der vieler anderer - wir denken ja nur immer wir seien individuell) sich stark an gewissen Ausprägungen der protestantischen Kirche orientiert. Für andere kann ich nicht sprechen. Die Evangelikalen müssen genau wie ich am Ende das, was sie tun, mit Gott und mit sich abmachen. Wir sind uns keine wechselseitige Rechenschaft schuldig.

Und ja, mir ist bewusst dass sich das nochmal mehr nach "beliebig" anhört als es eh schon in Gefahr ist zu sein. Das Problem des Kant'schen Imperativs: wenn jede Person/Situation Kombination unik ist, ist das mit allgemeinen Regeln so eine Sache. Dann können meine Motive allgemeine Regeln sein, aber nicht unbedingt mein Handeln.

Ich sehe durch den Prozess der Kanonisierung sola scriptura übrigens nicht als sinentleert an, allein weil man die Kanonisierung auch als Heilsgeschehen begreifen kann. Allerdings zeigt sich ironischer Weise, dass auch dieser Ausdruck nicht aus dem reinen Buchstaben erkenntlich wird.


Ich sehe die Ironie nicht, unter der Maßgabe dass man die Existenz des Heiligen Geistes anerkennt. Und/oder die Entstehung/Auswahl der Schrift(en) als Axiom, als Mysterium begreift, die Frage danach mit "weil Gott das so will" beantwortet. ;)
 
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