Der Jammer-Faden

Weselsky ist unerträglich narzisstisch. Zum Glück wird er mit in Kraft treten des Tarifeinheitsgesetzes auf einen Schlag entmachtet. Dann ist dieser Wahnsinn endlich ein für alle Mal vorbei.

Ich bin zwar von den Streiks jedes Mal unmittelbar betroffen, kann aber über die Diskursverschiebungen zu diesem Arbeitskampf nur den Kopf schütteln. Wenn der Weber von der Bahn laut SZ sagt, der Konflikt müsse rational gelöst statt über "emotionale" Streiks scheint er nicht zu verstehen, dass Streik nunmal die einzige Waffe ist, die - nicht länger verbeamtete - Arbeitnehmer haben. Und das Tarifeinheitsgesetz bedeutet de facto hinsichtlich der Bahn, dass der Staat in einem dem Staat gehörenden Betrieb eine unabhängige Gewerkschaft zugunsten der mit der Politik verbandelten EVG aushebelt, die in den letzten Jahren nicht dafür gesorgt hat, die im europäischen Vergleich schlechten Arbeitsbedingungen ihrer Klientel innerhalb des (miserabel geführten) Unternehmens Deutsche Bahn zu verbessern. An Wesselkys Stelle würde ich nicht nur streiken sondern auch den Gehaltsdeal für den Bahnexperten Herrn Pofalla so Pi mal Daumen als Verhandlungsgrundlage für Lokführer ansetzen :D.

P.S.: Wie viele Forumsmitglieder würden für € 1700 Netto auch nur einen Finger krumm machen? (das gilt für 15 Jahre Berufserfahrung, Familie mit 2 Kindern, Alter ca. 40). Wieviele von uns können sich noch ernsthaft in das Leben durchschnittlich verdienender Arbeitnehmer/innen hineinversetzen, bei denen Alterarmut vorprogrammier ist? Nur mal so nebenbei.

Zu jammern habe ich so oder so, keine Ahnung, wie lange ich dieses Mal nach und von Tübingen brauche...
 
Juhu, ich habe mir heute morgen erst Tickets für das Wochenende gekauft. Dann las ich vom Streik....

Generell: Narzismus ist keine Grundlage, um einen Streik für verhältnismäßig zu finden oder nicht ;). Die Probleme liegen dennoch bei Weselsky. Wer zu einem Kompromiss prinzipiell abgeneigt ist, hat das Wesen eines demokratischen Prozesses (wozu auch der Streik gilt), nicht im geringsten verstanden. Das sagt einiges über die Person aus, aber über den Streik nur mittelbar etwas.
Ob sich das durch das Tarifeinheitsgesetz ändert, glaube ich nicht. Da gäbe es bessere Möglichkeiten. Nunja... Mich fragt ja keiner :D.


Achja, dgl: Zahlen ohne weitere Angabe oder Differenzierungen wahllos in einen Diskussionsraum zu werfen, führt nirgendwo hin. Maximal zu einem zugemüllten Raum. Ich kann mir auch nicht vorstellen, für 5000€ pro Monat und ohne Kinder als Prostituierte zu arbeiten. Und nun?
 
Achja, dgl: Zahlen ohne weitere Angabe oder Differenzierungen wahllos in einen Diskussionsraum zu werfen, führt nirgendwo hin. Maximal zu einem zugemüllten Raum. Ich kann mir auch nicht vorstellen, für 5000€ pro Monat und ohne Kinder als Prostituierte zu arbeiten. Und nun?

