@Lord Siegelbewahrer & Guenter
Zur Höhe des Bettes:
Laut Schlafmedizinern und Orthopäden ist ein Bett ideal hoch, wenn man mit rechtwinkligen Knieen auf dem Bett sitzen kann und dabei noch mit den Füssen Stand auf dem Boden hat. Soviel zur grauen Theorie. Tatsächlich sind viele Betten niedriger, manche auch höher. Und bei einem Ehebett, in dem der 1,95m Hüne neben seiner 1,65m Ehefrau liegt, wird sich eine Idealhöhe nicht erzielen lassen.
Warum sind viele Betten im Fachhandel so niedrig? Kundengeschmack. Ein hochbeiniges Bettgestell sieht für viele optisch nicht so gefällig aus. Mit "Einsparungsgründen" hat das nix zu tun. Um einen (etwas hinkenden) Vergleich anzuführen - warum stehen beim VW-Händler soviele Modelle des "normalen" Golf auf dem Hof und warum ist dieser das Volumenmodell und nicht der höhere und vermutlich bequemere Golf Plus?
Ein guter Fachhändler sollte aber Betten in verschiedenen Höhen vorrätig haben und auf jeden Fall sollte er problemlos auf Wunsch höhere Beine für ein Bettgestell bestellen können. Die gängigen höherwertigen Hersteller von Bettgestellen haben Beine in verschiedenen Höhen im Programm und somit lässt sich logischerweise die Höhe des Gesamtsystemes variieren.
Wenn die Höhe der Matratze gemeint ist, sieht es schon etwas anders aus. Natürlich gibt es auch Matratzen in verschiedenen Höhen und Härtegraden. Bauartbedingt ist aber eine Matratze in einem Boxspringbett immer höher als eine Matratze in einem Lattenrostsystem, da in letzterem System ja der Lattenrost einen Großteil der Federung übernimmt und eine sehr dicke Matratze die Vorteile dieses Aufbaus eliminieren würde. Aber nochmal: Die Dicke der Matratze ist niemals das alleinige Kriterium für die Qualität des Liegens und den Komfort.
Interessant ist Guenters Erwähnung, dass er Boxspringbetten im Hotel gesehen hat und seine Vermutung, dass diese Betten aufgrund ihrer Dicke schon psychologisch als bequem empfunden werden. Letztere Vermutung teile ich, wobei ein gutes höherpreisiges Boxspring-System natürlich nicht nur psychologisch gesehen ein hervorragendes Bett ist. Den ersten Aspekt sollte man auch mal psychologisch beleuchten: Viele Leute machen Urlaub, schlafen in einem Boxspring oder (vor allem in den USA) in einem Wasserbett und stürmen dann mit einem schwärmerischen "Wir haben im Urlaub soooo gut geschlafen" in den Laden und versuchen sich das Urlaubsfeeling aus dem 3-wöchigen Floridaurlaub via Wasserbett in`s Delmenhorster Reihenhaus zu retten. Das klappt natürlich nicht immer, denn der gute Schlaf und die Erholung im Urlaub sind natürlich nicht nur dem Bett geschuldet... Das Wasserbettenbeispiel lässt sich auch auf`s Boxspring übertragen.
Ernüchternd ist der regelmäßige Matratzentest der "Stiftung Warentest" (Tenor: Preis und Matratzeneignung stehen in keinem Zusammenhang) und eine Fernsehreportage über den Bettenfachhandel (Tenor: Es wird nicht das Geeignetste empfohlen, sondern dass, wo sich am meisten dran verdienen läßt.). Man merkte in der Reportage wie die Bettenverkäufer immer wieder abtesteten, wieviel der Kunde bereit war zu zahlen und die Schmerzgrenze ermittelten.
Ernüchternd finde ich bei den regelmäßigen Matratzentests der guten alten Tante Stiftung Warentest vor allem die praxisfernen Testkriterien und die meines Erachtens völlig lückenhaften Produktkenntnisse. Das ist zum Teil wirklich ärgerlich - aber viele Leute glauben dem Testheft blind wie dem Pastor in der Kirche oder dem Weißkittel in der Arztpraxis.
Was die Berichte über Abzock-Verkäufer angeht: Klar, die gibt es in jeder Branche. Und mit Berichten über zufriedene, gut beratene Kunden oder Produkte und Lebensmittel ohne Schadstoffe und Mängel, könnten die zahllosen Verbrauchermagazine ja kaum Aufmerksamkeit erregen. Ein wider Erwarten sehr akzeptabler Bericht kam gestern auf RTL II
http://www.rtl2.de/welt_der_wunder/video/2667-gesellschaft-lifestyle/14835-die-teuerste-matratze-der-welt/
Dort wurde auch ein Boxspring von Hälsten gezeigt, Dolphin House hatte diese Firma ja bereits erwähnt. Mit seinen 65k Verkaufspreis hat das Bett aber mit den Billigheimer-Betten um 1-2k soviel zu tun, wie der xytailor24-Fetzen mit dem Bespoke Suit aus der Savile Row oder der Ingersoll-Chinaböller mit `ner Patek.
Günter, mit Verlaub, bei der gezeigten Viskoschaumauflage gruselt`s mich. Es besteht natürlich die Möglichkeit, die Matratze mit Auflagen, sog. "Toppern", zu "tunen" und den Schlafkomfort noch zu verbessern. Von viskoelastischen Auflagen, Kissen und/oder Matratzen würde ich aber prinzipiell abraten. Die Werbung hört sich toll an ("für die Raumfahrt entwickelt..."), verschweigt aber, dass ein viskoelastischer Schaum niemals "in Echtzeit" nachgibt, sondern immer eine -wenn auch geringe- Latenz aufweist. Ein nicht geringer Teil der Kunden berichtet dann von Verspannungen und einem schlechteren Schlafkomfort, weil der Körper im Schlaf immer gegen einen Widerstand arbeitet. Viskoelastischer Schaum funktioniert auch immer nur in einem sehr begrenzten Temperaturfenster und Kunden, die im Winter z.B. bei offenem Fenster schlafen, berichten von harten, unkomfortablen Unterlagen, die sich erst langsam durch die Körperwärme dann anpassen. Wenn ich die Artikelbeschreibung bei Amazon lese, muss ich zudem lachen.
"Während sich die Testschläfer auf einer viscoelastischen Matratze nur 17 Mal pro Nacht drehten, "rotierten" sie auf den Standardmatratzen im Durchschnitt 80 bis 100 Mal."
Bewegung während des Schlafes ist völlig normal und natürlich. Gemäß dieser kruden Logik hätte ja ein Schläfer im Gipsbett oder fixiert im Pflegebett die höchste Schlafqualität. Dazu kommt der niedrige Preis. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist ein solches Teil in Fernost gefertigt worden und ich persönlich hätte wenig Ambitionen, täglich 8 Stunden mit dem Körper auf einem Schaumstoffteil aus was-weiß-ich zu nächtigen. Ich zitiere mal aus einer der Amazon-Kundenbewertungen "Der Gestank des Produktes treibt einem allerdings die Tränen in die Augen." Aber das muss jeder selber wissen. Generell gilt aber: Bei einem viskoelastischen Produkt zahlt der Kunde den höchsten Aufpreis für Marge, Werbung und Entwicklung. Das Teil selber ist billigst herzustellen. Ich persönlich halte viskoelastische Schäume nur im medizinischen und Pflege-Bereich (Wundliegen etc.) für bedingt sinnvoll.
Gruß in die Runde!