Versuch: Anfängerleitfaden 1. Anzug

Ich denke, es macht schon Sinn, wie Beethoven schreibt, die Preisunterschiede zu begründen und zu erklären, wie eben günstige und erheblich teurere Anzüge gefertigt werden. Dabei kann man auch auf die für einen guten Sitz notwendigen Parameter eingehen, z.b. angepasste Ärmelkonstruktion etc. Es geht ja nicht nur um modische Gesichtspunkte.

Natürlich benötigt nicht jeder Student einen Anzug für 5.000 €. Man darf aber schon darstellen, dass unterhalb einer bestimmten Investitionssumme Sparen die bessere Geldverwendung darstellt. Ein Anzug kostet ein Monatseinkommen - das ist zwar eine alte Weisheit meiner Eltern. Sie gilt aber grundsätzlich in meinen Augen noch immer. Mit der Investition eines Monatsgehaltes in den Anzug wird man für die Stelle, die man bekleiden soll, in der Regel recht gut bekleidet sein. Jedenfalls bis man ein gewisses Gehaltsniveau erreicht hat. Natürlich lässt sich das nicht beliebig fortsetzen. Persönlich finde ich die Grenze von 5.000 € nicht unvernünftig. In jedenfalls meinen Augen bezahlt man darüber eher den Stuck beim Schneider.
 
Es gibt nicht den "richtigen" Preis für Kleidung, so wie es für Autos, Reisen, Hifi-Anlagen, Wohnungen, Möbel, Restaurantbesuche, Theaterkarten, Schmuck und Gemälde nicht den "richtigen" Preis gibt. Der eine schätzt teure Produkte, der andere nicht. Es wäre schon ein Fortschritt, wenn diese Erkenntnis wertneutral in einem Leitfaden auf den Punkt gebracht würde. Allerdings mitsamt einer Beschreibung, wo die zusätzlichen Euros bei teuren Produkten landen und dass das nicht alles Marge ist. Auch von der guten Lage, gut ausgebildetem, freundlichem und reichlich verfügbarem Personal, einem anständigen und inspirierenden Umfeld beim Einkaufen, massig vorhandener Stoffkollektion, langen Beratungsgesprächen, viel Tageslicht etc. profitiert der Käufer!
 
Sie setzen Maßfertigung und Maßkonfektion gleich. Maßkonfektion bleibt Konfektionsware mit wenigen angepassten Parametern. Preisunterschiede gibt es zur Maßfertigung. Die allerdings sind auch nicht so groß. Deshalb fragte ich Sie ja, was denn die Regent-Konfektion auszeichnet, dafür einen Preis auszurufen, für den Ihnen in Deutschland ein Herrenschneider einen Anzug näht.

Deshalb ärgere ich mich auch über den Kauf der Brioni-Anzüge. Die sind ohne Frage gut und ich trage sie gern. Aber ich hätte für den selben Preis jeden beliebigen deutschen Schneidermeister beschäftigen können. Sogar den auf der Königsallee. Ich würde heute keine so teure Konfektion mehr kaufen.
Ich bin ehrlich, ich verstehe das Problem nicht so ganz.

Ein Deutscher Herrenschneider kann zu Regent Preisen nur dann nähen, wenn seine Betriebskosten sehr sehr gering sind.
Wie lange braucht er heutzutage? 40? 50Stunden... 60Std wenns wirklich alles Handarbeit ist?!? Ich bin kein Schneider^^ Da sollte man einen Schneider fragen :)

Wir haben nun bei einer normalen Regent Qualität Stoff und Verbrauchsmaterialen von +-1000€ (? Genau hier kann nur jemand der bei Regent den Einkauf macht eine verbindliche Auskunft geben)
Bleiben noch 1000€ übrig für 50-60Std Arbeit.

Wenn der besagte Deutsche Schneider also bereit ist für 20€/Std zu arbeiten, kann er den Regent Preis halten.

Bleiben Fragen wie
was ist an dem jetzt besser?
Setzt er die Maße besser um als es der Regent Schneider machte?
Näht jemand der eine Hand voll Anzüge im Monat macht das Armloch besser als die Dame bei Regent die 50 Ärmel am Tag näht?

