Meine Garderobe

Ich denke, ich bin schon minimalistisch.Jegliche Kleidung, die ich habe, trage ich regelmäßig. Sachen, die ich ein Jahr nicht getragen habe, wandern in die Kleiderspende oder ich verschenke sie.
Nach 10 Jahren kommt das aber kaum noch vor. Im letzten Jahr habe ich, inklusive Schneider, Reinigung und Zubehör ( Schuhcreme, Bügel usw. ) 1000 Euro für Kleidung ausgegeben, dieses Jahr wird es noch weniger werden.
Sicher kann man auch mit 5 T-Shirts und 2 Hosen leben, aber Kleidung ist für mich sowohl Kultur als auch Lebensqualität.
Bei mir steht auch nichts rum, Geschirr wird benutzt, Filme sind digitalisiert. Es ist, wie bei allem im Leben, eine Frage der persönlichen Wertigkeiten und Prioritäten. Eines ist jedoch richtig, ich überlege mittlerweile jedesmal intensiv, bevor ich mir etwas kaufe, ob ich es brauche. Die Antwort ist in 90% der Fälle: Nein, brauche ich nicht.
Hinterher stelle ich fest, das die Vorfreude 99% des Reizes beim Kauf ausmachen, sobald man es hat, ist es entweder überholt ( siehe Handys ) oder uninteressant.
 
Der älteste Hut der Welt: Nichtbesitz wird von Nichtbesitzenden zur Tugend erhoben. Ein Löffel reicht, Topf braucht man nicht, weil die Dosenravioli ja schon ihren eigenen Topf mitbringen, den man danach auch noch einfach entsorgen kann, was für ein positiv simplifiziertes Leben. :)

Bewusster Besitz bringt den Luxus der spontanen, anstrengungsfreien Auswahlmöglichkeit zur persönlichen Alltagsfreude. Brachliegender Besitz ist unnütz und kann im Überfluss belasten, aber selbst seltene bewusst entschiedene und genossene Nutzung macht einen Gegenstand ausreichend sinnvoll. Und wer sich tatsächlich jeden Tag bewusst machen will, wo die maximale Einschränkung liegt, bei der man gerade eben noch die bloße Existenz unter Auslassung jeder Dekoration fortführen kann, hat vor allem eines: viel Zeit bei wenig Phantasie. ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Pepe: Die Idee mit dem Rundständer ist gar nicht schlecht, wenn man wenig Platz zur Verfügung hat. Aber kauf dir mal vernünftige Bügel, die Schultern sind bei den meisten zu Sehenden viel zu schmal.

Das mit den Bügeln stimmt. Als ich mir den Rundständer geholt habe, hatte ich große Hoffnung, Platz für neues zu schaffen. Dazu hatte ich extra die Stangenlänge (2 Pi r) ausgerechnet und das Ergebnis hätte richtig Platz bedeutet.
DENKFEHLER: Durch die Rundung stoßen die Bügel innen aneinander so das effektiv viel weniger Länge zur Verfügung steht.
Ergebnis: Das Ding war sofort voll ind mit Formbügeln ist der Platzbedarf so hoch, das ich direkt noch einen Drehständer gebraucht hätte.
 
An meinem Ursprungsbeitrag kann ich jedenfalls nicht erkennen, dass ich mich damit über meine Mitmenschen erhoben hätte. Ich habe nur ausgedrückt, dass überraschenderweise die missionierenden Minimalisten (wie auch im zitierten Beitrag) selten gleichzeitig Einkommens- und Vermögensmaximalisten sind, was irgendwie überzeugender rüberkäme. :) Dass man aus materiellen Dingen keinen ausschließlichen Lebensinhalt machen sollte, ist sicher richtig, hat damit aber gar nichts zu tun.


Ein ganz interessantes Interview mit Rem Koolhaas im weitesten Sinne zu diesem Thema. (Der ist eher Maximalist).
 
Manchmal kann man auch gar nichts sagen, dann ist es egal, wie man es sagen würde - zumal das Eine meist so nebensächlich ist wie das Andere.
 
Der älteste Hut der Welt: Nichtbesitz wird von Nichtbesitzenden zur Tugend erhoben. Ein Löffel reicht, Topf braucht man nicht, weil die Dosenravioli ja schon ihren eigenen Topf mitbringen, den man danach auch noch einfach entsorgen kann, was für ein positiv simplifiziertes Leben. :)

Mal abgesehen von der hierauf folgenden "Auseinandersetzung" und dem, glaube ich, unzweifelhaften zweiten Absatz (das würde ja auch – bis auf die Schlusspolemik – kein 'Minimalist' bestreiten): Ist das so? Bzw. könntest du hierfür vielleicht ein Beispiel anführen? Sicher gibt es Strategien, mit Mangel umzugehen (i.S.v. "Naja, immerhin haben wir ein Dach über dem Kopf"), aber die Apotheose des Mangels ist m.E. ein Phänomen, das sogar ausschließlich – auch historisch – von Besitzenden betrieben wurde.
 
Mal abgesehen von der hierauf folgenden "Auseinandersetzung" und dem, glaube ich, unzweifelhaften zweiten Absatz (das würde ja auch – bis auf die Schlusspolemik – kein 'Minimalist' bestreiten): Ist das so? Bzw. könntest du hierfür vielleicht ein Beispiel anführen? Sicher gibt es Strategien, mit Mangel umzugehen (i.S.v. "Naja, immerhin haben wir ein Dach über dem Kopf"), aber die Apotheose des Mangels ist m.E. ein Phänomen, das sogar ausschließlich – auch historisch – von Besitzenden betrieben wurde.
Mein Ausgangspunkt war ja ein zitierter Artikel, in dem ein Abendschüler beschrieben wurde, der mit ganz wenig zurecht kommen möchte und das als lebens- und weltverbessernden Plan sieht. Das habe ich damit ins Absurde ziehen wollen.

