Camara
Member
Hallo werte Stilgemeinde
Während ausgedehnter Streifzüge durch das Internet stieß ich vor einigen Wochen auf einen Anbieter siebenfach gefalteter Krawatten, der mir bis dato vollkommen unbekannt war. Das allein ist sicherlich nichts erstaunliches, wohl aber die Preispolitik des Unternehmens. Für eine angeblich handgefertigte 7 fold italienischer Art, wird hier nämlich ein Preis von 22,- Euro aufgerufen! Das klang so unglaublich, um nicht zu sagen unglaubwürdig, dass ich zunächst beschloss, ein wenig zu recherchieren. Es ließen sich jedoch keine Erfahrungsberichte zu diesen Krawatten finden. Lediglich zu Hemden, die zu ähnlichen Preisen angeboten werden, gab es durchwachsene Meinungen. Es blieb mir also nichts anderes übrig, als den Selbstversuch zu starten. Der Bestellvorgang war denkbar einfach und nach 12 Tagen erreichte mich gestern nun das Päckchen. Bestellt hatte ich eine leicht strukturierte, 8 cm breite Krawatte, deren Farbe man wohl als Purpur oder Dunkelmagenta bezeichnen könnte. Aufgrund des Preises und fehlender Erfahrungsberichte erwartete ich eigentlich gar nichts und hatte in Gedanken schon die Schere in der Hand, um das gute Stück auf Herz und Nieren zu prüfen. Dazu sollte es jedoch nicht kommen. Denn als ich die Schachtel öffnete war ich gelinde gesagt, positiv überrascht. Frei von Ungenauigkeiten wie gezogenen Fäden, asymmetrischem Abschluss oder unsauberen Nähten, präsentierte sich mir ein recht gewichtiges und ansehnliches Produkt, welches nach extra angebrachtem Etikett „cucito a mano“, also von Hand gefertigt worden sein möchte. Doch zunächst etwas zur Konstruktion denn die Meinungen darüber, was eine 7 fold tatsächlich ist, gehen weit auseinander.
7-fold, double 4-fold oder 6 fold?
Handelt es sich hier nun tatsächlich um „settepieghe“? Eigentlich müsste man doch lediglich die Falten/ Knicke auf jeder Seite zählen? Diesem Verfahren nach komme ich aber lediglich auf sechs Faltungen. Die Erklärung dafür liegt in den zahlreichen Interpretationen der Hersteller weltweit. Wer anschaulich die beiden gängigsten Varianten kennenlernen möchte, dem sei die Seite von Carlo Franco (www.carlofranco.com) empfohlen. In meinem Fall handelt es sich nun um eine sogenannte double 4-fold mit Futter, welches ebenfalls aus Seide besteht (self-tipped). Bekannte Hersteller wie Kiton oder Bulgari nutzen diese Art als zeitgemäße Version der traditionellen 7 fold, welche dagegen ohne Futter auskommt und im besten Fall aus einem einzigen Stück Seide besteht. Die Konstruktionsweise ist also durchaus anerkannt. Wie steht es aber um die Qualität der Seide? Im Vergleich zu meinen Bestandskrawatten – u.a. Edsor Kronen, Boss Selection, Altea, Kiton, Drakes – offenbart die Seide keine Stärken, aber eben auch keine signifikanten Schwächen. Vielleicht ein wenig fest im Griff, aber auf keinen Fall minderwertig. Die Bindeeigenschaft ist sehr gut, nicht zuletzt auch deshalb, weil die Krawatte an der schmalsten Stelle immerhin noch 3,5 cm breit ist und dies meiner Erfahrung nach einem voluminösen Knoten zuträglich ist.
Fazit
Die vielleicht wichtigste Frage, nämlich die, ob es sich tatsächlich um Handarbeit handelt, vermag ich nicht kompetent zu beantworten. Doch letztlich hat mich dies auch nicht dazu bewogen, diesen Beitrag zu schreiben. Vielmehr bin ich irritiert, dass es überhaupt möglich ist, ein Produkt zu einem solchen Preis anzubieten. Ob dieses nun von Hand gefertigt wurde oder nicht, ist für mich zweitrangig, denn verglichen mit gängigen Herstellern im mittleren Segment (Boss, Joop, etc. 45-80,- Euro) ist die Verarbeitung diesen insgesamt überlegen. Werden mehr als 100,- Euro für eine handgefertigte Krawatte verlangt, sähe das natürlich anders aus, denn dann würde ich die vermeintliche Handwerkskunst ja auch mitbezahlen. Wieviel darf oder wieviel muss nun eine 7-fold kosten? Laut Verpackung und Etikett ist meine Neuerwerbung „Made in Italy“ doch es fällt mir zugegebenermaßen schwer, bei einem Preis von 22,- Euro (plus 8,50 Porto) für eine handgearbeitete 7-fold Krawatte italienischer Provenienz nicht misstrauisch zu werden. Ich bin sehr gespannt auf Eure Kommentare.
Beste Grüße, Camara
Bezugsquelle: www.anticasartorianapoletana.it
Hersteller/ Marke: Bagariny
Preis: 22,- Euro (plus 8,50 Versandkosten)
Nachtrag:
Dieser kurze Artikel soll zur Diskussion anregen. Es handelt sich weder um Werbung für bestimmte Hersteller, noch stellen meine Wertungen Parteilichkeit, in welcher Form auch immer, dar. Es ist auch keine Kaufempfehlung, sondern ein Erfahrungsbericht, der maßgeblich von subjektiven Einschätzungen geprägt ist.