Betrachte es einfach als Denkanstoß, ich kann ja nicht jeden aus seiner selbtsverschuldeten Unmündigkeit befreien (das ist erst ab einer W3 Professur verpflichtend :rolleyes:). Es mag nur manchmal die Dinge in eine gewisse Perspektive bringen, dass viele Leute für den Preis eines hiesigen MTM-Projektes monatlich ihre Familie durchbringen müssen. Man schmort ja sozial überwiegend im eigenen Milieusaft, bis man z.B. "Reihenhaus und Mittelklassewagen" für normal hält ("hat jeder, den ich kenne") und erlebt als Mittelständler "working class" bestenfalls noch als RTL-Karikatur. Und: angesichts des Grades an brutalster Rücksichtslosigkeit, mit dem privilegierte Eliten in den letzten Jahrzehnten ihre sozioökonomischen Interessen auf dem Rücken der Allgemeinheit und der abgehängten durchgesetzt haben (genaue Zahlen zur Vermögensumverteilung von unten nach oben, dem Mythos der Leistungsgesellschaft uvm. bitte bei Interesse selber recherchieren) sind Bahn- und Kitastreiks ein lauer Zephyr. Letztere bekommt man eben unmittelbarer mit.
 
Ich brauche da keinen Denkanstoß.
Als angehender Referendar kann man von solchen Summen nur träumen :p.
;)

Andererseits habe ich keine Kinder. Dafür viele Freunde und Bekannte, die in etwa soviel verdienen und teilweise Kinder haben. Alles geerdet, keine Angst...
 
Also, das Pathologisieren mit den Schlagworten des "Narzissmus" oder des "Verrückten" sollte man doch meiner Ansicht nach den professionell damit Beschäftigten überlassen -
mir erscheint diese Laienperspektive eher etwas zu "emotional aufgeladen". ;)

Ein weiterer Klassiker dazu übrigens auch: "ein ganzes Land in Geiselhaft"...

Vielleicht braucht es allerdings doch eine Anpassung des Streikrechts wie in Italien oder am besten gleich eine verfassungsrechtliche Bevorzugung des schienengebundenen Verkehrs etc., auch in Relation zu den gigantischen Kosten des Straßenverkehrs (gibt es so etwas nicht in ähnlicher Form in der Schweiz ?) -
"FreiZügigkeit, die ich meine." (Art. 11 GG). :D
 
Immerhin interessant wie hier, in Inhalt und Diktion, die Argumentationslinie der BILD-Zeitung eher wenig reflektiert nachgebetet wird. Und noch wesentlich interessanter dass diese "Zeitung" seit geraumer Zeit die Kapitalseite vehement vertritt.
 
Weselsky ist unerträglich narzisstisch. Zum Glück wird er mit in Kraft treten des Tarifeinheitsgesetzes auf einen Schlag entmachtet. Dann ist dieser Wahnsinn endlich ein für alle Mal vorbei.

Soweit ich weiß, werden beispielsweise der Marburger Bund, die GDL und andere Spartengewerkschaften Verfassungsklage gegen das Tarifeinheitsgesetz einreichen. Wie dabei nun die Chancen juristisch zu bewerten sind, vermag ich nicht zu sagen, unser Hausjurist jedenfalls hält diese allerdings für nicht so schlecht. Aus seiner Sicht geht damit eine Einschränkung des Streikrechts einher. Dies hat derweil auch die Parlamentarische Staatssekretärin des Bundesarbeitsministeriums auf Anfrage der Grünen-Fraktion eingeräumt.

Übrigens, dass die in der Lokführergewerkschaft GDL Organisierten in den Ausstand treten, ist das Ergebnis einer Urabstimmung und damit das Ergebnis eines demokratischen Prozesses und keine autokratische Entscheidung Claus Weselskys. Weiterhin nehmen die Streikenden lediglich ihr von der Verfassung garantiertes Grundrecht war.

Dass es bisher, für viele Bahnkunden gewiss bedauerlich, zu keiner Einigung unter den Beteiligten kam, mag diverse Gründe haben. Gegenseitige Schuldzuweisungen gehören dabei zum politischen Geplänkel und sind sicherlich inhärenter Bestandteil jeweiliger Strategien. Einer dieser Gründe könnte sein, dass die Bahn auf Zeit spielt und auf das im Juli in Kraft tretende Tarifeinheitsgesetz setzt. Ein weiterer, dass die Bahn die Kosten des Streiks nicht selbst zu tragen hat, da diese von dem an den Bund abzuführenden Gewinnanteil abgezogen werden.
 
Oben