Haifisch Kragen nach Feierabend?

Ich halte Regeln, Anpassung und Tradition für sehr wichtige Eigenschaften einer Gesellschaft.
Aber wir sollten aufhören zu denken das die letzten 100Jahre modisch die einzig korrekten und endgültigen waren… ;)
Ich glaube, die letzten 200 Jahre waren überhaupt die ersten, wo man sich über solche Dinge wie Kleidungsästhetik in breiteren Bevölkerungsschichten Gedanken gemacht hat, weil die Möglichkeit dazu in unseren Regionen vorher nur bei einigen wenigen lag, während der Rest ums blanke Überleben kämpfte. Man hat halt irgendwas getragen, was verfügbar war und warm hielt.

Und uns geht es erklärterweise hier ja nicht um kurzfristige Moden, sondern um eine permanentere Anlage der Bekleidung aufgrund von Dingen, die man aus der Kleidung der näheren Vergangenheit, die sich im Gegensatz zu früheren Bekleidungsformen in der Basis über 200 Jahre erhalten hat, als ästhetisch richtig zur männlichen Körperform erkannt hat. Die Moden innerhalb dieses Bekleidungsstils haben sich alleine in der letzten 50 Jahren immer wieder erheblich verändert (vgl. 70er, 80er Jahre) und das ist auch notwendig, um es lebendig zu halten.

Das Empfinden liegt ja im Auge des Betrachters.
Da du ja schon bei einem fehlenden Stück Seidenstrang die Notbremse ziehst, kaufe ich dir den Satz nicht wirklich ab :p
Dann verstehst Du mich falsch. Mir geht's nicht darum, dass nun alle in Anzügen herumlaufen. Auch ich trage Jeans + Leinenhemd/Polo + Sneakers, wenn ich dazu Lust habe und ich die Situation dazu passend finde. Nur folge ich dann auch den Vorgaben des jeweiligen Looks, um ein stimmiges Bild zu erreichen. Anzug ohne Krawatte, ev. sogar mit T-Shirt und Sneakers, empfinde ich ebenso irritierend wie Tunika mit Krawatte, um im obigen Beispiel zu bleiben. Wobei ich zugebe, dass ich mit Kleidungskombinationen zur Tunika wenig persönliche Erfahrungen habe. :)
 

Ist der jetzt so oft genannte Begriff des Ästhetischen eigentlich nur ein Synonym für persönlichen Geschmack oder für das hier sonst beliebte Attribut des Stilvollen -
eher wenig mit Inhalt und Differenzierung gefüllt und im Subtext kommt im wesentlichen dann doch das erwähnte regelgehorsame Nachbeten daher...? ;)

Wie auch immer,
um "sicher" zu gehen müsste der Topiceröffner zusätzlich zu der Krawatte doch eigentlich nur das Sakko ablegen -
dann wäre es nämlich kein Anzug mehr...:rolleyes:
 
Ist der jetzt so oft genannte Begriff des Ästhetischen eigentlich nur ein Synonym für persönlichen Geschmack oder für das hier sonst beliebte Attribut des Stilvollen -
eher wenig mit Inhalt und Differenzierung gefüllt und im Subtext kommt im wesentlichen dann doch das erwähnte regelgehorsame Nachbeten daher...? ;)
Das überlasse ich der persönlichen Interpretation. Ich denke, dass der Gedanke, zum Anzug ein Hemd mit Krawatte zu tragen, kein besonders ausgefallener ist, darauf kann man also durchaus selber kommen, ohne ein Regelbuch in die Hand zu nehmen. :)

Man kann natürlich nie widerlegen, dass man blind einer vorgebenen Regel gehorcht, wenn man ein akzeptiertes Gesamtdesign trägt, weil es über Jahrzehnte der Entwicklung präzise aufeinander abgestimmt wurde.

Anders herum ist aber bei Leuten, die meinen, sie könnten diese "Regel" brechen, auch nicht auszuschließen, dass sie den Hintergrund der Regel nicht verstehen und/oder sie eine stilistische Notwendigkeit einer persönlich empfundenen Bequemlichkeit hintanstellen. Das ist natürlich nicht der Untergang des Abendlandes. :D Aber letzteres ist eben auch keine andere Argumentation als die jedes unterdurchschnittlich bekleideten Menschen auf unseren Straßen in ihren Ed-Hardy-Shirts und Klebstoffgummisohlenschuhen, über die man sich in diesem Forum ja gelegentlich auch mal gerne ein wenig verbal erhebt.

Wie gesagt, es geht mir hier nicht um eine Verteufelung von Casual Wear, das hat selbstverständlich in jedem Kleiderschrank seinen Platz, ich gehe auch nicht im Anzug zum Strand. Es geht mir darum, dass man in einem Stilforum versteht, warum man einen Anzug stilistisch korrekt mit Hemd und Krawatte tragen sollte. Ob man das dann letzten Endes tut, ist wiederum eine persönliche Entscheidung, das ist ja ein freies Land. :)

Des Esseintes hat gesagt.:
Aha, neue Hypothese: Die Krawatte als Krampfader der Herrenbekleidung! Welch charmante Analogie...
Ich denke, ich führe hier ein sachliches Argument aus. Dem kann man zustimmen oder auch nicht. Man kann selbstverständlich auch seinerseits ausführen, warum man anderer Meinung ist oder auf Quellen Dritter verweisen (Threads, Bücher, was auch immer), deren Darlegung man in diesem Zusammenhang folgt. Das bereichert eine Diskussion meines Erachtens. Den Gesprächspartner jenseits seines Arguments zu verspotten, ist aber ein Stilmittel, das man als Gentleman nicht nötig haben sollte. Vielleicht mit der Ausnahme einer ausgesprochen geistreichen Replik.
 
