Stiehlvolles und stilloses Verhalten - Sammelthread

Leider ja. Ich persönlich ziehe eine Grenze zwischen humorvollen, schrägen Bemerkungen (können bei mir sehr schräg sein) und einfach nur Herumpöbelei, respektive Teilnahmslosigkeit und Egotrip. Gerade letztere, die pseudodynamischen Businessmäään, entpuppen sich häufig als gnadenlose Schleimer bei Vorgesetzten oder Kunden und gleichzeitig Rüpel gegenüber Untergebenen, Servicekräften oder sonstigen Mitmenschen. Schlichtweg dubiose Karaktere.

Nicht nur privat halte ich größtmöglichen Abstand. Auch beruflich. Gibt eh nur Ärger, Stress und politische Spielchen, für die mir meine (Lebens)Zeit zu schade ist. Viel angenehmer und sogar langfristig ökonomischer sind kooperative Menschen.

Interessant ist übrigens, was Rüpel unter dem Strich kosten. Nicht nur Reputation oder Ansehen. Alleine schon die Gewinnung von Mitarbeitern ist exorbitant teuer, wenn man bei kununu oder meinchef negative Firmenbewertungen hat. Diese Kosten ziehen sich wie ein roter Faden durchs Unternehmen, viel häufigere Neubesetzungen, Kündigungen, Einarbeitungszeiten........ und viele richtig gute Leute bewerben sich erst gar nicht in "rüpelverseuchten" Gefilden.
 
Jein. Zurzeit wird viel übertriebenes Machogehabe mit "erfolgreich" gleichgesetzt. Auch wurde man früher wahrscheinlich eher schief angeguckt, wenn man einer älteren Dame eben nicht geholfen hat. Der Standard ist schon gesunken, die Gleichgültigkeit gestiegen.

Andererseits gibts noch genug, die die Fahne hoch halten.
 
Ich postuliere mal auch eine Branchenabhängigkeit. Auch wenn in der IT nach meiner Erfahrung "gutes Benehmen" eher sporadisch ist, wirklich "schlechtes Benehmen" ist es noch mehr. Ich erlebe da eine gewisse Form von Abwesenheit von Benehmen, es gibt einen Konsens auf sachliche, effiziente Interaktion ohne die sonst üblichen sozialen Schmiermittel. Sind halt tendenziell Soziopathen, oder zumindest soziale Analphabeten. :D

Denn wir sind alle total rational und sachlich, rein auf der Sachebene unterwegs. Persönliche Aspekte spielen absolut gar keine Rolle! :cool:
Natürlich geht das dann immer wieder ordentlich schief... :eek:
 
War das wirklich mal besser?
Nein. Wie im Artikel zu Recht gesagt wird, resultieren gute Manieren aus einer bestimmten inneren Haltung. Möglicherweise war der soziale Konsens in früheren konservativ-spießigen Zeiten Deutschlands mehr auf Einhaltung von stupide eindressierten Benehmensfragmenten geeicht, die oberflächlich so aussehen sollten, als hätte man gute Manieren. Aber die innere Haltung, die erst die bewusste Entscheidung für ein höfliches, respektvolles Verhalten ohne den äußeren Druck sozialer Normen hervorruft, ist ein konstanter Faktor in der menschlichen Entwicklung, vermutlich unverändert unterirdisch seit der Steinzeit.
 
Konventionen nützen wenig, wenn nichts dahintersteckt. Was nützt ein Handschlag von jemand, der betrügen oder ausbeuten möchte? Was nützt ein Gruß von jemand, der übel mit Leuten umgeht?

Beides kann man sich sparen. Das ist auch kein "Schmierstoff" für Benehmen oder Konversation. So etwas ist überflüssig. Show. Leer.

Unter normalen Umständen, logisch, freundliche Begrüßung. Der Artikel oben ging explizit über Rüpel und Charakterdefizite. Ich finde, dort kann man sich oft den eventuellen Lernprozess "aha, geht auch höflich und nett" abschminken. Theoretisch könnte man ja seinen eigenen Maßstab als Stil oder gehobene Konvention beibehalten. Lohnt idR bei obig beschriebenen Gestalten nicht. Macht nur mehr Arbeit, die man besser mit netten oder mindestens neutralen Leuten investiert.

Ich darf meine heute eingangs erwähnte, betriebliche Komponente noch einmal aufgreifen. Im Buch "Der Arschloch-Faktor" von Sutton werden nicht nur unternehmerische Betrachtungen aufgegriffen. Auch die Auswirkungen auf andere Menschen. Reines Gift. Ergo kann auch eine Ausgrenzung von Rüpeln sehr sinnvoll sein. Man muss nicht jeden grüßen oder würdet Ihr so etwas wie mhhh, Kim Yong, Berlusconi, Middelhoff und dergleichen freiwillig die Hand geben?
 
Nein. Wie im Artikel zu Recht gesagt wird, resultieren gute Manieren aus einer bestimmten inneren Haltung. Möglicherweise war der soziale Konsens in früheren konservativ-spießigen Zeiten Deutschlands mehr auf Einhaltung von stupide eindressierten Benehmensfragmenten geeicht, die oberflächlich so aussehen sollten, als hätte man gute Manieren. Aber die innere Haltung, die erst die bewusste Entscheidung für ein höfliches, respektvolles Verhalten ohne den äußeren Druck sozialer Normen hervorruft, ist ein konstanter Faktor in der menschlichen Entwicklung, vermutlich unverändert unterirdisch seit der Steinzeit.

