Internationale Top-Unis wirklich besser als Deutsche?

Banker

Well-Known Member
Da ich mir vorstellen kann, dass hier einige schon mit ein paar renommierten, internationalen Unis in Beruehrung gekommen sind, wollte ich einmal das Thema anstossen. Meines Erachtens hat Deutschland sehr gute und international wettbewerbsfaehige Unis, Mannheim hat ja nicht zu Unrecht die triple crown. Gleichzeitig haben mich Erfahrungen mit Unis in UK sehr ernuechtert, sodass ich die akademische Exzellenz der dort ansaessigen "Elite-Unis" persoenlich hoch anzweifle. Die Frage ist, gilt das auch fuer andere Laender und vor allem fuer die Topkandidaten aus den USA. Hat da jemand persoenliche Erfahrungen? Lohnt es sich, alles in Kauf zu nehmen und an solche US-Unis oder aehnliches zu gehen?
 
Glaubst du nicht, dass das massiv auf die Disziplin/das Fach und insbesondere die jeweiligen Lehrstühle ankommt...?
 
Das wird darauf ankommen was man will. Die Elite Unis sind als Elite ihrer Länder zu sehen. Die Ausbildung in Harvard zB dürfte besser sein, als die an einer kleinen Landuni in den USA.

Es gibt Rankings der Unis weltweit, wobei da aber eben nicht die reine Ausbildungsqualität zählt. Times zB veröffentlicht jedes Jahr ein Ranking, wobei die Ausbildungsqualität nur 30% der Gesamtnote ausmacht. Dann entfallen 30% auf Forschungstätigkeit, 30% darauf wie oft aus Veröffentlichungen der Uni zitiert wird und der Rest auf wirtschaftliche Stärke und "Zukunftsaussichten" basierend auf der aktuellen Forschung zB. In dem Ranking liegen auf den Plätzen 1-14 NUR US und britische Unis, auf 15 die ETH Zürich, dann wieder Amis, Briten und Kanadier bis Platz 30, dann Tokio und Stockholm und dann wieder USA, UK, Kanada und Australien. Beste deutsche Uni ist München auf Platz 45, Wien schafft als Speerspitze der Unis Österreichs Platz 139.
 
Amerikanische Unis sind in der Breite auch nicht so gut aufgestellt wie beispielsweise deutsche Unis.

Ein Abschluss einer deutschen Uni zählt vereinfacht gesehen überall gleich viel (hier und da Abweichungen, mit Top-Note und Promotion aber vernachlässigbar). Ob man in Amerika nun einen Abschluss in (zugespitzt) Harvard gemacht hat oder einer ländlichen Uni in Louisiana spielt eine wesentliche(re) Rolle.

So mag Deutschland bei diesen Rankings nicht die vorderen Plätze belegen, das halte ich aber für die Ausbildung nicht so schwerwiegend. Deutschland hat aber wenn ein Forschungsproblem. Andererseits zählt (oder zählte..?) ein deutscher Ingenieur überall was - universitätsunabhängig.


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es ginge spezifisch in den technisch orientierten Management Bereich. Da sind die ueblichen Kandidaten recht klar international positioniert: Harvard, Stanford, Wharton, LSE, MIT, Chicago, Berkeley und Konsorten.
 
Ich habe an der UCLA eine Summer Session Management studiert. Laut den einschlägigen Rankings eine der weltweit führenden Unis in diesem Bereich.
Am treffendsten zur Qualität der Uni ist wohl: "Die kochen auch nur mit Wasser."

Das soll aber keineswegs heißen, dass die Uni schlecht ist. Aber gute deutsche Unis brauchen sich nicht vor amerikanischen Elite-Unis verstecken.