Ich denke, ich führe hier ein sachliches Argument aus.

Sehen Sie, da liegt der kleine Unterschied: Ich hingegen beantworte nur ernsthaft vorgetragene Albernheiten mit weniger ernsthaft vorgetragenen...

Die "Sie sind wohl kein Gentleman"-Tour zieht übrigens leider nur noch bei ausgewählten Minderjährigen - ich bin wahrscheinlich minderwertig aber leider schon lange nicht mehr minderjährig.

So, und jetzt tragen Sie stil-konsistent Ihren Button-down- mit zweimal umgewickelter Sportmanschette und ich meinen Haifischkragen mit Doppelmanschette und goldenen Manschettenknöpfen zum lockeren Leinenjackett, und auch heute wird die Welt wieder nicht untergehen!

dE
 
Sehen Sie, da liegt der kleine Unterschied: Ich hingegen beantworte nur ernsthaft vorgetragene Albernheiten mit weniger ernsthaft vorgetragenen...
Es bleibt Ihnen selbstverständlich vorbehalten, diese Meinung zu haben und sich zu erhaben für eine Diskussion in der Sache zu fühlen. Es ist das Phänomen des Internets, dass sich manche Teilnehmer in virtuellen Diskussionen verbale Freiheiten herausnehmen, die sie im wirklichen Leben Auge in Auge nicht in Erwägung ziehen würden. Für manche ist das eben auch Teil des Reizes. Ich fand immer, dass man einer Ansicht, der man nicht zustimmt, entweder argumentativ widerspricht oder sie ignoriert, aber das mag meine persönliche Note sein.

Davon abgesehen mögen Sie natürlich Ihre Hemden tragen, wie es Ihnen beliebt. Ich wollte Sie nicht irritieren.

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Es geht mir darum, dass man in einem Stilforum versteht, warum man einen Anzug stilistisch korrekt mit Hemd und Krawatte tragen sollte.

Für das Verstehen sind Inhalte und Differenzierungen nötig.

Bequem finde ich es eher mit vielen Synonymen zu paraphrasieren, was in den Stil-Ratgebern und anderen Nachschlagewerken hinsichtlich "Stilistischer Korrektheit", "Stilistischer Notwendigkeit", "Dresscode" kundgetan wird -
wenn es um all diese StilEleganzÄsthetik-Dinge geht, sind solche ordnungsformalistischen Phrasen doch nur sehr kurzatmig ?
 
Um kurz die Erhabenheit der Diskussion mit einer möglicherweise albernen Rückkehr zur Ausgangsfrage zu unterminieren: Ging es zunächst nicht weniger um die Frage, ob man einen Anzug ohne Krawatte tragen solle (meine persönliche Einstellung: Keinesfalls! Warum: Gefällt mir nicht, take it or leave it), sondern darum, ob man ein Hemd mit Haifischkragen auch ohne Krawatte tragen könne (meine persönliche Einstellung: Absolut! Warum: Gefällt mir, zu Tweedjacketts, zu Leinejacketts, auch unter Umständen zum Blazer).

Um also dem Fragesteller aus meiner bescheidenen, nicht repräsentativen und offenbar zumindest nah an der Grenze zur Stillosigkeit angesiedelten Perspektive eine klare Antwort zu geben: Wenn Ihnen die Haifischkragen gefallen, sollten Sie zuschlagen - Sie können diese durchaus auch ohne Krawatte tragen, solange Sie nicht bei den after work drinks an die Stilpolizei geraten. Für diese Fälle sollten Sie natürlich stets eine vorgebundene Krawatte in Ihrem Jackett mit sich führen, idealerweise eine, die man bei einer Razzia schnellstens per Clip anbringen kann...

dE
 
Darf man angedenks der deutschen Forstwächterallüren jetzt überhaut die Wörter "Stil" und "Polizei" ohne gehörigen Anstandsabstand dazwischen erwähnen?
 
Sie können diese durchaus auch ohne Krawatte tragen, solange Sie nicht bei den after work drinks an die Stilpolizei geraten. Für diese Fälle sollten Sie natürlich stets eine vorgebundene Krawatte in Ihrem Jackett mit sich führen, idealerweise eine, die man bei einer Razzia schnellstens per Clip anbringen kann...
Das dürfte allerdings nur noch in sartorial-strenggläubigen Trinktempeln der Fall sein -
zur ordentlichen Unterscheidung zwischen Business-Dress und AfterWorkDrink-Dress genügt es für gewöhnlich, den Bierfilz deutlich sichtbar in der Sakko-Brusttasche zu drapieren.

Noch ein TopTipp:
Wenn es dann derzeit etwas frischer wird im Biergarten, kann auch ein Krawattenschal zum Einsatz kommen -
der ist dann nicht nur ein Kragenkonstruktionsschmuck, wie die Krawatte, sondern ein echter Halsschmuck.
 
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