Wenn du zu einem Namenhaften Schneider gehst sind eben mal 4000-5000€ fällig :)

Das sind Fragen über Fragen. Das aufzuarbeiten wäre ein wahres Werk^^

Ein Regent braucht in der Produktion für seine Knopflöcher fast so lange wie Boss um den ganzen Anzug zu nähen... Ist das jetzt gut? Ist ein handgenähtes Knoplfloch wirklich besser als das von der Maschine?

Was wenn Regent mehr Bügelzeit in sein Teil steckt als ein Scabal für die gesamte Fertigung?


Man könnte ein Buch schreiben über Fertigungsprozesse.
Das in einem Faden auf kleinsten Raum zu pauschalisieren ist nicht möglich. Sorry.


Allgemein kann man sagen, Hersteller wie Scabal und Regent haben ihre Standorte für die Produktion in Deutschland. Ruft an. Geht hin. Fragt nach. Die wissen das 100mal besser als ich und jeder hier im Forum :)

Bei deinem Brioni kann ich nicht helfen^^
Ich find Brioni maßlos überteuert.
 
Allerdings mitsamt einer Beschreibung, wo die zusätzlichen Euros bei teuren Produkten landen und dass das nicht alles Marge ist. Auch von der guten Lage, gut ausgebildetem, freundlichem und reichlich verfügbarem Personal, einem anständigen und inspirierenden Umfeld beim Einkaufen, massig vorhandener Stoffkollektion, langen Beratungsgesprächen, viel Tageslicht etc. profitiert der Käufer!

Das finde ich einen wichtigen Punkt, den man in der Tat herausstellen sollte. Es gibt ja durchaus einige Berufsanzugträger, die bereit sind, einiges zu investieren - sie investieren es nur oftmals in Produkte, die es offensichtlich nicht in diesem Maße wert sind. In gewissen Berufskreisen begegnem einem ja nicht wenige Armani/Prada/etc-Gewänder, die eher im Flagshipstore als im Outlet erworben worden sind. Der Wille Geld zu zahlen wäre bei dieser Gruppe schon da, es fehlt halt das Bewusstsein.

Ob man die Preisdebatte nun allerdings am "Monatsgehalt" aufhängen sollte, weiß ich nicht, ich befüchte, da steigen viele geistig aus, wenn sie sowas lesen.
 
Ob man die Preisdebatte nun allerdings am "Monatsgehalt" aufhängen sollte, weiß ich nicht, ich befüchte, da steigen viele geistig aus, wenn sie sowas lesen.

Na, für jede Stelle gibt es eine Maß "angemessener" Bekleidung, Sie fallen unangenehm auf, wenn Sie das richtige Maß nicht treffen. Wenn Sie sich um ein Praktikum in einer UB bewerben und im Brioni-Sakko auflaufen, kann das Ihr Gegenüber möglicherweise nicht erkennen und denkt, Sie tragen den alten Anzug Ihres Vaters... falls doch laufen Sie Gefahr, dass das Gespräch sehr kurz wird.

Wenn Sie als möglicher Geschäftsführer oder Vorstandsvorsitzender vorgestellt werden, wird das Gespräch möglicherweise ebenfalls nicht den gewünschten Verlauf nehmen, wenn Sie eine SuSu-Bastelei am Körper tragen. Sie dürfen davon ausgehen, dass die Personaldienstleister, die Ihre Entourage bilden, anders gekleidet sind. Es wird kein Schaden sein, von der genannten Spanne in einem gewissen Bereich abzuweichen. Dennoch werden Sie auffallen, wenn Sie sich durch überteuerte oder zu zu geringwertige Kleidung von den Menschen abgrenzen, mit denen Sie in Ihrer näheren Umgebung arbeiten.

Das finde ich einen wichtigen Punkt, den man in der Tat herausstellen sollte. Es gibt ja durchaus einige Berufsanzugträger, die bereit sind, einiges zu investieren - sie investieren es nur oftmals in Produkte, die es offensichtlich nicht in diesem Maße wert sind. In gewissen Berufskreisen begegnem einem ja nicht wenige Armani/Prada/etc-Gewänder, die eher im Flagshipstore als im Outlet erworben worden sind. Der Wille Geld zu zahlen wäre bei dieser Gruppe schon da, es fehlt halt das Bewusstsein.

