Oft bedeutet "kein Dresscode", dass es unausgesprochen doch einen Dresscode gibt.
Eigentlich praktisch immer.
Dieser wird auch gerne als "du kannst ruhig anziehen was du willst" bezeichnet und bedeutet in Wirklichkeit: T-Shirt, Jeans, Birkenstocks.
Es sei denn, es ist plötzlich mal ein anderer Dresscode, das ist ja das Fatale bei der niedrigst möglichen Interpretation von "Business" Casual.
Weil gerade der Chef seine neueste Krawatte ausprobiert. Oder ein Kunde kommt zum Meeting vorbei und die Runde meint, lasst uns doch für diese Frage den Herrn Blubb hinzuziehen. Oder jemand ist krank und sollte einen dringenden Außentermin wahrnehmen, muss aber nun von jetzt auf gleich durch Blubb ersetzt werden. Blöd, wenn Herr Blubb dann seine älteste ausgebeulte Schlumpfhose trägt, wenn er den Geschäftsführer/Abteilungsleiter/... begleiten muss.
"Tja, der Blubb ist doch irgendwie nicht der richtige für solche Gelegenheiten, lassen wir ihn zukünftig lieber in seinem operativen Bereich vor sich hin werkeln."
Wie bedeutsam das sein kann, hängt natürlich stark vom jeweiligen Berufsbild ab, aber egal, ob ich jetzt meine eigene IT-Branche betrachte oder die meiner Frau (Projektingenieure), Branchen also, die nun wirklich nicht für ihre hohen sartorialen Anforderungen bekannt sind
, aufsteigen wird, angemessene Qualifikation in der Sache vorausgesetzt, am leichtesten der, den man von höherer Stelle auf Basis solcher und ähnlicher punktueller Erfahrungen dafür tauglich hält, sich auch im gehobenen Geschäftsumfeld und in der Firmenaußendarstellung präsentabel zu bewegen. Wird man einmal auf dem falschen Fuß erwischt, ist es mit Aufwand (und der Notwendigkeit einer zufällig passenden Gelegenheit, bei der man die dafür nötige Sichtbarkeit bekommt) verbunden, das wieder aus den Köpfen der Vorgesetztenriege heraus zu bekommen. Ob die Kollegen der eigenen Peer-Group am Arbeitsplatz einen gut leiden mögen, weil sie intuitiv zu glauben meinen, dass man einer von ihnen ist und immer bleiben wird, ist bei der Arbeit nicht immer die Hauptsache. Und nichts anderes ist ja der Grund für erzwungene Konformität in der Kleidungswahl auf niedrigem Niveau.