Beratungsanfrage

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Was ist SC denn nun genau nach Wissen deines Nachbarn?
Auf die Idee einen Spezialisten der Veterinärmedizin in Hannover zu befragen war ich auch schon irgendwann gekommen, hatte es dann nur nicht getan.

Ich hoffe, dass ich den Gesprächsinhalt und meine Schlussfolgerungen noch einigermaßen zusammenbekomme und halbwegs verständlich illustrieren kann.

Zur These, beim SC handelt es sich um einen Muskel.

Dieses schloss mein Gesprächspartner völlig aus, er begründete dies damit, dass Muskulatur mit dem Ableben seine Kontraktionsfähigkeit auf Dauer verliert und somit vollkommen ungeeignet für die Lederherstellung ist.

Muskelkontraktion wird beim Lebenden durch Nervenimpulse ausgelöst, die dazu führen, dass Proteine wie Myosin sich ineinander verschieben. Der so erregte Muskel löst das sogenannte Filamentengleiten, das Grundlage für die Muskelverkürzung ist, aus. Die Kontraktion wird gelöst, sobald der Nerv keine Signale mehr gibt, der Muskel erschlafft. Im Zustand des Todes nun, also nach Lösen der Totenstarre, ist die Muskulatur vollkommen erschlafft. Die Fasern können durch mechanische Krafteinwirkung lediglich leicht gedehnt werden ohne zu reissen, kontrahieren aber nicht mehr ob der ausbleibenden Nervenimpulse. Dem Fasergewebe fehlt es schlicht an Elastizität.

Die These, es handelt sich beim SC um eine Extralage Bindegewebe zwischen Haut und Muskulatur, hielt mein Gesprächspartner für wenig plausibel, weil sie zunächst einmal die Frage aufwarf, um welche Art Bindegewebe soll es sich dabei handeln. Nun wurde es kompliziert, es folgte ein Exkurs zu den Arten des Bindegewebes, dessen Funktion und Aufbau. Da ich wenig Lust habe und mich dazu auch nur unzureichend befähigt sehe darüber zu referieren, empfehle ich dem Interessierten an dieser Stelle google zu bemühen und kürze dementsprechend ab.

Als Konklusion ließ sich schließlich festhalten, es sind zwei Bindegewebearten, die hier infrage kommen. Namentlich das lockere und das straffe Bindegewebe. Beide allerdings bilden keine vom Umgebungsgewebe unabhängige Strukturen, sie sind stets darin eingebunden, umhüllen dieses bzw. sind dessen bindender Bestandteil. Lockeres Bindegewebe befindet sich als Füllmaterial in den Zwischenräumen der Organe und bildet deren Gerüst, so auch in der Unterhaut, deren weiterer Hauptbestandteil Fettgewebe ist. Ich komme auf diese später zurück.

Beim straffen Bindegewebe unterscheidet man zwischen parallelfasrigem und geflechtartigem, wobei hier nur letzteres von Bedeutung ist. Dieses ist Hauptbestandteil der Lederhaut und durchzieht diese kreuzförmig, sorgt für deren Zugfestigkeit und damit Elastizität. Genau die Eigenschaft, die benötigt wird, um aus Rohhaut ein haltbares Leder zu machen.

Beim SC wird nun die Haut in der Art verarbeitet, dass die Epidermis (Oberhaut) abgespalten wird. Übrig bleiben die Dermis (Lederhaut) und die Subcutis (Unterhaut). Eine weitere Bindegewebsschicht ist nach allem, was wir über die Struktur von Bindegewebe wissen, wohl auszuschließen und legt nahe, dass es sich bei der Außenseite von SC um Unterhaut handelt.

In der Regel wird die Unterhaut nicht zu Leder verarbeitet, was an den physikalischen Eigenschaften liegt, da diese, wie oben erwähnt, hauptsächlich aus lockerem Bindegewebe und Fettgewebe besteht. Aber warum nun soll dies bei Pferden bestimmter Rassen anders sein?