Das sagte ich ja. Das ist ein wichtiger Punkt. Ich hätte - hätte ich zu gegebener Zeit mehr Information und zugegeben auch Interesse gehabt, sicher nicht Brioni gekauft. (Obwohl ich froh bin, dass es irgendwie intuitiv wenigstens dieser war.)

Wenn du zu einem Namenhaften Schneider gehst sind eben mal 4000-5000€ fällig.
Nein. Das geht. Aber das ist jedenfalls in meinen Augen wirklich nicht nötig. Die entsprechenden Preise habe ich ja vorne schon benannt. Sie überschätzen meiner Meinung nach sowohl die Fertigungs- wie die Stoffpreise.
 
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Halte ich zwar für etwas idealistisch, denn im Zweifelsfall erkennt auch nicht jeder Partner in der UB oder GK den Unterschied zwischen BOSS und Brioni, aber selbst wenn man es so unterstellt: Der Leitfaden soll sich doch gerade an Einsteiger in die Herrenmode richten; also Menschen, die bislang recht unbedarf waren, was Kleidung angeht. Und aus eigener Erfahrung kenne ich durchaus Leute in gehobenen Positionen, die ohne mit der Wimper zu Zucken, eine Uhr für 5000€ kaufen würden, aber eher mit dem Kopf schütteln, wenn man davon anfängt, dass man gleiches Geld auch in Anzüge investieren könnte. Eine andere nicht unwesentliche Zielgruppe, der Berufseinsteiger, der im Zweifelsfall 3-4-5 Anzüge in kurzer Zeit braucht hat wahrscheinlich auch keine große Lust, sein Halbjahressalär in den Schrank zu hängen.

Ich bin da ja eigentlich total bei dir, ich glaube nur, dass "Anzug=Monatsgehalt" eher am Ende als am Anfang einer Auseinandersetzung mit Kleidung steht. Das hat weniger was mit dem Geldbeutel als mit dem Bewusstsein zu tun.
 
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Und aus eigener Erfahrung kenne ich durchaus Leute in gehobenen Positionen, die ohne mit der Wimper zu Zucken, eine Uhr für 5000€ kaufen würden, aber eher mit dem Kopf schütteln, wenn man davon anfängt, dass man gleiches Geld auch in Anzüge investieren könnte.

Klar. Auch 15.000€. Dann aber von Breitling. Und so schwer, dass man wenigstens 15 Termine beim Physiotherapeuten benötigt, um die Schultermuskulatur soweit zu stärken, dass die Rückenschmerzen verschwunden sind...

Ich entschuldige mich für den Off-Topic-Kommentar.
 
Danke für dein Engagement Alexander. Für einen Leitfaden würde ich mir jedoch eine prägnantere Sprache wünschen. Alles andere wird schnell unübersichtlich für Anfänger und wer wirklich mehr in die Tiefe gehen will kann sich ja im Form weiter einlesen bzw. die Literaturanfaben durchforsten.
 
Wenn Sie als möglicher Geschäftsführer oder Vorstandsvorsitzender vorgestellt werden, wird das Gespräch möglicherweise ebenfalls nicht den gewünschten Verlauf nehmen, wenn Sie eine SuSu-Bastelei am Körper tragen.
Wenn ich vor meinem geistigen Auge vergangene und gegenwärtige Vorstandsvorsitzende von DAX30-Konzernen Revue passieren lasse, wäre eine gut gelungene SuSu-Bastelei in vielen Fällen ein deutlicher Fortschritt. :)
 
Wir haben nun bei einer normalen Regent Qualität Stoff und Verbrauchsmaterialen von +-1000€ (? Genau hier kann nur jemand der bei Regent den Einkauf macht eine verbindliche Auskunft geben)
also ich weiß ja nicht. Ich zahle für Futter und Knöpfe vielleicht 100 EUR, wenn wir nicht von Seide reden, aber das macht Regent ja auch nicht. Bei 3,5m kann der Meter dann gut 250 EUR kosten. Da bekommt man schon sehr gute Stoffe. Oder eben auch für die Hälfte...
Auch Regent kauft sicher größere Mengen ein, sodass sie diese Preise nicht zahlen. Mich würde es sehr wundern, wenn der reine Materialwert eines normalen Regentanzuges über 500 EUR liegt.
Kaschmir o.ä. ausdrücklich ausgenommen.
 
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