Was trinke ich heute....

Der bekannteste Wein Mallorcas, Anima Negra, hier aus 2017, ist nahezu reinsortig (95%) aus der nur auf Mallorca zu findenden Rebe Callet gekeltert mit ein paar Zugaben aus Mantonegro und Fogoneu, das Material kommt von 40-60jährigen Reben (es gibt noch mit dem Son Negre eine sehr teure Auslese davon). Helles Rubinrot mit violetten Reflexen, schwarze Kirschen und Himbeeren, Vanille, Röstaromen, Bitterschokolade, Balsamico-Creme, eher leicht und frisch. Früher hatte der Hauptwein von Anima Negra noch einen wilden Beerenmix anzubieten, heute ist er leider von feiner neuer französischer Eiche zugedeckt, die sich auch in höherem Alter nicht auflösen dürfte. Sehr süffig und aromatisch, aber auch recht gleichförmig, ein sehr guter Biberwein und ein Crowd Pleaser, der den meisten schmecken dürfte. Für den Zweitwein AN/2 kann man das als Saufwein noch tolerieren, der AN ist mit ca. 33,- schon in einer Preisklasse, wo er sich mit vielen hervorragenden und eigenständigen Weinen vergleichen lassen muss, und daran gemessen ist das für mich eine Enttäuschung. Keine Empfehlung von mir.

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Vergangenes Wochenende gab es das erste Imperial Stout von Põhjala der eigentlich schon fast beendet „tiefschwarz und stark Saison“. Im Glas hatte ich das Pime Öö Hazelnut, das fernab des Reinheitsgebotes zusätzlich mit Hafer, Roggenmalz und Haselnüssen eingebaut wurde und es auf schlanke 13,6 Vol % Alkohol bringt. Was soll ich anderes sagen als: Es war fantastisch. Ein unglaublich cremiges und dichtes Mundgefühl und enorm viel Geschmack nach Schokolade und Haselnuss. Leider fehlt es im Abgang ein bisschen an Balance, ich fände hier etwas mehr Röstaromen, Kaffee (beides realisierbar über die eingesetzten Malze) und/oder einen leichten Anklang von Chili (nicht realisierbar im Rahmen des Reinheitsgebots) ideal. So bleibt ein minimal zu süßer Eindruck bestehen und die Perfektion wird knapp verfehlt.

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Casa Castillo ist einer der Qualitätsführer in Jumilla und ein Liebling vom Wine Advocate Spanien-Korrespondent Luis Gutierrez. So generieren die verschiedenen Lagenweine stets exorbitante Bewertungen, die ich meistens nicht nachvollziehen kann. Das liegt aber nicht daran, dass das klassisch überkonzentrierte Parker-Bomben wären, Gutierrez bewertet deren Weine hoch, weil sie es nicht sind, er mag deren Eleganz, ihre zurückgenommene Art, die eben nicht so in the face ist. Und genau das stört mich. :) Mir sind sie (auf hohem Niveau, das muss man dazu sagen) im Vergleich zu ihren Regionsmitbewerbern ein bisschen zu lasch. ;)

Und das ist auch der Fall bei diesem Las Gravas von 40-jährigen Reben (alte Reben, nun ja) aus dem Jahrgang 2018, 90% Monastrell (= Mourvèdre), 10% Garnacha (= Grenache), in 500-Liter-Fässern und teils größeren Gebinden bis 5000 Liter ausgebaut. Rote Früchte, rote Johannisbeerkonfitüre, Himbeere, Rosmarin-Creme Brulée mit schwarzem Pfeffer, sehr offen, schöne Balance. Das ist ein sehr feiner Wein, keine Frage, aber mir mangelt es hier im Vergleich ein wenig an Druck. Bin wahrscheinlich weinphilosophisch zu sehr US-Mainstream. ;)

Was man aber an solchen Weinen lernt, ist die Vielfalt von Wein. Die Rotweinwelt besteht nicht nur aus Bordeaux und Burgund und ihren Rebsortenablegern.

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