Preis für eine Bespoke Hose

@Sandro
Vielen Dank für die Blumen :)! Und ja, darauf kann man sich absolut einigen.

Der Begriff sartorial oder der Ort Sartoria beschreibt nicht den Begriff "Vollmaß". "Sartoria" ist eine Schneiderei. Das kann alles mögliche sein.

Hallo, Herr Goerner,
die Wortbedeutung von Sartoria ist mir schon klar. Für mich ist eine Sartoria, also eine Schneiderei, ein Betrieb, der seine Produkte nicht vorrangig mit industriellen Methoden herstellt. Die Anwendung dieser Methoden ist für mich gleichzusetzen mit Konfektion. Und um diese Abgrenzung ging es mir zu allererst.

Diese Unterscheidung sagt noch gar nichts darüber aus, ob ein Anzug am Ende passt oder nicht. Aber dass es schlecht sitzende oder gemachte bespoke Anzüge gibt und gute Konfektion ist doch klar. Genauso wie es gute und schlechte Anstreicher gibt, gibt es natürlich auch bei den Schneidern solche, die schlechte Arbeit abliefern.

Ich habe ja beschrieben, dass ich selbst schlechte aber auch gute Erfahrungen mit Maßkonfektion gemacht habe. Und wenn Scabal einen handgemachten (die Diskussion, die man darüber führen kann, vertagen wir ;) ) Anzug anbietet, der kein Konfektionsanzug mehr ist, dann müssen sie diesen ja auch nicht mit Maßkonfektion titulieren. Ich weiß, dass sie das so nicht geschrieben haben, aber das ist meiner Meinung der Eindruck, der geweckt werden soll.

Eindeutige Bekenntnisse zu den Stärken der Konfektion sind mir lieber als mit beschönigenden Umschreibungen wie "sartoriale Maßkonfektion" für Verwirrung zu sorgen. Sonst heißt das Polyesterhemd bald naturidentisches Wohlfühl-Shirt.

Beste Grüße
p
 
Vielleicht ergibt sich für jemanden ja mal die Möglichkeit dass er sich im Handel eine Maßkonfektionshose sowie eine Vollmaßhose machen lässt und dabei sicherstellt dass die ausführenden Kräfte (Schneider) und die Materialien auf gleichen Niveau liegen.

Es gibt durchaus Saville Row-Stores, die im selben Laden parallel sowohl MTM als auch bespoke anbieten. Der Unterschied ist einfach: MTM basiert auf einem Schnitt, in den die wichtigsten Körpermaße eingearbeitet sind (etwa Rückenlänge, Beinlänge, Bauchweite, Brustweite), der aber ansonsten symmetrisch ist und von einer "Normfigur" ausgeht. Bespoke beinhaltet schon vom Schnitt weg viel mehr Körpermaße und was noch wichtiger ist: Da beinahe jeder Mensch Unregelmäßigkeiten im Körperbau aufweist (zB eine
stärkere und eine schwächere Hälfte, ungleiche Schultern, unterschiedlich dicke Arme und Beine, Torsionen und noch so vieles mehr) und daneben für unterschiedliche Haltungen (gerade, nach hinten geneigt, nach vorne geneigt et cetera) unterschiedliche Schnittaufstellungen verwendet werden müssen, ist bespoke in jeder Hinsicht viel genauer, bietet Weite da, wo man sie braucht und formt den Körper bedeutend besser aus. Bei bespoke werden auch zb Unterschiede durch etwa ungleiche Schulterpolster optisch ausgeglichen und verschiedene Körperhälften durch optisch gleich erscheinende, schnittechnisch aber unterschiedliche (meist Seiten-)Teile ausgeglichen.

Also: Kein Mensch ist so symmetrisch wie sein MTM Anzug. Nur, dass das im Zeitalter der Konfektion ohnehin fast niemandem mehr auffällt, ob der Anzug sitzt oder nicht :D
Und wie uns die Briten mal wieder beweisen: sartoria (=Schneiderei, und zwar JEDE) bedeutet nicht gleich Maßanzug. Leider.
 
Da ja meine eigentliche Frage hier anscheinend nicht mehr aufgegriffen wird frage ich Sie Herr Goerner doch einfach mal direkt: Ist es bei ihnen möglich sich eine Hose in Maßkonfektion fertigen zu lassen und dabei seinen eigenen Stoff mitzubringen? Vielen Dank ;)
 
Ich habe sehr viel ältere Kundschaft die viel Erfahrungen mit Bespoke haben und zur Konfektion wechseln weil ... ihr Schneider die Wünsche nicht umsetzen kann UND will! (Stichwort leichte Tücher).
Die Schneider, von denen Du hier sprichst, sollte man vielleicht grundsätzlich eher meiden, beziehungsweise genau überlegen, was man dort bestellt. Das ist dann weniger ein Problem des Maßanzugs, sondern der Kompetenz des Handwerkers.