Während ausgedehnter Streifzüge durch das Internet stieß ich vor einigen Wochen auf einen Anbieter siebenfach gefalteter Krawatten, der mir bis dato vollkommen unbekannt war. Das allein ist sicherlich nichts erstaunliches, wohl aber die Preispolitik des Unternehmens. Für eine angeblich handgefertigte 7 fold italienischer Art, wird hier nämlich ein Preis von 22,- Euro aufgerufen! Das klang so unglaublich, um nicht zu sagen unglaubwürdig, dass ich zunächst beschloss, ein wenig zu recherchieren. Es ließen sich jedoch keine Erfahrungsberichte zu diesen Krawatten finden. Lediglich zu Hemden, die zu ähnlichen Preisen angeboten werden, gab es durchwachsene Meinungen. Es blieb mir also nichts anderes übrig, als den Selbstversuch zu starten. Der Bestellvorgang war denkbar einfach und nach 12 Tagen erreichte mich gestern nun das Päckchen. Bestellt hatte ich eine leicht strukturierte, 8 cm breite Krawatte, deren Farbe man wohl als Purpur oder Dunkelmagenta bezeichnen könnte. Aufgrund des Preises und fehlender Erfahrungsberichte erwartete ich eigentlich gar nichts und hatte in Gedanken schon die Schere in der Hand, um das gute Stück auf Herz und Nieren zu prüfen. Dazu sollte es jedoch nicht kommen. Denn als ich die Schachtel öffnete war ich gelinde gesagt, positiv überrascht. Frei von Ungenauigkeiten wie gezogenen Fäden, asymmetrischem Abschluss oder unsauberen Nähten, präsentierte sich mir ein recht gewichtiges und ansehnliches Produkt, welches nach extra angebrachtem Etikett „cucito a mano“, also von Hand gefertigt worden sein möchte. Doch zunächst etwas zur Konstruktion denn die Meinungen darüber, was eine 7 fold tatsächlich ist, gehen weit auseinander.
7-fold, double 4-fold oder 6 fold?
Handelt es sich hier nun tatsächlich um „settepieghe“? Eigentlich müsste man doch lediglich die Falten/ Knicke auf jeder Seite zählen? Diesem Verfahren nach komme ich aber lediglich auf sechs Faltungen. Die Erklärung dafür liegt in den zahlreichen Interpretationen der Hersteller weltweit. Wer anschaulich die beiden gängigsten Varianten kennenlernen möchte, dem sei die Seite von Carlo Franco (www.carlofranco.com) empfohlen. In meinem Fall handelt es sich nun um eine sogenannte double 4-fold mit Futter, welches ebenfalls aus Seide besteht (self-tipped). Bekannte Hersteller wie Kiton oder Bulgari nutzen diese Art als zeitgemäße Version der traditionellen 7 fold, welche dagegen ohne Futter auskommt und im besten Fall aus einem einzigen Stück Seide besteht. Die Konstruktionsweise ist also durchaus anerkannt. Wie steht es aber um die Qualität der Seide? Im Vergleich zu meinen Bestandskrawatten – u.a. Edsor Kronen, Boss Selection, Altea, Kiton, Drakes – offenbart die Seide keine Stärken, aber eben auch keine signifikanten Schwächen. Vielleicht ein wenig fest im Griff, aber auf keinen Fall minderwertig. Die Bindeeigenschaft ist sehr gut, nicht zuletzt auch deshalb, weil die Krawatte an der schmalsten Stelle immerhin noch 3,5 cm breit ist und dies meiner Erfahrung nach einem voluminösen Knoten zuträglich ist.
Fazit
Die vielleicht wichtigste Frage, nämlich die, ob es sich tatsächlich um Handarbeit handelt, vermag ich nicht kompetent zu beantworten. Doch letztlich hat mich dies auch nicht dazu bewogen, diesen Beitrag zu schreiben. Vielmehr bin ich irritiert, dass es überhaupt möglich ist, ein Produkt zu einem solchen Preis anzubieten. Ob dieses nun von Hand gefertigt wurde oder nicht, ist für mich zweitrangig, denn verglichen mit gängigen Herstellern im mittleren Segment (Boss, Joop, etc. 45-80,- Euro) ist die Verarbeitung diesen insgesamt überlegen. Werden mehr als 100,- Euro für eine handgefertigte Krawatte verlangt, sähe das natürlich anders aus, denn dann würde ich die vermeintliche Handwerkskunst ja auch mitbezahlen. Wieviel darf oder wieviel muss nun eine 7-fold kosten? Laut Verpackung und Etikett ist meine Neuerwerbung „Made in Italy“ doch es fällt mir zugegebenermaßen schwer, bei einem Preis von 22,- Euro (plus 8,50 Porto) für eine handgearbeitete 7-fold Krawatte italienischer Provenienz nicht misstrauisch zu werden. Ich bin sehr gespannt auf Eure Kommentare.
Beste Grüße, Camara
Bezugsquelle: www.anticasartorianapoletana.it
Hersteller/ Marke: Bagariny
Preis: 22,- Euro (plus 8,50 Versandkosten)
Nachtrag:
Dieser kurze Artikel soll zur Diskussion anregen. Es handelt sich weder um Werbung für bestimmte Hersteller, noch stellen meine Wertungen Parteilichkeit, in welcher Form auch immer, dar. Es ist auch keine Kaufempfehlung, sondern ein Erfahrungsbericht, der maßgeblich von subjektiven Einschätzungen geprägt ist.