Die Lehre an Universitäten funktioniert in jedem Land anders, auch aufgrund des Schulsystems des Landes. Die meisten Schulen in den USA sind ein Witz. Entsprechend müssen die Studenten in den USA die ersten Jahre das Wissen aufholen was man hier in Deutschland bis zum Abitur gesammelt hat. Damit sind erstmal 2 der 3 Bachelor-Jahre verbraucht und nur noch ein Jahr für Studium nach unserem Verständnis übrig. Der Master ist dann relativ ähnlich mit unserem, kann aber nicht auf so einer breiten Wissens-Basis wie hier aufbauen. Dafür haben die amerikanischen Top-Unis ein vielfaches an Kapital pro Studenten zur Verfügung und können damit vieles wieder wett machen oder sogar besser.
An der Copenhagen Business School (führend im Management Bereich für Europa) wird man mit Büchern totgeschmissen. Dort besteht die Hauptaufgabe eines Studenten darin Bücher zu lesen. Wozu man dafür an eine Uni gehen muss hat sich mir nicht erschlossen. Anwendung des Wissens steht dort jedenfalls nicht auf dem Plan.

Insgesamt kann man wohl feststellen, dass sich aufgrund von Internet und IT auch kleine Unis gute Lehre liefern können und die für die Lehre relevante nähe zur Spitze der Forschung halten kann. Es müssen heute nunmal keine Bücher mehr produziert, per Schiff über den Atlantik gebracht und an Unis geliefert werden bis Wissen aus der Ivy-League hier ankommt. Dazu reicht heute ein Mausklick um ein Paper zu laden.
 
Vielen Dank, Copenhagen waere innerhalb eines speziellen Programmes tatsaechlich eine Alternative. Das mit dem Wasser kochen habe ich mir schon so gedacht, so kenne ich es auch aus dem Ausland. Mir ist ebenfalls bewusst, dass nicht ausschliesslich dort Spitzenforschung betrieben wird, dennoch kommt es mir vor, dass
1. Die Reputation immer noch gewaltig ist und einem dadurch viele Tueren geoeffnet werden.
2. Durch die harte Selektion ein Cluster wirklich guter Leute und wirklich reicher Leute dort ist, mit denen man so in Kontakt kommt; beide Seiten koennen da Vorteile haben.

Die Frage die sich mir stellt ist, ob das nur ein gaengiges Vorurteil ist, oder dies der Fall ist und es sich dementsprechend lohnt den Schritt zu gehen oder nicht.
 
Nach meinem deutschen Examen (Volkswirtschaftslehre) habe ich 1970/71 in Berkeley studiert. Zugegeben, seit 1970 hat sich an den deutschen Unis viel geändert. Aber damals? Die wesentlichen Unterschiede lagen und liegen in den kleinen Klassen (20-25 Studenten in den Master und PhD Programmen), in der exzellente Betreuung durch die Professoren (zwei spätere Nobelpreisträger inbegriffen) mit entsprechendem Feedback. Die Professoren sind auch jeden Tag für die Studenten zu sprechen und nicht nur 2 Stunden pro Woche. Sie verstehen sich einfach als Dienstleister und ihre Leistung wird auch nach jedem Studienjahr von den Studenten beurteilt. Das vor dem Hintergrund, dass es keinen Beamtenstatus gibt und die meisten Profs befristete Arbeitsverträge haben. Diese Dienstleistung verlangen die Studenten nicht nur von den Professoren sondern auch auch von der Uni - kein Wunder bei den Studiengebühren! So werden z.B. mehrfach im Jahr Treffen mit Unternehmen organisiert. Und zu diesen Treffen kommen die Vorstandsvorsitzenden! Was den Vergleich mit den Landunis anbetrifft: Die Amerikaner sind zwar nicht so titelsüchtig wie...., aber auf den Visitenkarten steht er in der Regel und dahinter in Klammern die Uni. Absolventen der Ivy Unis hatten auch zu meiner Zeit um 30% höhere Anfangsgehälter - eine Tatsache auf die die Ivys auch hinweisen.
 