Die Zusammenarbeit zwischen einem modernen Verkäufer und einen erfahrenen Schneider halte ich persönlich für Gold wert!
Sehe ich auch so. Oft reicht es aber schon, jemanden zum Schneider mitzubringen, der selbst schon Erfahrung mit der Materie hat. Die Chemie zwischen Schneider und Kunde, da stimme ich Dir vollkommen zu, wird leider oft unterbewertet. meiner Meinung nach trägt sie zum Ergebnis aber mindestens so viel bei, wie die Paßform.

Da aber gerade schon wieder der Versuch gemacht wird, so zu tun, als gäbe es bei Scabal jetzt Maßarbeit: Nein. Das ist einfach falsch, und wenn hier behauptet wird, Scabal No. 12 sei "komplett handgemacht" (Was sagt das über die Fertigungsklasse aus?) und in jeder Hinsicht wie ein Maßanzug, dann ist das schlicht gelogen. Mir fallen auf Anhieb eine Handvoll Faktoren ein, die ein so großer, so industrieorientierter Betrieb niemals so lösen könnte, wollte (Achtung, Shop) und würde wie ein traditioneller Maßschneider. Daß Maßkonfektion viele Paßformprobleme lösen kann, ist kein Geheimnis. Daß Sie es mit ganz andern Mitteln tut wie ein vergleichbarer Maßschneider, sollte aber auch keines sein. Ich verstehe, daß Herr Görner aus gewissem geschäftlichem Eigeninteresse die Produkte von Scabal in möglichst gutem Licht dastehen lassen möchte, was auch legitim ist. So zu tun, als wäre No. 12 ein Maßanzug ist aber nicht in Ordnung. Egal wie "hochwertig" und "handgemacht" die Ausführung auch sein mag, es bleibt Maßkonfektion mit allen Ihren Vor- und Nachteilen gegenüber echter Maßschneiderei. Wir müssen das (so personen- und markenorientiert) nicht weiter vertiefen, denke ich. Mir wäre nur lieb, wenn einige wenige in diesem Thread weniger auf die Marketingtube drücken würden.
 
Wie schon mal erwähnt, ich selbst habe mit Maßschneider (leider) wenig bis keine Erfahrungen und kann nur das wiedergeben was ich sehr oft höre.... und da ist die Aussage *mein Schneider hält nichts von diesen leichten Tüchern, und verarbeitet diese nicht* Gang und Gebe...

Deine Beobachtungen kann ich im Wesentlichen auch teilen, vor allem die, daß viele Maßschneider von den neuen superleichten Tuchen nichts halten (meiner Meinung nach sehr oft zu recht). Daß sie auf Kundenwunsch diese nicht verarbeiten, habe ich selbst zwar noch nicht erlebt, kann es mir aber durchaus vorstellen. Gut fände ich, wenn der Schneider darauf hinweist, daß ein Anzug aus 180gr. S180s bei gleicher Belastung nicht so lange hält wie ein vergleichbarer 100er des doppelten Gewichts, daß er eine Dressur mitunter schlechter annimmt, Bügelfalten häufig erneuert werden müssen und Änderungen oft entweder sichtbar sind oder den Stoff stark belasten. Daß er ihn dann dennoch verarbeitet, sofern der Kunde das wünscht, sollte Ehrensache und Ansporn gleichermaßen sein. Diese neuen Stoffe sind aber auch erst entstanden, seit der Markt für Maßkonfektion und Luxuskonfektion so stark ist, wie er nunmal derzeit ist. Naturgegebenermaßen kommt die Industrie, für die die Stoffe entwickelt wurden, damit am besten klar. Zwar ist es eine Mär, daß Schneider generell keine leichten Tuche verarbeiten können oder wollen, in der Tendenz lässt sich dieser Eindruck aber sicher nicht leugnen.
 
Tolle Diskussion :)

- Thema Hose: Designerhosen im Grosswarenhaus kosten schon zwischen 200-300 €

- empfinde die Grenze zwischen MTM und massgeschneidert als fliessend wenn's ums "Hand"werk geht. Stichwort: Nähmaschine. In den besten MTM-Anzügen steckt mehr Handarbeit als was sich mein Schneider mit der Nähmaschine leistet.

