American Heritage - Wo sind die Arbeiter, Fischer, Holzfäller, Schneepflugfahrer?

Vorab, Danke, Steuermann für die schnelle Antwort.

Ist "Workwear" nicht schon seit den 90ern Trend und dadurch inzwischen schon fast eher eine Richtung als eine kurzlebige Modeerscheinung? Ging doch (zumindest meiner Erinnerung nach) so mit Carhartt und G-Star los, CAT Schuhe waren die heutigen Redwing, die Skater führten Dickies dem Mainstream zu und so weiter...

Zur eigtl. Frage, finde die Alden Indyboots passen gut in diese Richtung und gefallen mir sehr.

Ich würde generell zwischen Streetstyle und Americana unterscheiden.

Americana sind für mich vintage Klamotten im Stile von Cowboy, Goldschürfer, Baumfäller, Indianer oder WW2 Soldaten etc. Ich finde double RL ist in dieser Kategorie sehr interessant. Hier ist ein kurzes Video über die Double RL Ranch, nach welcher diese Linie benannt wurde: http://www.youtube.com/watch?v=zUPMEMs2thQ
Auch der Internetauftritt ist gelungene Nostalgia: http://www.ralphlauren.com/shop/index.jsp?categoryId=11757743
Americana ist aber nicht nur Ästhetik, sondern vielmehr langlebige, nachhaltige Qualität aus der sprichwörtlichen guten, alten Zeit- bevor es "fast fashion" à la H&M/Zara gab. Taschen/Jacken von Filson sind ebenso für die "Ewigkeit", wie ein Cordovan Stiefel von Alden oder ein dickes RRL Hemd aus japanischer Baumwolle.
Americana erfreut sich in Japan großer Beliebtheit. The Real McCoy's produziert z.B. US Vintage Klamotten eins zu eins nach auf original Maschinen mit original Materialien: http://denimhunters.com/brand/real-mccoys

Streetstyle ist im Gegensatz zu dem, was ich gerade als Americana beschrieb, etwas amorpher. Skating Kultur ist wohl Quintessenz mit Marken wie Carhartt, Stüssy, BAPE oder Supreme, die ihre Wurzeln in den 90ern haben. Hoodie und Sneaker als Insignien. Heutzutage scheint streetstyle erweitert (durch Tastemaker wie Kanye West) um Lederelementen à la Givenchy oder en noir. Einfluss hat auch Goth-ninja/Stealth style von z.B. Rick Owens oder Ann Demeulmeester (http://31.media.tumblr.com/80c446a05f9a4223acdda3c8f8942523/tumblr_mgocbwuuGq1qivigxo1_500.jpg) oder technologische Materialien siehe Veilance by Arc teryx oder die alljährlichen Kollaborationen von The North Face mit Supreme.
In meinen Augen ist Streetstyle stark von Hype bestimmt- es wird ständig eine neue Sau durchs Dorf getrieben.
Ich finde nachfolgender Artikel über Supreme illustriert dies ausgezeichnet: http://www.newyorker.com/online/blo...hing-underground-fashion-store-chinatown.html

Im Kontrast zum sich weiterentwickelnden, stetig neuinterpretierten, jungen und populären Streetstyle ist Americana ein geschlossenes Kapital mit vergleichsweise wenigen Anhängern und definierten Elementen.

Dennoch scheint Americana in jüngerer Zeit Streetstyle zu beeinflussen. Die Japaner als Liebhaber von Streetstyle und Americana scheinen da eine Brücke zu schlagen. Visvim genießt große Popularität im Streetstyle und produziert typische Americana Stücke, wie hier: http://hypebeast.com/tags/visvim-fbt oder passend benannt der Americana Schuh hier: http://www.endclothing.co.uk/visvim-americana-deck-folk.html
Auch raw denim jeans (gerne auch aus japanischem Denim) sind unter Streetstyle wie Vintageliebhabern beliebt.

Just my 2cents :)
 
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Top-Post, einer der besten dieses Monats.

Vielen Dank für Deine Einschätzung und die Beispiele, Karl-Friedrich!

Herzlichen Dank, flamboyance.

Ich hoffe ich konnte weiterhelfen bzw. kommende, spannende Diskussionen anregen.