Die Verherrlichung des Mangels war historisch vor allem ein religiöses Thema, nicht zuletzt in der Anwendung mit dem Ziel der Beschwichtigung von großen Bevölkerungsgruppen, die in Armut lebten, durch die besitzenden Stände. Auch wenn dieser religiöse Ursprung der angeblichen moralischen Überlegenheit von Askese und Verzicht sicher auch hier immer noch bedeutsam ist, ist es für mich heute - und darauf bezog ich mich - eher ein Wiederaufflackern des bekannten studentischen 70er-Jahre-Gegenentwurfs zur bürgerlichen Gesellschaft der Eltern in einem introvertierteren, mehr auf die individuelle Entfaltung des Einzelnen bezogenen Gewand. Man redet sich ein absurdes Gedankenmodell der gewollten Armut schön, weil man an der Gegenwelt des "Establishments" nicht wirklich teilnehmen kann. Natürlich ist das auch immer ein klassisches Thema salonkommunistischer Sinnsuche von Intellektuellen gewesen und als solches auch periodisch unter solchen immer wieder mal populär.

Mich ärgert das - als überzeugtem Sozialdemokraten - maßlos, weil es erstens wirkliche Armut verharmlost und zweitens den Menschen - gerade auch den "Nicht-Reichen" - mittels bigotter, sinnloser Schuldeinflößung die Freiheit nehmen soll, sich für Dinge zu begeistern, die ihnen Spaß machen und deren Machart und Komplexität, manchmal sogar idealerweise gespeicherte menschliche Leidenschaft für's Detail, ihr Leben bereichern und ihren Horizont erweitern. Konsum ist der Ge- und Verbrauch von Waren, das ist erst mal ein völlig neutraler Begriff, der mit neurotischen Phänomenen wie Sucht- und Statuskäufen nichts zu tun hat, aber trotzdem permanent damit überladen wird.
 
Mein Ausgangspunkt war ja ein zitierter Artikel, in dem ein Abendschüler beschrieben wurde, der mit ganz wenig zurecht kommen möchte und das als lebens- und weltverbessernden Plan sieht. Das habe ich damit ins Absurde ziehen wollen.

Die Verherrlichung des Mangels war historisch vor allem ein religiöses Thema, nicht zuletzt in der Anwendung mit dem Ziel der Beschwichtigung von großen Bevölkerungsgruppen, die in Armut lebten, durch die besitzenden Stände. Auch wenn dieser religiöse Ursprung der angeblichen moralischen Überlegenheit von Askese und Verzicht sicher auch hier immer noch bedeutsam ist, ist es für mich heute - und darauf bezog ich mich - eher ein Wiederaufflackern des bekannten studentischen 70er-Jahre-Gegenentwurfs zur bürgerlichen Gesellschaft der Eltern in einem introvertierteren, mehr auf die individuelle Entfaltung des Einzelnen bezogenen Gewand. Man redet sich ein absurdes Gedankenmodell der gewollten Armut schön, weil man an der Gegenwelt des "Establishments" nicht wirklich teilnehmen kann. Natürlich ist das auch immer ein klassisches Thema salonkommunistischer Sinnsuche von Intellektuellen gewesen und als solches auch periodisch unter solchen immer wieder mal populär.

Mich ärgert das - als überzeugtem Sozialdemokraten - maßlos, weil es erstens wirkliche Armut verharmlost und zweitens den Menschen - gerade auch den "Nicht-Reichen" - mittels bigotter, sinnloser Schuldeinflößung die Freiheit nehmen soll, sich für Dinge zu begeistern, die ihnen Spaß machen und deren Machart und Komplexität, manchmal sogar idealerweise gespeicherte menschliche Leidenschaft für's Detail, ihr Leben bereichern und ihren Horizont erweitern. Konsum ist der Ge- und Verbrauch von Waren, das ist erst mal ein völlig neutraler Begriff, der mit neurotischen Phänomenen wie Sucht- und Statuskäufen nichts zu tun hat, aber trotzdem permanent damit überladen wird.

Danke dir für die Antwort. Verstehe es jetzt besser, auch wenn ich nicht voll mitgehe, da ich zweierlei anders sehe: Zum einen würde ich den Minimalismus-Impetus nicht als "Armut" bezeichnen, auch nicht als simulierte. Viel eher scheint es mir eine (wie du zurecht sagst, religiös eingefärbte) Kombination zu sein aus der 'Kuration' von Besitzstand (der hier ja auch betrieben wird, sinngemäß: Zahnputzbecher, auf den Osterinseln aus einem Block Lavagestein geschlagen) und einem Motiv der Selbstoptimierung.
Nur scheint mir diese, und das ist das andere, auch in der historischen Rückverlängerung in die "Sei einfach du selbst!"-Rhetorik der ausgehenden siebziger Jahre, nicht irgendwie anti-bürgerlich, sondern die volle Ladung neoliberaler Superaffirmation. Jeder Salonkommunist worth his salt wird dir (oder: sollte dir) bestätigen, dass Konsumverzicht höchstens eine lokalistische Selbstbeweihräucherung darstellt und kein kritisches Potential hat.

Deine Skepsis teile ich also voll und ganz, nicht aber die Herleitung.
 
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