Erklärungsversuch: Bei kaltblütigen Pferden besteht die Unterhaut im Bereich des Rückenbands neben Fettgewebe, lockerem Bindegewebe auch aus straffem, wodurch eine sehr dichte Faserstruktur entsteht. Dieses gibt der Hautschicht die nötige Elastizität und Festigkeit und macht sie somit für den Einsatz als Schuhleder erst tauglich. Hinzu kommt ein hoher Fettgehalt, der ein Glanzstoßen ermöglicht. Ursache für diese anatomische Besonderheit könnte sein, dass die Haut von Lastenpferden im Bereich der Kruppe höheren Zugkräften ausgesetzt ist.
 
Das ist Unsinn. Begründen tue ich das morgen im Detail. Das Glanzstoßen wird durch das Einschmieren mit Fett ermöglicht während das Fett, das nach der Schlachtung noch vorhanden war, entfernt wird; spätestens beim Kälken ... und Fett ist nicht gerbbar.
Es stellte sich wohl auch die Frage, was ein totes Fell mit Muskelkontraktionen und Reizleitung zu tun haben soll.
Würde Deine Vermutung zutreffen, dann könnte man auch aus dem vorderen Teil des Pferdefells ebenfalls Shell Cordovan gewinnen, kann man aber nicht sondern nur aus dem hinteren Teil und auch nur bei einem Teil davon mit der Form der Doppelshell.
Ergo muss es dort etwas geben, dass der Form dieser Shells sehr stark ähnelt und
es kommt hinzu, dass SC eine ganz besondere Reaktion zeigt wenn Regentropfen drauf fallen.
Und wo sollten all die vielen Kaltblüter herkommen, um den Bedarf des Weltmarktes zu decken,
denn Mustangs und andere Pferdearten kämen ja nicht infrage?

Gehfalten und Gehwellen...
 
Das ist Unsinn. Begründen tue ich das morgen im Detail. Das Glanzstoßen wird durch das Einschmieren mit Fett ermöglicht während das Fett, das nach der Schlachtung noch vorhanden war, entfernt wird; spätestens beim Kälken ... und Fett ist nicht gerbbar.
Würde Deine Vermutung zutreffen, dann könnte man auch aus dem vorderen Teil des Pferdefells ebenfalls Shell Cordovan gewinnen,....
Nein, weil nur die Unterhaut im Bereich der Kruppe eine andere Faserstruktur aufweist. Ansonsten könntest Du Dir ruhig etwas mehr Mühe geben und deine Muskelthese gem. deiner Ausführungen auf deiner Seite darstellen.
 
Weißt Du, Urban, ich proklamiere für mich keinen Anspruch auf absolute Wahrheit und bin vielmehr dahingehend eher Suchender als Wissender. Ich versuche lediglich ein möglichst konkludentes Modell unter Zuhilfenahme von Fachliteratur und Expertenmeinung zu entwickeln. Des Weiteren gehört es nicht unbedingt zu meinen Vorlieben, mich in irgendwelchen Laienforen mit mir wildfremden Menschen zu streiten.

Die dafür nötige Zeit verbringe ich lieber mit Müßiggang in Begleitung eines feinfruchtig, süßen Aromas unter Anklängen wilder Beeren einer Flasche moussierenden Apfelsafts. Vielleicht eines besonderen Jahrgangs, zentrifugiert aus wachsgelben, karmesinrot marmorierten und vollreifen im Edelstahlbarrique gereiften Gravensteinern.