So auch meine Vermutung. Sicher gab es früher mehr Verhalten, das nach Respekt aussah (und wohl oft einfach Angst war), aber: vor wem. Dem Lehrer und dem Pfarrer, sicher; sicher aber nicht vor "Ausländern", Homosexuellen, etc.
 
Nein. Wie im Artikel zu Recht gesagt wird, resultieren gute Manieren aus einer bestimmten inneren Haltung.

Ich glaube, das ist eine romantische Verklärung des Umgangs von Menschen in der Gesellschaft miteinander. Neben den paar Hundert Menschen, die ich kenne und schätze, gibt es auch viele Hunderttausend, die ich nicht kenne und auch nicht einschätzen kann. Einige sind sicher superklassetoll und andere ganz bestimmt widerwärtige Stinkstiefel.

"Umgangsformen" geben mir eine neutrale, wertbefreite und akzeptierte Art, mit diesen Menschen umzugehen, ohne ihnen auf die Füße zu treten und ohne ständig auf die Füße getreten zu werden. Sie sind ein Code, der das Leben in Gesellschaft in Summe für alle Beteiligten angenehm und erträglich macht, zumal ja auch viele medizinische Themen den Einzug in die Umgangsformen gefunden haben, von denen wir einige heute mangels der Lebensbedrohung durch Krankheiten gar nicht mehr nachvollziehen können (Essen nicht mit den Fingern anfassen, beim Niesen die Hand vor den Mund halten, nach dem Toilettengang die Hände waschen...).

Normalerweise wurden diese Umgangsformen mit hohem sozialen Druck an nachfolgende Generationen weitergegeben, da man es sich in einer Gesellschaft einfach nicht leisten kann, jahrelang auf die selbstbestimmte Entscheidung des Menschen für anständiges Benehmen zu warten. Diese Weitergabe ist nicht per se zu verteufeln. Auch Tugenden wie Tapferkeit, Mut, Anstand, Fairness, Ehrlichkeit etc. müssen mit Druck weitergegeben werden, da sich sonst zu viele Menschen aus Eigennutz gegen sie entscheiden.

Möglicherweise war der soziale Konsens in früheren konservativ-spießigen Zeiten Deutschlands mehr auf Einhaltung von stupide eindressierten Benehmensfragmenten geeicht, die oberflächlich so aussehen sollten, als hätte man gute Manieren.

Möglicherweise, ja. Ich glaube aber, dass man unseren Vorfahren damit Unrecht tut. Aus der Perspektive der Spätgeborenen heraus ist es doch gar nicht möglich, im Nachhinein die wahre Gesinnung der Menschen zu beurteilen, die uns ja immerhin eine offene, sichere, wohlhabende und freie Welt hinterlassen haben. So schlecht können sie nicht gewesen sein, die Altvorderen. Natürlich kann man einzelne Aspekte herausgreifen und diese aus heutigem Kontext heraus verteufeln. Genauso wird man Aspekte der heute vorherrschenden Meinung herausgreifen und im Nachhinein verteufeln (Pazifismus? Den Widerstand gegen Stromtrassen? Entwicklungshilfe? Selfies auf Facebook? Das Stilmagazin? Die freiwillige Offenlegung von Daten gegenüber Großkonzernen wie Google, Apple etc.? Drohnen?). Man kann Manieren nicht ohne den Kontext beurteilen.

Aber die innere Haltung, die erst die bewusste Entscheidung für ein höfliches, respektvolles Verhalten ohne den äußeren Druck sozialer Normen hervorruft, ist ein konstanter Faktor in der menschlichen Entwicklung, vermutlich unverändert unterirdisch seit der Steinzeit.

"Die Gedanken sind frei" sagte ein Lied aus der Revolution. So sollten wir es halten. Mir ist es ehrlich gesagt schnuppe, ob ein Fremder mich mag, solange er durch seinen Umgang eine angemessene Distanz zu mir hält. Zu diesem Umgang kann er meinetwegen auch durch sozialen Druck gekommen sein. Respekt vor der Polizei habe ich auch nicht, weil ich die Polizisten persönlich kenne und mag.

Ich halte eine eigene Entscheidung für oder gegen einen gewissen Umgang sowieso nicht für 100%ig trennbar von Erziehung und sozialen Normen.
 
So auch meine Vermutung. Sicher gab es früher mehr Verhalten, das nach Respekt aussah (und wohl oft einfach Angst war), aber: vor wem. Dem Lehrer und dem Pfarrer, sicher; sicher aber nicht vor "Ausländern", Homosexuellen, etc.

Das sind zwei unterschiedliche Arten, Respekt zu zeigen. Einmal der besondere Respekt einem Amtsträger gegenüber und im anderen Fall der allgemeine Respekt einem anderen Menschen gegenüber, der sich in gute Manieren ausdrückt. Auch früher hat man ausländischen Frauen mit Kopftuch, die sich kaum auf Deutsch verständigen konnten, geholfen, mit dem Kinderwagen in die Straßenbahn einzusteigen.
 
Oben