Welche Erwartung habt ihr an einen lokalen Herrenausstatter?

Zukunft hat mMn ein Laden der folgendes bietet
- entsprechendes Ambiente (dementsprechend)
- geschultes Personal (im Material, nicht in Verkaufstaktik)
- positive Energie (Spaß und Zufriedenheit muss in der Luft liegen)
Es ist eigentlich genau das. Ich brauche keine namentliche Ansprache, kein anbiederndes "Luxusartikel"-Getue mit Kaffeechen hier, ein Prosecco gefällig, Herr Geheimrat, dort. Ich lege Wert auf ein ordentliches Qualitätsniveau bei Materialien und Verarbeitung, vernünftige Preisgestaltung und freundliches Personal, bei dem mir der Gedanke kommt, dass sie mir tatsächlich nach bestem Wissen etwas verkaufen wollen, was mir gefällt und zu mir passt. Nicht mehr und nicht weniger.

Und das mag sich in Deutschland selten einstellen. Entweder hat man von Material und Personal her das gehobene Ramschniveau mit ein paar lichten Momenten von Peek&Cloppenburg & Co. oder den angestrengt schnöseligen Herrenausstatter (Ausnahmen bestätigen die Regel). Letzte Woche war ich dienstlich in den USA und hatte abends noch Zeit, schnell in einen Brooks-Brothers-Shop reinzuspringen. Hübsche, hochwertige, aber nicht übertriebene Ladendekoration, ein unverkrampft natürlicher, freundlicher, erheblich bemühter, aber in keiner Weise unterwürfiger Verkäufer und Klamotten, die man tatsächlich gerne anfassen und kaufen mochte, eine wohltuend "andere" Erfahrung im Vergleich zu den meisten Offline-Einkaufserlebnissen in Deutschland.
 
Der Witz war ja in den letzten Jahren, und genau hier beginnt das dünne Eis :D, das man im Einzelhandel versucht hat mit allen Mitteln es den Kunden recht zu machen und dem Kunden entgegen zu kommen.
Das hat ungefähr den Effekt einer völlig antiautoritären Erziehung der Eltern :eek:
[...]
Allein dieses "dem Kunden recht machen" muss man sich mal genauer betrachten.
Der Kunde. Das ist eine Personengruppe mit völlig unterschiedlichen Verlangen, Bedürfnissen und Ansprüchen..... Vor lauter "recht machen" hat der Handel sein Gesicht verloren....
[...]
Man braucht klare Regeln an denen sich Kunden orientieren können. Das ist meine Meinung.
Das sehe ich auch so. Aber dafür braucht man auch eine laute Stimme, die die Zielgruppe wahrnimmt und akzeptiert. Erst dann kann sie sie für die eigene Orientierung nutzen. Ich bin mir nicht sicher, ob das ein einzelner Herrenausstatter ohne den stützenden medialen Hintergrund einer Marke/Kette heutzutage noch leisten kann. Das mag für die Betreuung von ein paar Stammkunden reichen, aber die Breitenwirkung fehlt. Vermutlich ist diese Erkenntnis auch die Ursache für den Trend zur Anbiederung an verschwommene, vage Bilder in den Köpfen der Kunden, die die eigene Profilschärfe verwässert.
 
Ein guter Herrenausstatter würde einen Großteil dieses Forums überflüssig machen. Es ist zwar gut stilsicher zu sein, noch besser wäre es aber wenn die Diensleistung im Laden wäre, den Kunden zu beraten und Stücke rauszusuchen die wirklich passen- vom Schnitt und zum Typ. Dafür müsste man sich aber wohl mit dem Kunden (ehrlich) auseinandersetzen. Die Dienstleistung heute beschränkt sich in der Regel aus dem Durchziehen der Kreditkarte.
 
Der Herrenausstatter Prüssing & Köll in Dresden hat zum Beispiel einen Blog auf facebook (StilprotoKÖLL), der in unregelmäßigen Abständen teils sehr schöne Artikel im Sinne stilmagazintrauglicher Propaganda veröffentlicht.
Ich gehe aber davon aus, dass das nicht sehr viele Menschen lesen, deswegen geht der Effekt der "Erziehung des Kunden" etwas verloren. :D
 
Weils ein paar Beiträge vorher angesprochen wurde...was sind denn angemessene Preise?

Grundsätzlich: was der Kunde bereit ist zu zahlen (die einfachste Definition)
Die Frage ist nun, was der Kunde bereit ist zu zahlen ...

Der Kunde wird sich i.d.R. (der eine mehr der andere weniger) schlau machen, wieviel er minimal für das bestimmte (oder das "ähnlichste") Teil ausgeben muss (mit dem Internet heute ein leichtes) ... ich persönlich bin dann bereit im Detailhandel bis 30% (in Einzelfällen bis 50%) mehr zu bezahlen, aber selten darüber ....

Handelt es sich um Einzelstücke oder -anfertigungen die sich schlecht vergleichen lassen, kommt es wieder darauf an, welchen (materiellen und immateriellen) Wert der Kunde dem Objekt beimisst ... hier muss der Produzent des Objekts seine Kunden selektionieren (z.B. wieviel "immaterieller" Wert oder "lifestyle" in den Objekten stecken soll), muss aber die Gruppe die seine Target-Clients sind auch ansprechen können ....
 
Vieles von guter Beratung, Atmosphäre und Freundlichkeit wurde ja bereits geschrieben. Für mich zählt zwingend noch dazu, dass die Möglichkeit besteht, kleinere Änderungen direkt vor Ort abstecken zu lassen und die Änderung nicht länger als 24 Stunden dauert.

Liebe Grüße
Sandro
 
Ich denke das kommt ganz drauf an, wer von woher kommt. Satorial, versteht sich. Wenn man gewohnt ist alles anfertigen zu lassen, ist man auch gewohnt sich etwas zu gedulden. Diese Klientel kann aber auch abschätzen wie lang gewisse Änderungen benötigen, und da kann man schon einen Service bieten. Sprich alles an einem Vormittag/Nachmittag oder es wird dann frei ins Haus geschickt.
Wenn du allerdings den gemeinen Internet-Konfektionskunden bedienen willst, muss alles schon gestern passiert sein.

Grüße
 
Schon der Erfolg von Manufactum zeigt ja, dass man mit dem Erzeugen von "must have feeling" auch bei eher überdurchschnittlichen Preisen Ware an den Mann bringen kann.
Beratung (bzw. Artikelbeschreibungen) und Sortimentsauswahl müssen dann passen.
 
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