Anzugwahl als Berufseinsteiger im Consulting

Bei einem meiner ersten Bewerbungsgespräche habe ich auf die Frage, ob ich mir vorstellen könnte, auch mal 60h die Woche zu arbeiten, wohl eine Spur zu lange mit der Antwort gezögert. Gut, den Job habe ich nicht bekommen. Dafür dann einen mit 39h-Woche (Überstunden abfeiern oder auszahlen lassen). Nachdem ein paar Lebensentscheidungen getroffen waren, habe ich das vor ein paar Jahren auf 31,2h auf Mo bis Do verteilt reduziert. Klar arbeite ich regelmäßig mehr als 31,2h, dafür mache ich dann pro Jahr nicht sechs Wochen, sondern sieben bis neun Wochen Urlaub. War eine der besten Entscheidungen (Geld ist nicht alles).

(Mir ist sehr wohl klar, dass ich äußerst privilegiert bin. Vergleichsweise alter Arbeitsvertrag mit guten Rahmenbedingungen, Eigentumswohung gekauft, bevor die Immoblienpreise durch die Decke gingen. Arbeitszeitreduktion war bei meinem Arbeitgeber unproblematisch.)
Ein echter Trendsetter. Ich denke wir werden ohnehin in diese Richtung wandern.

Es ist genug Wirtschaftsleistung da, um (fast) allen ein Auskommen gewähren zu können. Stattdessen knüppeln die einen 80h die Woche und beschweren sich, dass sie zu viel Steuern zahlen, die anderen sind un- oder underemployed (entschulding für das Denglish aber für letzteres fehlt mir ein passender deutscher Begriff) und beschweren sich im Zweifel darüber, dass sie nicht genug eigenes Einkommen und/oder Transferleistungen bekommen.

Dieses Verteilungsproblem lässt sich auf der Ebene Arbeit wesentlich besser lösen als auf der Ebene Geld. Zusätzliches Einkommen hat für Leute mit ohnehin hohem Einkommen begrenzten Grenznutzen, Zeit aber dafür schon. Wie sagte so schön Bill Gates (sinngemäß): Zeit ist die einzige Ressource, die absolut demokratisch verteilt ist, und das Einzige von dem noch nicht mal jemand wie er sich mehr kaufen kann.

Vor 200 Jahren haben alle noch viel mehr für weniger Wirtschaftsleistung gearbeitet (durschnittliche Wochenarbeitszeit von Arbeitern lag 1825 bei 82 Stunden in einer 6-Tage Woche. 1932, also 100 Jahre später war sie auf 42 Stunden gesunken. Durch Krieg und Nachkriegswirtschaft ist sie dann erstmal wieder gestiegen und heute ist sie etwas unter dem Stand von 1932. https://de.wikipedia.org/wiki/Woche...wicklung_der_Wochenarbeitszeit_in_Deutschland

Das heißt wir haben es in 100 Jahren nicht geschafft, unseren Produktivitätsfortschritt in die Arbeitsbedingungen zu transformieren und führen stattdessen Umveteilungskämpfe auf der fiskalischen Seite.
 
24,5 (gymnasiale elite) + heimarbeit + verwaltungsschrott = in guten zeiten 40, in schlechten 60+
Zudem, wenn man Klassenlehrer ist, noch ziemlich viel ,,Kleinkram´´, der sich enorm summiert: Streitschlichten, Sitzordnung, Elterngespräche, Vermitteln zwischen Schülern und Kollegen sowie Eltern und Kollegen, Wandertage durchführen,...
Die ,,24,5´´ oder ,,26´´ Stunden kann man locker im Schnitt verdoppeln, wobei sich das natürlich nicht gleichmäßig übers Jahr verteilt, in Abiturzeiten ist es mehr, in anderen Zeiten dann wieder weniger. Was auch wirklich extrem viel Zeit frisst: Korrekturen von Klassenarbeiten.
 
31std - the dream
...which can come true.

Bei Angestellten ist die dauerhafte Reduktion der Arbeitszeit über ein entspr. Gesetz möglich. Zeitlich begrenzte Reduktion ist über die Brückenteilzeit (mit gewissen Einschränkungen) möglich.

Bei meinem AG wird die dauerhafte Reduktion über eine spezielle Betriebsvereinbarung "gefördert": Man enthält eine Kompensation, wenn man die Arbeitszeit reduziert. Die Idee dahinter ist, dass ältere AN die Zeit reduzieren, damit bei Neueinstellungen von jüngeren AN die Gesamtanzahl an VAK nicht steigt. Nein, ich bin nicht im öffentlichen Dienst.

Man muss auch lernen, nein zu sagen. Termineinladungen freitags sage ich ab. Außerdem gibt's im Kalender-/Mailsystem den Hinweis, dass ich freitags nicht arbeite. Im Laufe der Zeit gewöhnen sich die Kollegen dran.

Und man hat halt weniger Geld.
 
Zudem, wenn man Klassenlehrer ist, noch ziemlich viel ,,Kleinkram´´, der sich enorm summiert: Streitschlichten, Sitzordnung, Elterngespräche, Vermitteln zwischen Schülern und Kollegen sowie Eltern und Kollegen, Wandertage durchführen,...
Die ,,24,5´´ oder ,,26´´ Stunden kann man locker im Schnitt verdoppeln, wobei sich das natürlich nicht gleichmäßig übers Jahr verteilt, in Abiturzeiten ist es mehr, in anderen Zeiten dann wieder weniger. Was auch wirklich extrem viel Zeit frisst: Korrekturen von Klassenarbeiten.
Ein Bekannter (natürlich Lehrer) sagt dann immer: Wärst doch selber Lehrer geworden! Meine Antwort: Lehrer als Job in Deutschland (natürlich verbeamtet) wäre total super, wenn es die Kinder nicht gebe.
 
Ein ähnliches Klischee gibt es über Wissenschaftler. Kommen und gehen, wann sie wollen, unterrichten jedes Semester das gleiche etc. Die Sache ist nur: sofern man nicht reinhaut wie blöd und sich damit eine 5%ige Chance* erarbeitet, Uni-Prof zu werden, steht man im Alter von um die 40 mit leeren Händen da. Denn dann wird man in der Regel rausgeschmissen und von keiner anderen Uni mehr genommen**. Ohne jegliche Arbeitserfahrung außerhalb der Uni wird's für viele dann ungemütlich.


* Es mag Fächer geben, in denen die Chancen besser stehen, die Regel ist das allerdings nicht
** Ab 12 Jahren / 6 Jahre nach der Promotion darf man nicht mehr befristet eingestellt werden. Die Unis entfristen aber in der Regel nicht, da sie gerne Verhandlungsspielraum für neue Professuren behalten möchten.
 
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