Gentlemen, choose your weapons: Grau oder blau?

Lieber Herr Gerads,

über das Thema “Mitternachtsblau”, in Verbindung mit schwarzen Schuhen und einem schwarzuen Gürtel habe ich gerade noch einmal ein bisschen nachgedacht. Ich denke, da könnten wir optisch zueinander finden! Danke für den ergänzenden Hinweis! Ja, der schwarze Anzug ist so ein Sonderthema. Ich besitze einen mit Schattenstreifen, merke aber dass ich ihn weniger trage, als die grauen und blauen Verteter. Ich kann aber gar nicht genau sagen, warum. Wahrscheinlich, weil schwarz eine eher harte Farbe ist.

Bezüglich der “Sachlichkeit” stimme ich Ihnen übrigens zu. Einerseits finde ich die diesbezüglichen Animositäten recht amüsant zu lesen, andererseits dann doch etwas, wenn ich das so sagen darf, divenhaft. Ich lese die Beiträge beider Herren übrigens gerne und finde sie durchaus hilfreich. Man muss ja nicht mit allem einverstanden sein, das ist auch nicht der Sinn dieses Forums. Viel Spaß beim sportlichen Diskutieren wünscht…

Ludwig Ebert-Eßer
 
Ja, allein Schwarz ist mir auch deutlich zu hart - mit Nadel- oder Kreidestreifen finde ich es wiederum sehr tragbar.
 
Meiner Ansicht nach gehört zur allerersten Schneiderware neben einem Blazer für schier unendliche Vielfalt ein dunkelgrauer Kreidestreifenanzug, zwei-reihig, oder zumindest ein dunkelgrauer Anzug zum Pflichtprogramm. Ich finde, mit den Nuancen der Farbe blau sollte man sich erst im weiteren Verlauf des Garberobenaufbaus spielen. Also um meine Meinung zur Frage zur Farbe zu äußern: Grau, definitiv.
 
Wie bereits von anderen bemerkt ist das eine “alte” Frage (deshalb wird sie vielleicht auch so leidenschaftlich diskutiert). Vor allem ist es aber auch eine Frage, auf die es keine objektive Antwort gibt. Es geht in erster Linie um persönliche Vorlieben und meine kann ich folgendermaßen zusammenfassen:
Blaue Anzüge in unterschiedlichen Spielarten sind meine liebsten Kleidungsstücke. Graue Anzüge habe ich auch. Aber die blauen trage ich einfach lieber. Das hängt weniger mit den Kombinationsmöglichkeiten zusammen, denn die sind bei beiden Farben vielfältig. Blau gefällt mir einfach besser. Ich trage zu blauen Anzügen sowohl braune als auch schwarze Schuhe und pflichte den anderen zu, es hängt von der Nuance des Blautons ab, ob schwarz “geht”.

Im Sommer finde ich auch einen Anzug in einem sehr hellen grau, speziell mit einem pastellfarbenen Hemd, sehr schön. Ein solcher Anzug gehört aber sicher nicht in die Liste der ersten 3 Anschaffungen sondern ist eher ein “nice to have”.

Regelrecht grausam für das Auge finde ich diese vielfach zu sehenden mausgrauen Anzüge.

Ich persönlich trage auch gerne schwarze Anzüge. Allerdings eher am Abend und in der Freizeit, weniger im Job. Ein schwarzer Anzug mit einem sehr schlichten aber hochwertigem weissen Hemd (auch oder besonders ohne Krawatte) ist sicher nicht sehr ausgefallen. Aber es sieht, speziell bei einem dunkelhaarigen Mann, sehr gut aus. Bei “einfachen” Kombinationen (und weiss schwarz ist die allereinfachste) kommt es aber umso mehr auf die Qualität der Zutaten (Fit, Stoff) an, weil man mit nichts anderem punkten kann.
 
Aaaalso…

Ich konnte die Begeisterung für einen blauen Anzug, die in Deutschland grassiert, nie nachvollziehen. Ich finde den "großen Blauen" im Gegenteil extrem schwierig.

Das fängt schon beim Blauton an. Ist er zu dunkel, passt nichts richtig dazu - weder der schwarze, noch der braune Schuh. Was für ein Hemd dazu? Ja klar - weiß. Aber das ist schon ein sehr harter Kontrast. Welche Krawatte? Blau - wird vielleicht langweilig. Immer nur Blau-Weiß-Blau - ist das sinnvoll?

Dann gibt es dieses schreckliche Mittelblau, in dem man immer aussieht wie ein Busfahrer. Oder ein Vertreter der mittleren Beamtenlaufbahn.
Noch schlimmer wird es dann, wenn die Blautöne dann auch noch in irgendwelche Changierungen irrlichtern. Damit sieht man dann gleich aus wie ein Clown.

Also: Insgesamt nur etwas für sehr stilsichere Männer, die ein gut geschultes Auge haben, sich auch etwas trauen.
Zu dieser Schwierigkeit gehört auch, dass ich finde, dass ein blauer Anzug, gerade wegen der genannten heiklen Punkte, eigentlich noch viel besser sitzen muss als jeder andere; denn es gibt nichts, was von einem schlechten Sitz ablenken würde.