Nun ja, selbstverständlich ist mir die „Urbansche Theorie“ zum SC bekannt. Dahingehend befragte ich einen Experte von einigermaßen ansehnlicher Reputation, las fachlich fundierte Artikel über Muskulatur und deren Eigenschaften, gelangte hiernach schließlich zur Auffassung, dass diese einer harten Prüfung nicht standhalten kann und verwarf jene alsbald. Muskulatur ist gemäß einschlägiger Literatur, so mein Resümee, nicht zur Ledergewinnung geeignet. Schlicht und ergreifend aus dem Grund, da die Elastizität der Muskulatur nicht in deren Faser selbst liegt, sondern im Ineinanderschieben der zwischen den Fasern liegenden Proteine; ausgelöst durch einen elektrischen Impuls. Kein Impuls also, keine Elastizität. Allerdings, lieber Urban, bin ich gerne bereit mich zu revidieren, legst Du oder irgendein anderer mir gegenteilige Informationen aus respektabler Quelle vor. Ersatzweise gebe ich mich auch mit in Logik ruhender stichhaltiger Argumentation zufrieden. :)

Vielleicht lasse ich mich aber auch lieber volllaufen, wie gehabt, mit einer Flasche Apfelsaft. Und falls Du mal in Berlin bist, komm vorbei, die reicht zur Not auch für zwei. Schlaf gut.
 
Ich bin wahrscheinlich etwas spät, aber ich würde mal Fabian Zug ausprobieren https://fabianzug.com/collections/d...by-full-brogue-boxcalf-dunkelbraun-ledersohle. Ich kenne ihn persönlich und finde seine Arbeit im Hinblick Preis/Leistung wirklich gut und auch hinsichtlich der Passform. Wenn der Schuh gerade nicht im passenden Leder oder der richtigen Sohle vorhanden ist, würd ich ihm einfach mal schreiben und nachfragen.

Auch seine Cordovans sind echt sehr gelungen.
Toller Tip! Da gefällt mir manches, rein von der Ansicht auf seiner Seite, ausgesprochen gut (Die Norweger Derbys mag ich). Und ich hätte eine Chance, die in Berlin auch mal real zu begutachten bzw. erwerben: Die Boutique "Freiraum" im Q205 hat ein paar Modelle. Der Laden führt ansonsten rein gar nichts, was in mein Beuteschema passt. Ich wäre also ohne den Hinweis da nie rein gestolpert. Das versuche ich mal nachzuholen…
 
Toller Tip! Da gefällt mir manches, rein von der Ansicht auf seiner Seite, ausgesprochen gut (Die Norweger Derbys mag ich). Und ich hätte eine Chance, die in Berlin auch mal real zu begutachten bzw. erwerben: Die Boutique "Freiraum" im Q205 hat ein paar Modelle. Der Laden führt ansonsten rein gar nichts, was in mein Beuteschema passt. Ich wäre also ohne den Hinweis da nie rein gestolpert. Das versuche ich mal nachzuholen…
Sei nicht zu enttäuscht. Freiraum hatte, als ich den Versuch gemacht habe, genau einen Schuh in zwei Größen da… habe aber nett mit dem Inhaber dort gequatscht. Er hätte gerne viel mehr, kommt aber nicht ran, weil die Schuhe dem Herrn Zug förmlich aus der Hand gerissen werden, sagte er.
Fabian Zug selbst ist übrigens auch super sympathisch im direkten Kontakt (und antwortet auf Anfragen prompt).
 
Rein aus Neugier würde ich gerne einmal von einem Veterinär, der Pferdehäute seziert hat, erfahren
wie die Shell Cordovan definitiv vor der Gerbung heißt.
Das ist aber weit weniger wichtig als zu wissen was den Unterschied zwischen Schuh-
und Cordovan-Cremes bei deren Rezepturen ausmacht, denn danach werde ich des Öfteren gefragt.
Von daher hoffe ich, dass meine Produktbeschreibungen zutreffen von wegen mit und ohne tierischem Fett
wie es bei der Zurichtung von Shell Cordovan verwendet wird und im Laufe der Zeit
wieder ergänzt werden kann.
Insofern muss ich das alles nur bezogen der Schuh- und Lederpflege wissen - ich bin mir recht sicher,
dass ich eine ziemlich gute und nachhaltige, weil schonende Pflege, die zudem praktisch erprobt ist,
erklären und vor eventuellen "Fehlern" warnen kann.
Zudem ist die von mir empfohlene SC-Pflege generell sehr preisgünstig, da umfangarm.
 
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