Leider fehlt mir in Bezug auf klassische Herrengarderobe etwas Erfahrung und dementsprechend der letzte Schliff. In naher Zukunft möchte ich zwei MTM Anzüge und zwei paar Schnürer mit passenden Gürteln erwerben. Dabei hoffe ich dann an anderer Stelle auf eure Unterstützung im Entscheidungsfindungsprozess und der Bewertung des Aquirierten im Nachgang :)
 
Ich würde generell zwischen Streetstyle und Americana unterscheiden.

Finde ich ok die Unterscheidung zu machen, würde sie aber noch um die Kategorie Subkulturen ergänzen (auch wenn sie generell am aussterben sind).

Streetstyle steht für mich halt für alles was man so sieht und ist auch Dank des Internets sehr dramatisch im Flux (bei 4+ Modekollektionen im Jahr und 108 Streetstyle blogs). Die von dir erwähnten Goth-ninjas kann man z.B. halt schon als eigentständige Subkultur sehen, die sich mit ihrem Dresscode & den genannten Marken (+ Carol Christian Poell, Julius) sehr stark ästetisch und auch finanziell von der Masse abgrenzen. Heutzutage geht es aber echt schnell, dass diese Trends von den fast fashion companies (Zara, H&M,…) übernommen, verarbeitet, und der breiten Masse zugänglich gemacht werden.
Früher haben sich Designer von Subkulturen inspirieren lassen (Galliano, McQueen, Demeulemeester,...), heute naja, definieren sich manche Subkulturen fast ausschließlich über Marken :D

Hipster – manische Individualitätsfanatiker – haben schon ein gewisses Hang zum Anachronismus und stehen deshalb auch vielen der Marken - die du unter Americana beschrieben hast - sehr postiv gegenüber. D.h. es folgt dann ein Subkultur dress code aka Streetstyle, der sich sehr stark mit Americana deckt.
 
Obwohl ich überhaupt nicht US-affin bin, je öfter ich Deinen Nicknamen lese, umso mehr denke ich, dass mein überübernächstes Schuhprojekt ein Paar Cowboysteifel werden.
Also feste weiter posten. ;)

@ Butch: Solltest Du das wirklich tun, kannst Du massiv das Schubladendenken der Menschen erfahren sobald Du der Öffentlichkeit begegnest.

@ Karl-Friedrich: Sehr schöner Beitrag. Jetzt habe ich wieder etwas gelernt!
 
Welche Bestandteile gehören für euch denn noch zum amerikanischen Look? Im Moment bin ich ja recht stark britisch geprägt, bin aber gerade dabei das "Spektrum" zu erweitern. Ein, zwei Flanellhemden habe ich bereits, die diesen Look meiner Ansicht nach schon ausmachen, aber was gehört noch so dazu? Sweatshirts und Jeanshemden machen auch den Look aus, denke ich...
 
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Welche Bestandteile gehören für euch denn noch zum amerikanischen Look? Im Moment bin ich ja recht stark britisch geprägt, bin aber gerade dabei das "Spektrum" zu erweitern. Ein, zwei Flanellhemden habe ich bereits, die diesen Look meiner Ansicht nach schon ausmachen, aber was gehört noch so dazu? Sweatshirts und Jeanshemden machen auch den Look aus, denke ich...

Einfach alles kaufen, was es hier gibt ;)
 
Menswearspeak: what they say and what it means

HERITAGE

Menswearspeak meaning: The product has a supposed long and colourful history, which makes 1) a product worthy of an inflated price tag and 2) its press release easier to write.
Real-world meaning: Most recently revived "heritage brands" are in fact a "zombie brands" - defunct companies without any tangible assets other than an archive, an English sounding name and a once glorious past. Most haven’t made anything for ages. More often than not they’ve been raised from the dead by a hedge fund or fashion conglomerate to cash in on the "heritage" trend. When a brand starts going on about its heritage, you can be sure it’s run out of ideas.

...

Ich trug Anfang der 90er Dr. Martens, Barbour seit Mitte der 90er, zwiegenähte Bergschuhe und Wanderbekleidung aus Armeebeständen (wie die Forumsjacke) seit Beginn 2000. Das hat sich nicht geändert und ich bin froh über das vergrößerte Angebot. Auch kleiden sich jetzt mehr Männer - selbst hier in Sachsen - besser als früher. Immerhin.

Doch viel ist auch Nepp, ich verweise auf das Zitat oben, und anderes ist durch den Trend rarer und teurer geworden. Na ja, mal sehen wann die Welle abebbt.
 
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