Dieses Höchstmaß an normativer Aufwertung zwingt zu einer besonders
scharfen Konturenbildung. Nur so läßt sich vermeiden, daß der Gestaltungsfreiraum des verfassungsändernden Gesetzgebers und damit überwältigender politischer Mehrheiten nicht zum
Spielball subjektiv gefärbter Menschenrechtsexegese wird. Die Brisanz dieser Herausforderung wird vor allem am Anspruch des Bundesverfassungsgerichts deutlich, Verfassungsänderungen am nebulösen Standard
„grundlegender Gerechtigkeitspostulate“ zu messen; diese Postulate will das Gericht einer Gesamtschau von Art.
1 Abs.
1 und Abs.
2 GG in Verbindung mit der in Art.
1 Abs.
3 GG enthaltenen Verweisung auf die nachfolgenden Grundrechte entnehmen.
4 Das unbefangene Strapazieren vorverfassungsrechtlicher Vor-Verständnisse träte hierbei mit dem demokratischen Legitimationsprinzip in eine nicht mehr überbrückbare Spannung. Dann gälte der Satz: „Non auctoritas, sed veritas facit constitutionem“. Der verläßlichen normativen Eingrenzung wird am ehesten ein Interpretationsansatz gerecht, der die Vorschrift des Art.
1 Abs.
2 GG als Verweis auf die Herausbildung zwingender Völkerrechtsregeln zum Menschenrechtsschutz in der modernen Staatengemeinschaft deutet.
1 Nur so läßt sich auch die
Objektivitätsreserve nutzen, die im Verweis des Art.
1 Abs.
2 GG auf die universelle Sicht liegt („in der Welt“).
Keine historisierende Betrachtung Wegen der Unabänderlichkeitsgarantie des Art.
79 Abs.
3 GG ist auch größte
Vorsicht gegenüber der
historisierenden Versuchung angezeigt, alle Früchte vom gemeinsamen Stamm der Grund- und Menschenrechte (insbesondere aus den frühen Grund- und Menschenrechtserklärungen Nordamerikas und Frankreichs) zugleich dem unberührbaren Kern der Grundrechte zuzuschlagen.
2 Bei weitem nicht alle Verbürgungen aus den großen Erklärungen des 18. Jahrhunderts werden „in der Welt“ zum menschenrechtlichen Kernbestand gerechnet. Nicht alles in der Aufklärung regional herrschende Verständnis von Pressefreiheit und Eigentumsgarantie gilt in der modernen Völkergemeinschaft als zwingender Standard.