Grundlegendes Problem der deutschen Unis ist die magere Ausstattung mit Forschungsgeldern, was wiederum hochklassige Wissenschaftler anlockt.
Der nächste Punkt ist der weiche Umgang mit "ewigen Studenten". In angelsächsischen Ländern kann es sich keiner, weder Uni noch Student, leisten, endlos zu studieren. Regelstudienzeit um einige Semester überschritten - Tschüss. Es gibt bessere Stipendien, die Studenten werden über die Möglichkeiten auch besser aufgeklärt. Von deutschen Studienprogrammen wissen die Studenten meistens gar nichts. Dafür ist es in den USA oder GB auch normal, das ein Berufsanfänger nach dem Studium mit 50`oder 100`Dollar Schulden anfängt und sein Studiendarlehen zurückzahlen muss.

Eine Freundin hat 2010 Ihr zweites Staatsexamen in Jura gemacht und ist jetzt Richterin. Sie musste aber zwischen 1. und 2. Examen und dann noch mal bis zur Einstellung insgesamt fast 1,5 Jahre rumsitzen. Schneller geht gar nicht. So war Sie fast 29, bevor sie überhaupt anfangen konnte, zu arbeiten. In GB sind die Studenten in der Regel, in allen Studiengängen, zwei Jahre früher fertig. Es gibt auch nicht die Antipathie gegen Auslandsemester. Bis Mitte der 90er war das in Deutschland die absolute Ausnahme.
Die Fremdsprachenkenntnisse sind meist grottig. Dann kommt - teilweise - die Blasiertheit der "Studierten" dazu. Ich kenne Dipl. Ing, die haben 1980 das letzte Mal in Bücher geschaut, sind aber immer noch der Meinung, sie wüssten alles. Heute ist davon auszugehen, das sich das Wissen einer Branche innerhalb von 10-15 Jahren komplett erneuert.

Ausserschulische Aktivitäten werden mehr gefördert, auch ein gewisser Korpsgeist. Das dies zu gewissen Auswüchsen im Kastensystem, speziell an US Unis führt, gehört dort zur Kultur, ist sicher aber unschön. Aber von der politischen Überkorrektheit in Deutschland weeeiiit entfernt. Wir hatten übrigens Schuluniformen, was ich persönlich mehr als gut finde.
Und natürlich helfen die Studentenverbindungen, die Illumini, die Bruderschaften. Natürlich öffnet es Türen, auf einer Eliteuni zu sein - aus dem einfachen Grund, weil viele Großkonzerne eben keine Rekrutierer nach Castrop Rauxel schicken, die dortigen Topstudenten also gar nicht kennenlernen. Und selbstverständlich halten solche Netzwerke lange.

Ein Hemmnis, zu meiner Zeit noch ganz extrem, war das Problem der Deutschen mit dem Begriff "Elite". Elite ist völkisch und braun, das darf man nicht sagen und schon gar nicht dazugehören. Jetzt haben wir es, auch Dank diverser Rechtschreibreformen, geschafft, das selbst der dümmste Depp Abitur machen kann. Anstatt also gezielt Eliten zu fördern - die jedes Land braucht - wird das Niveau so weit nach unten gesenkt, das jeder mitkommt. Gut für die Statistik. Leute mit Lust auf Leistung werden gezielt vertrieben oder gehen gleich ins Ausland.
Gottseidank gibt es natürlich noch Ausnahmen, aber die werden immer weniger. Entweder weil sie im Mittelmaß untergehen, die Lust verlieren oder sich in die soziale Hängematte kuscheln.

Und, by the Way, in Peking wurde binnen 5 Jahren eine topmoderne Uni aus dem Boden gestampft, modernste Ausrüstung, kleine Hörsäle, Experten aus der ganzen Welt, enormes Budget. Die Studenten malochen wie die Verrückten, sprechen drei Sprachen, arbeiten 80 Stunden die Woche und haben kein Problem, um die halbe Welt zu reisen. Hier kriegen die Studenten ja schon einen Fön, wenn sie mal 100 km weg sollen. Dafür bildet China jedes Jahr 300.000 Ingenieure aus. Und die lernen mit Lichtgeschwindigkeit, weil die noch hungrig sind - nach Erfolg, nach Geld, nach allem.

Vielleicht sind wir zu satt.Zeit, wieder hungrig zu werden.
 
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