Trauerkleidung

Um ehrlich zu sein: wäre ich der Tote, wäre mir die Kleidung der Anwesenden ziemlich egal. Ich hätte dann ganz andere Sorgen :) Aber ich bin auch Agnostiker und halte nicht viel von der Kirche, von daher...

Was mir mal nicht gefiel, war Cary Grant / John Robie in To Catch A Thief,
da war er zum funeral in hellgrau oder war es weiß erschienen (alle anderen
sehr dunkel), warum das? Auch zu Feiern seiner 'Feinde' erscheint man doch
angemessen, wenn man kommt...
Als meine zweite Großmutter gestorben ist, war ich deutlich am besten angezogen. Der Rest der Familie kam mehr oder weniger unverändert, allerdings war meine Großmutter nicht besonders beliebt, gerade meine Mutter hat viele Jahre unter ihr gelitten. Somit war eine Respektsbezeugung (vor wem auch immer) auch nicht weiter notwendig, jedenfalls haben das wohl alle so gesehen.
 
Klar, niemand verlangt von Kindern schwarze Trauerkleidung. Aber ich habe den Verdacht, dass sich viele Erwachsene heute an den Kindern orientieren und nicht einmal einen "Sonntagsstaat" besitzen.

Die spezielle Sonntagskleidung war ja mehr verbreitet, als der Sonntag zum Kirchgang und zum gemeinsamen Familienschmaus genutzt wurde. Das wird ja immer weniger. Im übrigen gibt es diese hart arbeitende Bevölkerung, für die der Sonntag wirklich der Tag der Erholung und Muße war, kaum noch. Man fährt ja auch weniger "mit der Elektrischen" und drückt seine Nasen an den Schaufenstern platt, die die große weite Welt versprechen.
 
Einen richtig "einfarbigen" schwarzen Anzug (und jetzt komme mir bitte keiner mit "schwarz" ist doch gar keine Farbe) habe ich auch nicht und weiche deswegen ebenfalls auf einen anthrazitfarbenen bzw. dunklen Anzug mit Nadelsteifen bzw. Kreidestreifen aus. Dazu ein weißes Hemd, Manschettenknöpfen und eine nahezu schwarze Krawatte.
Also unterm Strich doch sehr konservativ, aber zum Glück bin ich nur recht selten Beerdigungsgast.
 
Ich muss außerdem anfügen, dass in meiner sehr großen Familie nicht alle genügend finanzielle Mittel besitzen, um sich einen schwarzen Anzug überhaupt leisten zu können. Ich kann von Menschen, die mit dem zur Verfügung stehenden Geld auskommen müssen, nicht verlangen, einen Anzug für Beerdigungen und Gala-Veranstaltungen, die nur alle paar Jahre mal vorkommen, im Schrank zu haben. Viele haben nur einen Anzug, der dann viele Jahre halten muss. Wenn sie diesen tragen ist das doch völlig in Ordnung.

Ansonsten: dunkler Anzug generell mit weißem Hemd und dunkler (wenns geht schwarz) Uni-Krawatte ist in Ordnung, finde ich. Schwarze Schuhe haben dann eh fast alle.
 
... Maßlos erschüttert war ich von der Kleidung der Trauergäste ...
100 % Zustimmung.
Wir leben heute in einer Zeit, wo Respekt anderen gegenüber als Wert nicht mehr vermittelt wird oder zählt. Für mich drückt der schwarze oder dunkle Anzug mit weißen Hemd, ordentlichen schwarzen Schuhen und schwarzer Krawatte eine besondere Wertschätzung aus. Der Anlaß wird dadurch zu etwas besonderem.

Erstaunlich ist, dass in guten Zeiten, wo sich Menschen immer mehr leisten können, an Tauerkleidung und Beerdigungen gespart wird. Ich vermute, dass das mit der wachsenden Gier, egoistische Bedürfnisse zu befriedigen zu müssen, zusammen hängt.

LG
Günter

p.s.: Ein schwarzer Anzug bei C&A z.B. kostet nur ein Bruchteil eines Satzes Alufelgen. Und diese überflüssige Extra hat ja heute eigentlich jeder.
 
Zuletzt bearbeitet:
... sollen wir den Thread nicht mit dem "overdresseden Weihnachtsessen" zusammenführen? Mich deucht, es treibt in dieselbe Richtung....
 
