Von daher tendieren die meisten Unternehmen auch ohne Preisdruck zu dieser kostensparenden und margenerhöhenden Lösung.
Andererseits wären Vass-Schuhe oder SuSu-Anzüge mit ihren vergleichsweise hohen Grundmaterialkosten ohne die Produktion in Niedriglohnländern niemals zu diesen Preisen zu haben und hätten damit auch keine Nachfrage.
Die Werkbank der Modeindustrie (ob Tschechei oder Portugal oder Balkan oder Asien) beschäftigt viele niedrig qualifizierte Menschen, die auch in Hochlohnländern keine Großverdiener wären. Wenn wir diese Industrien in die Hochlohnländer zurückholen, haben wir alle weniger und schlechtere Schuhe, Hemden, Anzüge. Und diese Leute wären arbeitslos ohne Chance auf Besserung.
Ihnen diese Tätigkeiten zu nehmen, weil wir sie als unsozial empfinden, nimmt ihnen (als Gesellschaft, nicht unbedingt als Individuum) jede Hoffnung auf Aufstieg und zementiert damit nur den Status Quo.
Sind die jetzigen Waren aus genannten Ländern denn so hochwertig, dass man diesen "Standard" nicht halten könnte und kann Kleidung überhaupt noch schlechter werden? ... brauchst nicht Antworten... die Antwort kenne ich.
In meinen Augen bleibt es eine Doppelmoral. Selbst ich kann nicht zu 100% nachkontrollieren, wie meine Stoffe hergestellt werden, die ich benutze.
Vorweg: Ob Suit Supply tatsächlich höhere Grundkosten hat, da zweifle ich ein bißchen dran; der Umsatz macht's.
Der Unternehmer will (immer) so viel Gewinn machen, wie möglich ist oder möglich gemacht werden kann.
Mit Sicherheit will er nicht
weniger als bisher in der Tasche haben. (Ausnahmen bestätigen die Regel).
Die Tricks einiger Unternehmer, den ihnen unerwünschten Mindestlohn anderweitig "auszugleichen", zeigen, dass nicht der Unternehmer (und/oder auch die in der oberen Etage: Geschäftsführer, etc.. zurücksteckt, sondern in aller Regel die einfachen Mitarbeiter.
Mogelpackungen, bei denen man sich einen besseren Anschein geben möchte im Bereich sozialer Standards oder Umweltverträglichkeit, machen die Sache nicht besser, hört sich aber schöner an. Und fördert vermutlich noch den Umsatz.
(Daneben gibt es noch die typischen Mogelpackungen im Laden (Packungsgröße, Inhalt, Zutatenliste)... findige Unternehmern finden immer eine Lösung.
In vielen Ländern ist die schlecht bezahlte Arbeit (auch Kinderarbeit) trotz allem sehr wichtig, um überhaupt einigermaßen leben zu können. Leider müssen in einigen Ländern der Welt auch die Kinder zum Erhalt der Familie beitragen, weil es oftmals nicht anders möglich ist. Schlecht bezahlte Arbeit ist immerhin besser als keine Arbeit - insbesondere da, wo es keine soziale Standards gibt. Wer kein Geld hat, fällt durchs Raster. Da lobe ich mir - bei aller berechtigter Kritik - den deutschen Sozialstaat.
Weniger Arbeiten müssen für einen Hungerlohn, bzw. Bezahlung für die bisherige Arbeit auf einem Mindestniveau
plus soziale Absicherung
plus (Aus-)Bildung der Kinder (ohne finanzielle exitstenzgefährdende Einbußen) braucht m. E. etliche Jahre, vermutlich mehrere Jahrzehnte.
Gerade im Billig-Ausland müsste so viel verändert werden, damit besseres Arbeiten und menschwürdiges Auskommen gesichert werden.
Die allermeisten Unternehmer
könnten mit Sicherheit anders,
wollen aber nicht. Dabei spreche ich jetzt von den deutschen (europäischen) Unternehmen. Es ist beschämend, dass in einunderselben Fabrik T-Shirts für Kik & Co. gefertigt werden
und von teuren Designermarken.
Wie soll und kann sich was ändern? Warum ändern "Reformen" nichts oder nur wenig an den Umständen? Warum verschleiern viele Unternehmen bewusst (unangenehme) Fakten? Warum muss sich der Käufer immer mehr selber schlau machen, um über die Produkte Bescheid zu wissen? Warum sind Deklarationen meist wischi-waschi? Warum investieren Investoren nicht sondern treiben übernommene Firmen in die Insolvenz und machen dabei noch ihren Reibach? Warum knausern ausgerechnet Wohlhabende so gern und feilschen bei jedem Kauf wie auf einem türkischen Basar?
Und so weiter und so fort...
Es bedingt ein politisches und ökonomisch-soziales Umdenken., mehr WIR, mehr Menschlichkeit! Ich seh's im Moment nicht.
Gegenseitiges Beharken, hinterfotzige Intrigen, Mitarbeiter als menschliches Verbrauchsmaterial betrachten, Lobbyismus im großen Stil, beruflicher Aufstieg aufgrund von Mobbing und darüber hinaus - laut versch. Studien tummeln sich viele Soziopathen in den Chefetagen -, finanzielle Gier, und unglaublicher Leistungsdruck.
es zählen nur die Allerbesten; soziale Fähigkeiten stehen eher hintenan und die Lernschwachen, Langsamen oder weniger Intelligenten sind mit (fast) allen Mitteln auf Vordermann zu bringen. Zeit, dies im eigenen Tempo und Rhythmus zu erarbeiten wird meistens nicht gewährt.
Das fängt nicht erst im Arbeitsleben oder in der Ausbildung an, sondern leider, leider bereits im KINDERGARTEN - oh doch, tatsächlich noch vor Eintritt in die Grundschule.
Eine Gesellschaft von mehrheitlich Egoisten sind wir; Karrieredenken über alles stellen... nach mir die Sintflut...
Dass
echtes "Made in Germany" zu fairen Bedingungen und in guter Qualität möglich ist - wenn nur der Unternehmer eben AUCH sein Scherflein dazu beiträgt - zeigen wenige positive Beispiele: Finkhof (die leben halt auch ziemlich genügsam), Sina Trinkwalder, Max Aab...
Aabs kenne ich persönlich über etliche Jahre sehr gut: Es sind Unternehmer mit Verstand und Herz, die gute Produkte liefern, sich verbessern wollen; sie sind Arbeitgeber, die auf ihre Mitarbeiter vertrauen, sie fördern, und sich um sie (im besten Sinne) kümmern. Die Arbeitsbereitschaft der einzelnen Mitarbeiter sowie das Betriebsklima sind dann auch dementsprechend.
Es geht also sehr wohl anders!
VG, Jane