Es tut sich gerade was, in der deutschen Bierszene. Einerseits wird zwar immer weniger Bier getrunken uind den mittelgroßen Standardproduzenten geht es schlecht. Ich denke, wenn die keine starke regionale Basis haben, werden sie mittelfristig alle von Großunternehmen geschluckt, ist ja bei vielen schon geschehen.
Gibt es eigentlich noch eine relevante tschechische Marke, die nicht von einem Multi übernommen worden ist? Ich habe bereits gelesen, dass dort viele Biere geschmacklich normiert worden sind?
http://imbibe.com/article/czechs-and-balances
Das gute ist: es gibt, gerade in Bayern noch viele tradtionelle Miniproduzenten, quasi urwüchsige Microbreweries. Zudem hat ja schon seit den späten 80ern eine Renaissance der Hausbrauereien eingesetzt und aktuell gibt es nochmals, womöglich US-inspiriert, einen Microbrewery-Trend, auch im Norden, wo es dringend Not tat
. Insofern wird, wie in anderen kulinarischen Bereichen, die vielfalt und Qualität wachsen, während der Mainstream schrumpft. Wobei ich es für wichtig halte, dass es neben nobelkonzepten wie Braufactum, die auf wohlhabende Trendtrinker abzielen, auch normalpreisige, gute lokale Biere gibt. Slowfood und Drink brauchen eine ökonomisch demokratische Komponente, sonst bleibt die "grün-schwarze manufactum-Elite" wieder unter sich
.
Orangen-Ingwernoten u.ä., also Geschmackseffekte, kann man auch durch gezielte Auswahl von Hefen, bzw. bestimmten Hopfen- oder Getreidesorten erreichen, also ohne weitere Beigaben. Wobei ich natürliche zusätze nicht für problematisch halte - eher die schon erwähnten versteckten Mittelchen und Prozesse, die selbst unter dem Reinheitsgebot erlaubt sind.
Dieses, so muß man fairerweise sagen, war ja seinerzeit auch Protektion für Gersten- und Hopfenproduzenten, nicht nur Verbraucherschutz - denn neben Panscherei wurden damit auch traditionelle Rezepturen unterbunden (Zusatuz von Beerenfrüchten u.ä.). Traditionelles schottisches Heather- oder Seetang- oder Fichtenale schmeckt z.B. ganz hervorragend:
http://www.williamsbrosbrew.com/
"From the bonny bells of heather
They brewed a drink long-syne,
Was sweeter far than honey,
Was stronger far than wine.
They brewed it and they drank it,
And lay in a blessed swound
For days and days together
In their dwellings underground."
(Robert Louis Stevenson, "Heather Ale")