Die spezielle Sonntagskleidung war ja mehr verbreitet, als der Sonntag zum Kirchgang und zum gemeinsamen Familienschmaus genutzt wurde. Das wird ja immer weniger. Im übrigen gibt es diese hart arbeitende Bevölkerung, für die der Sonntag wirklich der Tag der Erholung und Muße war, kaum noch. Man fährt ja auch weniger "mit der Elektrischen" und drückt seine Nasen an den Schaufenstern platt, die die große weite Welt versprechen.

Ich stimme Dir insoweit zu, dass sich die verstorbene tatsächlich nicht an der Kleidung ihrer Trauergäste gestört hat...
Deiner Aussage, "es gäbe diese hart arbeitende Bevölkerung, für die der Sonntag wirklich der Tag der Erholung und Muße war, kaum noch", muß ich aber widersprechen. In einer Großstadt mag das zutreffen, in ländlicheren Bereichen nicht nur in Oberbayern ganz sicher nicht.
Gleiches gilt (wie ich es sehe) für unsere romanischen Nachbarn und große Teile der christianisierten übrigen Welt (USA, Süd + Mittelamerika, Australien, Philippinen usw.)
Es wird immer noch ein Unterschied zwischen Sonn- und Werktag gemacht und dieser Sonntagsstaat wird eben bei anderen Feiern und auch bei Begräbnissen getragen.
Wer keinen dunkelen (schwarzen, grauen, blauen, anthrazitfarbenen) Anzug hatte, trug eine schwarze Armbinde oder ein schwarzes Bändchen am Revers, immer aber eine schwarze Krawatte.
 
Der Ruf nach einem Unterforum "Benehmen/Mitmenschlichkeit/Knigge/Manieren/stilvolles Miteinander/Ethik/Moral/Philosophie etc." wurde ja schon des öfteren laut.

Auch wurde häufiger schon festgestellt, dass die Stil-Themen nur Vorwand sind, um zu Diskussionen in o.g. Bereichen finden zu können.

LG
Günter
 
Nichts gegen ordentliche Kleidung, aber ich sehe keinen Zusammenhang zwischen schwarzer Kleidung und Anteilnahme. Ich komme mit der ganzen Art des Trauerns eh nicht zurecht. Das ist mir alles viel zu steif und verklemmt in Deutschland. Ich finde es ehrlich gesagt furchtbar, wenn auf einer Beerdigung eine ganze Horde schwarzgekleideter Menschen rumläuft. Der Anlass ist ja schon traurig genug. Da muss doch nicht auch noch die Kleidungsfarbe depressiv stimmen.

Ich persönlich würde mich im Grabe umdrehen, wenn da alle in schwarz stünden. Geht gar nicht:eek: Ein ganz n0rmales Outfit würde ich besser finden. Das kann ruhig auch eine Jeans mit einem schönen Pullover sein. Und warum auch nicht:confused:
 
Trotz aller Affinität zu Traditionen und konservativer Kleidung habe ich zu Trauerkleidung ein etwas ambivalentes Verhältnis. Ein Großteil meiner Familie wohnt auf dem Land und dort ist es eine Selbstverständlichkeit, dass zu Beerdigungen schwarz getragen wird. Durch die Kirche wabert dann immer der Duft von Mottenkugeln und Minzpastillen, die Jagdhornbläser und der Konfirmand an der Orgel bieten den passenden Soundtrack. So weit, so gut - aber ungeschriebene gesellschaftliche Gesetze verlangen dann zudem auch, dass die Hinterbliebenen Trauer tragen und für einen je nach Verwandschaftsgrad festgelegten Zeitraum in schwarz gehen, das kann bis zu einem Jahr gehen. Nicht jeder zieht es in den heutigen Zeiten noch durch - aber ich habe in meiner Kindheit Menschen erlebt, die aus einer größeren Familie stammen und ab einem gewissen Alter quasi nur noch in schwarz rumliefen, weil Eltern, Onkel, Tanten, Ehepartner, Geschwister, Schwager etc. in gewisser Regelmäßigkeit dahinblichen.

Das kann`s doch auch nicht sein. Ich verlange das von niemanden ab, wenn es mich mal dahinrafft. Nur wenn einer in Ed Hardy käme, würde ich hörbar im Sarg rotieren.
 
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