Der Graue: Auch da gibt es viele unterschiedliche und auch gruselige Schattierungen. Aber ein gruseliger in Grau ist besser zu händeln als ein gruseliger in Blau. Grau ist leichter zu kombinieren - mit schwarzen und braunen Schuhen, Glatt- oder Wildleder, mit Hemden und Krawatten in den unterschiedlichsten Tönen.
Ich verstehe absolut nicht, warum ein Grauer nur von 9 bis 18 Uhr gehen soll, wie hier jemand schrieb. Ein richtig dunkelgrauer Anzug, in tiefem Anthrazit, ist auch auf einem abendlichen Empfang ein Klassiker und absolut "comme il faut". Es sei denn, es wird black tie verlangt.

Für mich ist der graue Anzug definitiv der mit dem breitesten Spektrum - von fast sportlich in einem helleren bis super-elegant in tiefem Grau. Wenn man nur einen Anzug hat, dann itte einen antrazitfarbenen.

Der schwarze Anzug: Ich war 19 (heute bin ich 46), als ich zum ersten mal einen Ball besuchen wollte (na ja: aus heutiger Sicht war es eher eine Tanzveranstaltung in einer Provinzturnhalle). Damals ging ich zu einem Herrenausstatter und bat um einen schwarzen Anzug. Er sagte: "Junger Mann, es gibt genau eine Gelegenheit, zu der man einen schwarzen Anzug trägt: Zu einer Beerdigung. Die einzige Ausnahme: Wenn Sie der Kellner sind."

Ich bin dem Mann heute noch dankbar. Und seiner Aussage ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Der schwarze Anzug ist überflüssig, ein Nonsense der Mode - denn was soll er sein: Ein Abendanzug? Ein Straßenanzug?
Ich sehe ihn ausschließlich als Verirrung Hamburger Werbeleute (sie mögen mir verzeihen, falls sie mitlesen)…Das Gruseligste schlechthin ist das, was vor zehn Jahren als "pfifig" galt: Schwarzer Anzug mit schwarzem Hemd und schwarzer Krawatte.

Schließlich zum Abschluss: ÜBERHAUPT GAR NICHT UND UNTER KEINEN UMSTÄNDEN geht die sehr deutsche Kombination einer DUNKELgrauen Hose mit einem blauen Blazer. Eine Verirrung von jenen, die nicht versanden haben, wie diese Kombination funktioniert: Als helle, wenn nicht sehr helle graue Hose mit einem dunkelblauen Blazer. Hose vielleicht sogar in Flanell. Das hat Pep! Die deutsche Kombi hingegen geht einfach rein farbtechnisch nicht: Ein dunkles blau hat keine Wirkung vor einem dunklen Grau, das sieht aus, wie aus Versehen die Jacke des blauen Anzugs zur Hose des dunkelgrauen m Schrank erwischt.

In diesem Sinne - fröhlicher Anzugkauf

Peter
 
Aber meines Erachtens muss man sehr aufpassen, dass man in hellgrauen Flanellhosen nicht aussieht wie Roger Moore als James Bond in den 70er Jahren oder wie der Bettenverkäufer aus den Loriotsketchen. Ich würde den Mittelweg einschlagen…weder hellgrau noch anthrazit.
 
Zum blauen Blazer finde ich eine mittelgraue Hose optimal, ganz dunkles grau ist sicher sehr schwierig, da stimme ich A.E. völlig zu. Hellgraues Flanell wäre von der Struktur des Stoffes her ggf. noch interessant aber nur mit einer schmalen Hose mit enger Fussweite und hohem Aufschlag, dann braune Schuhe. Mit schwarzen Schuhen oder einer “normalen” Hose entsteht der gefürchtete Busfahrer oder Justizvollzugsbeamten-Look. Ob grau wirklich besser zu kombinieren ist als blau wage ich zu bezweifeln. Zu blau gehen creme, rosa, blautöne, grün etc. ganz hervorragend, an Auswahl zur Kombination fehlt es sicher nicht. Ich finde blau bringt viele Farben erst richtig zur Geltung, grau “verschluckt” diese machmal eher. Ich sehe öfter einmal Männer mit dunkelgrauen Anzügen und dunkelblauen Krawatten. Eine Verschwendung für die Krawatte, die in diesem Ensemble völlig untergeht, gleiches gilt für die Kombination von dunkelblau/weiß-gestreiftem Hemd und dunkelgrauem Anzug. Der schwarze Anzug ist sicher kein “Must have”, ich würde ihn aber auch nicht völlig verdammen. Egal ob Hamburger Werber oder nicht, kombiniert mit einem Hemd in grautönen und einer entsprechenden Krawatte sieht das sehr gut aus. Ich trage ihn auch mit braunen Schuhen, weißem Hemd und einer braun/schwarz-gestreiften Krawatte. Sensationell sieht z.B. lila zu schwarz aus. Komplatt in schwarz sehe ich nur ohne Krawatte, dann finde ich es aber je nach Typ ok. Generell findet in der Beratung die Haut- und Haarfarbe heutzutage viel zu wenig Beachtung. Einen hellgrauen Anzug kann noch lange nicht jeder tragen. Hier empfehle ich jedem die Lektüre von Alan Flusser, der diesen Aspekt ausführlich und bildlich sehr eindrucksvoll beleuchtet.
 
Ich möchte Ihren Stil nicht kritisieren, das würde zur Haarspalterei werden, aber braun-schwarze Krawatten?

Welcher hochwertige Hersteller stellt so etwas her?
 
Ich weiß nicht, ob die folgenden in Ihr Raster hochwertiger Hersteller passen? Boss Selection, Armani und Van Laack stellen diese Farbkombination her, die wirklich gut aussieht. Kommt auf das braun an.
 
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