Trinkgeld in Deutschland

Ich zahle eigentlich gerne Trinkgeld, wenn die Leistung stimmt. In Restaurants meist zwischen aufrunden und 10 % für guten Service, gar kein Trinkgeld wenn der Service schlecht war und nach Gusto wenn er besonders herausragend war.

Leuten auf der Straße gebe ich prinzipiell gar kein Geld, seit ich gesehen habe, wie mafiös das alles strukturiert ist. Ausnahme sind Straßenmusiker, die tatsächlich Straßenmusiker sind, und eben nicht von Bettlerkartellen mit einer schlecht gestimmten Geige oder einem verbeulten Saxophon ausgestattete Süd Ost Europäer.

Da gebe ich dann lieber der Reinigungskraft am Bahnhof, die anbietet meinen Kaffeebecher mitzunehmen, ein wenig Geld in die Hand, denn die arbeitet hart für einen eher schlechten Lohn.

Eine Frage hätte ich allerdings an eure Gepflogenheiten: wie haltet ihr es mit dem valet parking im Hotel? (Möglicherweise habe ich das hier schon einmal gefragt, in diesem Fall bitte ich die Wiederholung zu entschuldigen) Da fällt es mir, ebenso wie bei den jungen Herren, die das Gepäck tragen, schwer zu beurteilen, wie viel angemessen ist. In den USA habe ich immer nur zwei Dollar gesehen, das kommt mir allerdings relativ wenig vor. Täusche ich mich da? Ein bekannter sagte mal, fürs parken fünf Euro fürs vorfahren zehn Euro, das wiederum scheint mir relativ viel zu sein. (es sei denn, ich hohle gerade in der Präsidentensuite des Hotels)
 
Vorweg, ich gebe auch Trinkgeld. Wie viel hängt auch von der Laune ab, ab die der Kellner ja auch Beteiligt ist.

A-Bär ganz grundsätzlich finde ich es furchtbar wenn ich mit meinem Konsum direkt ans Leben des Kellners gekoppelt werde....eine Umsatzbeteiligung finde ich an der Stelle sinnvoller.

Da zahle ich lieber mehr für das Essen und der Chef zahlt das Gehalt seines Angestellten.

In der Gastronomie hat Trinkgeld ja Tradition. Aber Trinkgeld sollte ein netter Zuverdienst sein, nicht mehr nicht weniger.

Als Student darf ich allerdings nicht verdienen, wie ich will, bzw. habe nicht die Zeit. Da ist Trinkgeld eine gute Möglichkeit über die Grenze ein wenig Geld zu verdienen, sofern es nicht am Ende des Monats vom Chef kommt. Eine Umsatzbeteiligung wäre in dem Moment nicht sinnvoll, wenn mir eine Schicht geklaut werden würde, in der ich normalerweise Trinkgeld kriegen würde. Da Trinkgeld oft steuerfrei ist, ziehe ich dies dann vor.

Ich schreibe hier aber aus der Studentenbrille. Gastronomiejobs sind unter Studenten heiß begehrt, wodurch sich die potentiellen Arbeitgeber nicht um die Arbeitskräfte in Form von Bezahlung "überbieten" müssen. Den Satz "Du verdienst hier xy/std. aber kriegst hier ja auch noch Trinkgeld" habe ich schon oft gehört. Die rechtfertigen also quasi oft ihre Bezahlung mit dem Trinkgeld.

Ich sehe meine Arbeit als Kindergärtner für Erwachsene. Meine Gäste sollen eine gute Zeit haben. Und da betätige ich mich nebenbei schon mal als Therapeut, Clown, Berater, Zuhörer, Mittrinker oder einfacher Redepartner, was über die normalen Voraussetzungen eines Kellners hinausgeht. Ich halte es daher selbst so, dass ich 10% aufrunde. Also 2,60 --> 3,00. 2,80 --> 3,50 Das erwarte ich allerdings nicht von meinen Gästen.
Ich kann es mir als Student leisten, mir hin und wieder ein paar rahmengenähte Schuhe zu kaufen. Mir geht es also ganz gut. Dann habe ich die paar Euro auch für verschiedenste Dienstleistungen übrig.
 
@Teler
Ah ha. Jetzt soll ich den Studenten Schwarzgeld geben das sie sich schöne Schuhe leisten können :D
Das sind ja Zustände^^
;)
 
Also ich hab die Hinweise von AdC sehr erst genommen - nein nicht die bzgl. der Damen - sondern die fürs Trinkgeld und heute Mittag im Tantris in die Tat umgesetzt. Der Service ist dort wirklich immer exzellent.
 
1. Kultureller Grund:

Die Gabe von Trinkgeldern im deutschsprachigen Raum ist seit dem Mittelalter nachgewiesen und erfreut sich somit einer langen Tradition. Es ist ein über Generationen weitergegebenes Kulturobjekt, das dadurch zur tradierten Konvention wurde und deren Einhaltung von der Majorität der Bevölkerung vorausgesetzt wird. Die Einhaltung dieser allgemein üblichen Sitte ist zum einen ein Anerkenntnis dieser und zum anderen ein respektvoller Umgang mit den Gebräuchen eines Kulturraums.
Sagen wir's mal so, auch das Trinkgeld hat seine zwei Seiten, nämlich der Einkommensbedarf des Nehmenden und die Statusdemonstration des Gebenden. Letzteres ist so alt wie die Aristokratie, Noblesse oblige, die demonstrative Großzügigkeit als Ausdruck des Vornehmen gegenüber den niederen Ständen. Bei Geschäften mit Gleichrangigen war das nämlich interessanterweise kein Thema, da drückte sich die Großzügigkeit eher in gegenseitigen Einladungen aus.

Unser Trinkgeld ist, wie so vieles andere, was wir im Forum besprechen, eine bürgerliche Kopie davon, einerseits als Dank an den Bediensteten, wie ein Aristokrat behandelt worden zu sein, andererseits zum Zeigen der eigenen Solvenz, sich selbst, dem Empfänger und anderen Anwesenden gegenüber, quasi eine Art Kauf von sichtbarem Status.

Ich beuge mich dieser Tradition auch und gebe hier in Deutschland Trinkgelder um 5-10%. Aber ich mag sie nicht, wie jedes Relikt aus den alten Almosengesellschaften, die das Almosen als Steuerungsmittel und als Symbol benutzten, um den Empfängern ihren niederen Platz in der Gesellschaft vor Augen zu führen. Diese Bräuche waren eine ritualisierte Erniedrigung zur Zementierung von bestehenden sozialen Ungleichgewichten in den alten Feudalgesellschaften.

Ich empfinde Großzügigkeit - nicht nur pekuniäre - als eine Voraussetzung für eine funktionierende Gesellschaft. Mir erscheint dann aber die fiskale Großzügigkeit im Sinne von "klaglos seine Steuern zu zahlen" als der wesentlich passendere Weg als das Verteilen von Almosen, für die sich der Empfänger dann gefälligst bedanken soll. Auf's Trinkgeld bezogen sollten einfach die Gehälter entsprechend angepasst sein und nicht die Einrechnung von willkürlichen Geschenken hintergründig enthalten.
 
Interessante Aspekte -
almosentechnisch fällt mir da eigentlich noch "die linke Hand, die nicht wissen soll, was die rechte Hand tut" ein (Konfirmationsunterricht ist aber auch schon etwas länger her...:rolleyes:)

Edit:
"Trinkgeld" für Merkel ?
Jo nü, die hodden ja nüscht...:p
 
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