- Viele Schneidermeister gehen doch auch von einem Basismodell aus, das sie den anatomischen Eigenartigkeiten des Kunden anpassen, statt dass sie ganz bei Null anfangen. Das fast nur noch die Franzosen wie Smalto nahezu alles mit der Hand nähen, zeigt der Zerlegungsblog tuttofattoamano. Die Franzosen unterscheiden nicht umsonst zwischen petite und grande mesure.

Was aber in quasi allen Fällen bei dem Thema zu kurz kommt ist ein bestimmter Faktor: Der Faktor Mensch!

Wie wahr. Mein Schneider hat einen bestimmten Stil, und will nicht gerne davon abweichen. Vielleicht weil sein Schnitt nun einmal so ist? z.B. gibt's bei ihm viel Stoff am Oberärmel. Einer, der versuchte, ihn andere Ärmel nähen zu lassen, hat dies im Nachhinein bereut. Trotzdem, ist es gerade die Relation zum Schneider, die den ganzen Reiz ausmacht. Er führt einem eine Symphonie vor, die bei jeder Vorführung in der Regel etwas besser wird.

Mein Schneider entdeckte immer mehr anatomische Auffälligkeiten: niedrige Schultern, die rechte Schulter hängt ein bisschen, ich stecke ganz ohne es zu merken den Bauch (den ich nicht habe) raus, wodurch ein hohler Rücken entsteht usw. Das alles war mir nicht bekannt :eek:

Was bringt mir der erfahrene Schneidermeister wenn er mir kein Loro Piana 150gr/mt Tuch verarbeiten will oder kann….:rolleyes:

Dicker, fester Stoff fällt schöner. Ein Schneider sagte mir, es ergebe wenig Sinn mit solchen Papierstoffen zu arbeiten, diese seien für Maschinen entworfen.

Liege ich falsch in der Annahme, dass die hauchdünnen, glänzenden Stoffe mit dazu beigetragen haben, dass der Anzug zu einer Art Uniform für lediglich bestimmte Berufsgruppen reduziert wurde :confused:
 
Einen Großteil der von hier aufgeführten Merkmale von bespoke-Anzügen kann die anspruchsvolle Maßkonfektion problemlos umsetzen (Haltungsschäden, ungleiche Schultern, ungleiche Schulterpolster usw usf).
Irgendwie glaube ich nicht, dass wir von dem selben sprechen. Mein Modell zB hat einen sehr stark ausgesprägte linke Seite, mit 2cm Unterschied zur Rechten und das äußtert sich in einer sehr starken linken Schulter, die sich so weit aus dem Rücken wölbt, dass die Hintere Mitte der Jacke sich nach links verzieht. dürfte eine Torsion sein, denn rechts geht dafür die Taille schlanker rein als links. Die ganze Jacke die wir grade machen wird deswegen auf einer Seite schmaler, auf einer weiter und der linke Rücken verlangt eine eigene Dressur der Jacke und ungleich Schulterpolster, damit die gerade hängen kann. Sowas macht MTM???

Vielleicht macht es aus informativen Gründen mal Sinn, diese Thematik zu vertiefen. Wenn Interesse daran besteht.: Von Scabal gibt es ein sehr interessantes "Knowledge Book", welches Fachhändlern zur Verfügung gestellt wurde und im Handel nicht erhältlich ist.
Dieses erklärt das MTM-Programm von Scabal und die möglichen Optionen sehr gut.
Wenn hier im Forum an soetwas Interesse besteht, können wir das gerne mal thematisieren.

Also von meiner Seite her auf jeden Fall!!!!! (--> Was mache ich dann den ganzen Tag, wenn MTM schon so auf den Körper schaut??)
 
Hmm, das wird schwierig :)
Mein Modell und ich sind beide Damen, wir tragen keine Sakkos. Aber ich mache folgenden Vorschlag: Wenn die Jacke von meinem Modell fertig ist, dann kann ich sie fotografieren. Nur, dass man dann eigentlich die ausgeprägten Stellen nicht so sehen dürfte, weil sie ja eine Maßjacke bekommt.

Ich meinte eigentlich mit meiner Interessensbekundung das Händler MTM- Heftchen von Scabal. Haben Sie das?
 
hi,

ich nehme mal an das meiissi von einem blazer spricht.

orthografische feinheiten ;) sollte sie allerdings noch etwas ganz anderes meinen ... dann habe ich nichts gesagt ;)
 
Ja, so ist das zu verstehen. Wir tragen Blazer und Jacken, RTW, MTM und maßgeschneidert. Aber Sakkos tragen wir nie ;)
 
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