bluesman528
Ruhrpotthanseat
Um das mal als Aufhänger zu nehmen, andere Kommentare von DgL und Don sind ebenfalls gemeint: Das ist aber, wenn überhaupt, Zufall, weil nicht absichtsvoll und nicht als Gabe an Dritte gerichtet. Ich glaube, das Problem dieses Threads ist die unterschiedliche Bewertung eines Menschen, der Kleidung trägt und zu einem übertriebenen ästhetischen Ideal zulasten echter Lebensinhalte steigert, um bewundert zu werden, in letzter Konsequenz auch von sich selbst im Spiegel.Was mir aber noch nicht ganz klar ist: Warum entziehen diese Dandys Ihrer Ansicht nach der sie umgebenden Gesellschaft Energie? Wenn man Ästhetik als einen gesellschaftlichen Wert ansieht (wie Dandys ja zweifellos argumentieren würden), könnte man sogar umgekehrt anführen, daß sie wenig fordern, da sie ja sehr selbst-genügsam und bei aller äußeren Form oft in sich gekehrt leben, der Gesellschaft aber viel zurückgeben, in Form von Schönheit, Eleganz, Ausdrucksform, you name it.
Mir ist völlig klar, dass mancher hier sich selbst gerne als Dandy im Sinne einer ästhetischen Feingeists auf vielen Ebenen sieht und deswegen auch um eine positive Konnotation bemüht ist. Man mag das benutzen, um für einen kleidungsinteressierten Mann ein griffiges Medienwort zu haben. Das ist aber nicht der historische Kontext und auch nicht die Interpretation der Allgemeinheit. Der heutige verschrobene, gesellschaftsferne Geck, der sich - zum Selbstzweck - bunt kostümiert und umherstolziert wie der verhasste Aristokrat früherer Tage, jedes Haar permanent in Form gegelt, ist keine Kunstform. Er ist ein lächerlicher Autist, der mit der Welt um ihn herum nicht interagiert, eine leere Kopie einer gesellschaftlichen Ausdrucksform des 19. Jahrhunderts, die damals zu Oscar Wildes Zeiten zumindest noch eine oberflächliche Bedeutung hatte, auch wenn sie mit Demokratie nun so gar nichts zu tun hatte. Der Dandy ist gerade deswegen nicht frei, weil sein Narzißmus, seine Selbstinszenierung ihn fesselt.
Ich sehe nicht, dass irgendwer hier und auch manche schon angesprochene Männer aus dem Buch Dandies sind. Ich denke, aus diesem Missverständnis des Begriffsdeutung entspringt auch manche emotionale Gegenrede.
Es ist sicher ein nett gemachtes Buch für den Kaffeetisch, aber es glorifiziert meiner Ansicht nach ein falsches Ideal, im schlimmsten Fall das Hineinsteigern in einen Fanatismus, der wie anderes suchthaft-isolierendes Verhalten das Leben auf selbstzerstörerische Weise behindert. Und es hat grundsätzlich erst mal nichts mit Leuten zu tun, die sich beim Leben auch mal ein EST in die Brusttasche ihres Anzugs stecken und die Farben ihrer Hemden, Schuhe und Krawatten geschmackvoll aufeinander abstimmen. Dafür hätte es anno 1960 keinen Dandybegriff gebraucht.