Was trinke ich heute....

Kendall-Jackson oder einfach Kay-Jay klingt mehr nach Family Restaurant als nach Highend-Cuisine, es ist der Loake unter den kalifornischen Weinerzeugern, die Sonoma County Vintner's Reserve aber immerhin ein Loake 1880, also ein guter Preis-Leistungs-Wein, den man auch in US-Supermärkten einfach mal mitnehmen kann (wobei US-Supermärkte im Gegensatz zu Good Old Germany ein durchaus präsentables Weinangebot haben, wo die Kunden auch bereit sind, den einen oder anderen $ mehr hinzulegen, ist dort im Regal ein sales-abhängig um die 25$-Wein).

In 2017 92,5% Cabernet Sauvignon, 3% Cabernet Franc, 2% Malbec, 1,5% Petit Verdot and 1% Merlot, ein Bordelaiser Mix, aber fast sortenrein auch nach europäischer Lesart. Beim Aufziehen enttäuscht erst mal der superschlimme, kurze 5cent-Made-by-Erbsenzähler-Presskorken. ;) Aber danach läuft vieles richtig: Viel tiefes Cassis, Brombeere, Schwarzkirsche, Mengen von seidenweichem Tannin, Vanille, etwas Eukalyptus, nicht überkomplex, aber sehr intensiv, schöne Länge, kräftiger Trinkfluss, mit 13,5% für heutige Verhältnisse fast leicht im Alkohol, trotzdem voll und fett im Mittelbereich und dabei ohne weiteres trinkreif, sicher nichts für längere Lagerung. Alles, was man von einem kalifornischen Cab erwartet, wird prompt und laut geliefert, schönes, rundes Paket ohne den ganz großen Anspruch. Für mich regelmäßig deutlich besser als die ähnlich vermarktete Director's Cut Serie von Francis Ford Coppola. Saugeiler Grillwein übrigens. ;)

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Wenn man von Neuseeland spricht, fällt einem immer zuerst die an Naturschönheiten reiche, dünn besiedelte Südinsel ein, selbst beim Wein wird eher von den Sauvignon Blancs und Pinot Noirs der Südinsel geschwärmt. Dabei hat auch die Nordinsel einiges zu bieten. An der Hawke's Bay im Osten, direkt südlich der malerischen Halbinsel Coromandel hat sich ein australischer Entsorgungsunternehmer mit Craggy Range (unbedingt mal draufklicken, gibt einem einen guten Eindruck von der Gegend) ein Vorzeigeweingut aufgebaut. Dieser Einzellagen-Syrah (es gibt noch eine Auslese davon, die als "Le Sol" vermarktet wird) ist vom zurückhaltenden Typ, wie man ihn im nördlichen Rhônetal findet, etwa mit Cornas oder St. Joseph vergleichbar und mit den fetten australischen Vertretern (die ich auch sehr mag, alles zu seiner Zeit) nicht mal im selben Universum. 2013 gilt als Jahrhundertjahrgang in Neuseeland und diese schön gereifte Flasche bestätigt das auf wunderbare Weise, 17 Monate in französischen Barriques gereift, ca. 1/4 neu. Schwarzkirsche, Pflaume, etwas reife Himbeere, schwarzer Pfeffer, Anis, erfrischende, toll integrierte Säure, ohne jede Schwere auf der Zunge tänzelnd (leichte 13% Alkohol ;)), fein und intensiv auf schwarzen Johannisbeeren im langen Abgang endend. Sommerabendwein par excellence und wie immer bei neuseeländischem Wein für mich eine Gelegenheit, an dieses traumhaft schöne Land zu denken.

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Deftig in die Linzer Stuben", mit knorriger k.u.k. Bedienung. Bürgerlich ins "Sitte". Persisch ins "Shiraz". Französisch ins "Belville".

Vor dem Essen noch in die Max Lieberman Sonderausstellung gehen, die fängt im Oktober im Landesmuseum an.
 
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